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Beziehungsstatus kompliziert: Ratlosigkeit in Ost und West

Kommentar Von Gregor Peter Schmitz

Drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall wird nicht das Geschenk der Einheit diskutiert, sondern ob wir wirklich ein Volk sind. Liegt das an Jammer-Ossis, enttäuschten Erwartungen – oder auch an westlichem Desinteresse? Bekenntnisse eines Wessis.

Als die Berliner Mauer fiel, war ich sehr aufgeregt. Denn ich packte gerade meine Sporttasche, für ein Tischtennisspiel am nächsten Tag, es ging, glaube ich, gegen den TTG Sankt Augustin. Ich war 14 Jahre alt, und in meinem Leben war gerade eine Menge los.

Lag das daran, dass das Haus meiner Eltern in diesen Tagen so nah am Weltgeschehen wirkte wie vielleicht noch nie? Der Deutsche Bundestag, in dem sich an diesem Abend, da Menschen auf der Mauer tanzten, die Abgeordneten erheben sollten, um die Nationalhymne zu singen, stand nur wenige Autominuten entfernt.

Aber viel aufregender war für mich eben dieses Tischtennisspiel am nächsten Tag, gegen Augustin hatten wir vorige Saison glatt verloren. Und ohnehin interessierte mich gerade wenig mehr als die Frage, warum ein sehr blondes Mädchen namens Karolin schon seit drei Tagen nicht (auf dem Festnetz) angerufen hatte.

Ich guckte also auch mal hin, als am nächsten Tag die Tagesschau rund um die Uhr sendete. Ich bekam mit, dass die Bild in Schwarz-Rot-Gold-Ummantelung erschien, und ich war ein bisschen neidisch auf meine fünf Jahre ältere Schwester, die mit ihrem Freund nach Berlin fuhr. Aber so richtig auch wieder nicht, denn in Berlin hätte ich das Tischtennistraining verpasst, und Karolin war da ja auch nicht.

Am 3. Oktober 1990 sang ich die Hymne mit – das war bewegend

Wir fanden es in den nächsten Monaten ungeheuer witzig, wenn sich ein Trabi in unsere gemütliche Bonner Republik verirrte. Ost-Bekannte meiner Eltern schickten ihre Tochter zur Ausbildung ins Rheinland, sie wohnte bei uns, was ich im Prinzip auch sehr interessant fand, allerdings war Manuela schon 19 und ihr Freund wachsam im Trabi nachgereist. Am 3. Oktober 1990, als Deutschland offiziell wiedervereinigt wurde, sang ich auf dem Stadtfest die Hymne um Mitternacht mit, das war bewegend. Vor allem, weil ich da ganz nah an Karolin stand.

Sehr bald waren meine Freunde und ich wieder ganz daheim in der Bonner Republik, und als diese später beschloss, nach Berlin umzuziehen, waren wir sauer.

Unsere Sonderbeilage, die am 25. Oktober an den Kiosken liegt.
Foto: Augsburger Allgemeine

Wenn ich heute an damals zurückdenke, muss ich schmunzeln, wie sehr Weltläufe an einem vorbeigehen können. Ich muss aber auch staunen, wie abgebrüht man als junger Mensch ist. Heute kann ich die Bilder vom Mauerfall kaum anschauen, ohne dass mir die Tränen des Glücks in die Augen schießen. Aber liegt darin ein Grund, warum wir Deutsche 30 Jahre nach diesem Mauerfall nicht über das Geschenk der Einheit diskutieren, sondern ob wir überhaupt ein einiges Volk sind? Ist die deutsch-deutsche Annäherung vielleicht gar nicht an Jammer-Ossis und enttäuschten Erwartungen gescheitert oder daran, dass Wessis den Ossis die viele Knete schlicht nicht gegönnt hätten – sondern eher: an mangelndem Interesse für einander?

Wende-Fotograf Biskup: "Im Osten wurde alles auf den Kopf gestellt"

Die wohl größte Wiedervereinigungsleistung aller Zeiten verlief aus meiner rein westlichen Sicht: sehr alltäglich. Der bekannte Fotograf Daniel Biskup, zur Wendezeit überall im Osten im Einsatz, fasst es so zusammen: "Im Westen haben die Leute 1989/90 ein paar Tage lang staunend vor dem Fernseher gesessen und sind dann zum Alltag übergegangen. Im Osten wurde alles auf den Kopf gestellt: Man sprach zwar immer noch Deutsch, aber alle Prinzipien des Zusammenlebens waren andere geworden." Thomas de Maizière, später Bundesinnenminister, hat es in einem ZDF-Interview mal so umschrieben: "Für die Ostdeutschen hat sich mit der Wende alles geändert. Für die Westdeutschen nur die Postleitzahl."

Ich würde gerne sagen, dass mein höfliches Desinteresse eine Phase war, Jugendverwirrung halt. Aber ging sie nicht weiter? Als im Studium ein Freund nach Leipzig ging, wurde er häufiger nach den Gründen befragt als zu einem Auslandssemester in Island. Auf WG-Partys war es zwingend geboten, alle Künstler der dänischen Dogma-Bewegung zu kennen. Aber DDR-Künstler? Wir sind durch die halbe Welt geflogen, um zu begreifen, was die Koreaner trennt. Doch war der Prozess im eigenen Land nicht spannend genug? So gut wie jeder Ostdeutsche ist in den vergangenen drei Jahrzehnten in den Westen gereist. Jeder fünfte Westdeutsche hingegen war noch nie im Osten.

