Die Hölle von Moosburg
Königsbrunn Sportler vollbringen ja so manche Leistung, die der Normalmensch nicht nachvollziehen kann. Den unglaublich harten Ironman-Triathlon auf Hawaii zum Beispiel. Doch auch dazu gibt es noch eine riesige Steigerung: den Ultratriathlon von Moosburg in Kärnten, "den Triple Iron 678", unübertroffen in der Welt. 11,4 Kilometer Schwimmen (21 Runden in 17 Grad kaltem Wasser: 4:42 Stunden) - 540 Kilometer Radfahren (90 Runden mit 2250 Höhenmetern: netto 19:17 Stunden) - 126,6 Kilometer Laufen 60 Runden: 23:26,54 Stunden). Und das am Stück. Roland Remmel aus Königsbrunn hat als einer von fünf Finalisten diese mörderischen Strecken bewältigt, in der Zeit von 53 Stunden, acht Minuten und 58 Sekunden. Doch die hält er noch für stark verbesserungsfähig.
Denn es gab einige Zwischenfälle, zum Beispiel das Wetter: Beim Radfahren regnete es so ziemlich die ganze Nacht. "Ich fror stark, trotz viermaligem Umziehen. Meine Hände zitterten so, dass ich immer wieder eine Ewigkeit brauchte, um den Helm zuzumachen", erzählt der Abteilungsleiter Leichtathletik des TSV Bobingen. Doch es kam noch schlimmer: Remmel hatte zwei Reifenpannen zu bestehen: "Ich musste Kilometer weit schieben, bis ich zum Pannenservice im Athleten-Camp kam. Allein hätte ich es vor lauter Zittern nie geschafft." Trotzdem, Remmel ist stolz auf seine Radzeit (Durchschnittstempo 28 Kilometer pro Stunde), denn er ist der einzige auf der Welt, der diesen Wettbewerb jemals mit einem 15 Kilogramm schweren Reiserad (Marke Utopia) bewältigt hat. Trotz der Pannen - ans Aufgeben hat Remmel nie gedacht: "Ich habe während der unendlich langen Stunden meine zukünftigen Wettbewerbe durchgedacht. Das lenkt ab."
Nach dem Radeln wollte er nur eine kurze Essenspause machen: "Ich hatte wegen der süßen Kraftriegel, die ich ständig zu mir nahm, Appetit auf saure Gurken und aß sie auch. Das war ein riesiger Fehler." Remmel bekam sofort unglaubliche Magenkrämpfe: "Ich konnte in fünf Stunden nicht mehr als 14 Kilometer laufen. Es war furchtbar." Remmel wollte trotzdem unbedingt ins Ziel: "Ich trainierte über Monate rund 25 Stunden pro Woche und fügte in dieser Zeit meiner Familie große Entbehrungen zu. Deshalb musste ich einfach ins Ziel."
Völlig geschwächt machte er sich also auf die restlichen 112 Kilometer. Mit der Zeit lief er sich dank nachlassender Schmerzen in eine richtige Euphorie. "Schwierig war nur die Phase, wenn sich die Fans an der Strecke mit "gute Nacht" verabschiedeten. Trotzdem: Mein Adrenalinspiegel war so hoch, ich konnte und wollte nicht schlafen." Mit den Gedanken an das Vollbrachte rückte das Ziel immer näher: "Zum Schluss lief ich mich in so einen Rausch, dass ich, getragen von den Anfeuerungen der Zuschauer, die letzten 300 Meter sprintete. Es war fantastisch. Ich wurde gefeiert wie ein Star."
Auch nach dieser beinahe unmenschlichen Gesamtleistung, Remmel fühlte sich fit: "Ich brauchte und wollte keine Infusion wie andere." Er ging mit seiner Frau Ria ("Ohne ihre tolle Unterstützung hätte ich nie durchgehalten") zum Abendessen und anschließend an den See. An schlafen war auch in der Nacht kaum zu denken: "Ich hörte immer wieder den Satz der anderen Finalisten: ¿Du bist ganz stark im Kopf.¿ Alles lief wie im Film noch einmal ab."
Warum sich der Maschinenbautechniker diesen Qualen aussetzt? "Wenn man von etwas überzeugt ist, dass man es kann, dann soll man es auch tun." Ob er glaubt, dass solche Torturen gesund sind? "Gesünder als rauchen, trinken und falsch auf der Couch liegen ist es allemal."
Eine Woche brauchte Remmel, der sich den letzten körperlichen Schliff für diesen unglaublichen Wettkampf bei Roland Kesseler vom Fitness Center Topfit in Bobingen holte, zur körperlichen Erholung. Dann radelte er wieder täglich von Königsbrunn an seine Arbeitsstelle in Donauwörth und träumte dabei von zukünftigen Wettkämpfen. "Moosburg sieht mich 2009 wieder, dann allerdings mit dem Rennrad."
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