Dabei gab es dort ja Ungeheuerliches zu bestaunen. Eine Erfolgsgeschichte gewiss, auch blühende Landschaften sind entstanden, trotz aller Witze, schon aufgrund der historisch gigantischen Finanzspritze. Die DDR war schließlich, aller Propaganda zum Trotz, völlig heruntergewirtschaftet, ihre Wirtschaftskraft entsprach, realistisch gerechnet, etwa dem Stand der 1950er Jahre in der Bundesrepublik.

Und dann war da ja noch: die Aufarbeitung der "Stasi"

Aber es ereignete sich, bei allen Fortschritten, eben auch eine epochale Erschütterung. 1990 begann die Treuhand, Volksbetriebe der DDR zu privatisieren. Damals arbeiteten dort rund vier Millionen Menschen. Vier Jahre später war es noch weniger als die Hälfte.

Was verbirgt sich hinter so kalten Zahlen? Der Autor Daniel Schulz, im Osten aufgewachsen, hat in einem preisgekrönten Beitrag in der taz geschrieben: "Es geht viel um verlorene Arbeitsplätze, und ja, das klingt hübsch technisch, wie ein leicht lösbares Problem. Aber in diesem preußischen Vollbeschäftigungsstaat namens DDR, in dem Arbeit gleich Lebenssinn war und die wenigen, die keine Jobs hatten, "Assis" gerufen wurden, bedeutete das eben auch: Kollegen, Brüder, Ehemänner, die sich erhängten, Geschwister und Cousins, die sich langsam zu Tode soffen, Familien, in denen es erst heiß aufwallte wie in einem Vulkan, weil einer jetzt mehr hatte als die anderen und dann erstarrte alles zu einer toten Landschaft kalter Schlacke."

Proteste in Gera 1991.
Foto: Wolfgang Diekamp (Archiv)

Dann war da ja noch: die Aufarbeitung eines der perfidesten Bespitzelungssysteme aller Zeiten, der "Staatssicherheit". Und eben auch die Frage: Hatte man über Jahrzehnte in einer Tyrannei gelebt, von der man sich brutalstmöglich distanzieren muss? Oder gab es das doch: richtiges Leben im falschen System?

Zum 30. Jubiläum des Mauerfalls herrscht Ratlosigkeit – auch in der Politik

Man kann natürlich sagen, dass sich das alles verwachsen wird, in den nächsten 30 Jahren, mit noch mehr Fortschritt. Aber ich bin mir nicht sicher. Den Leuten im Osten geht es gerade wirtschaftlich ziemlich gut, doch fehlt ihnen offensichtlich etwas. Ob noch bessere Autobahnen oder schnelleres WLAN das lösen? Als Boomgewinner fühlen sich viele im Osten ja sogar in Boomzeiten nicht. Sie zählen eher auf, dass gerade mal rund fünf Prozent der Betriebe in den 90er Jahren an sie gingen, der Rest an Westler oder Ausländer. Und: Wie leer es bei ihnen geworden ist. In manchen ostdeutschen Bundesländern ist seit der Wende ein zweistelliger Anteil ausgewandert. Viele von ihnen fanden in der deutschen Fremde ihr Glück, etwa in Bayern. Aber in ihrer alten Heimat fehlen Fachkräfte, es blieben im Zweifel eher Frustrierte zurück. Können die nun zu Recht sagen: Integriert doch erst mal uns – und rechts wählen, weil sie jetzt den Flüchtlingen nichts gönnen? Darüber herrscht zum 30. Jubiläum des Mauerfalls die große Ratlosigkeit, gerade auch in der großen Politik. Dabei gibt es viel zu feiern.

Es ist kein aggressives "Großdeutschland" entstanden, vor dem die Welt Angst haben müsste. Das liegt durchaus auch an der besonnenen und unprätentiösen Ostdeutschen im Kanzleramt. Der Umwelt, an der sich auch Sozialisten gerne versündigten, geht es viel besser. Von der Infrastruktur ganz zu schweigen.

Das Schönste ist doch: das Geschenk der Einheit!

Und die Menschen? In Umfragen geben ziemlich viele Ost-und Westdeutsche an, ziemlich zufrieden zu sein. Erleben wir also ein riesiges Missverständnis? Wie gerade wieder zu bestaunen in der seltsamen Debatte pünktlich angezettelt vor der Thüringen-Wahl, ob die DDR nun ein Unrechtsstaat war oder nicht? Klaus Schroeder, der an der Freien Universität Berlin zur Wende forscht, sieht das in einem Gastbeitrag auf T-Online so: "Viele Ostdeutsche empfinden die Kritik an der sozialistischen Diktatur als Angriff auf ihre Person. Sie differenzieren nicht zwischen System und Lebenswelt und fordern mehr Anerkennung auch für das System. Der individuellen Lebensleistung gebührt Anerkennung, unabhängig davon, in welchem System die Person gelebt hat."

Und die Westdeutschen? Dass sie das DDR-System kritisieren, versteht Schröder sehr. Aber sie übertreiben, fügt er hinzu: "Westdeutsche rechnen sich die Überlegenheit ihres Systems auch persönlich zu und werten gleichzeitig Ostdeutsche gemeinsam mit ihrem alten System ab. Erst wenn dieses Missverständnis ausgeräumt ist, kann das Zusammenwachsen ohne individuelle oder sogar kollektive Kränkungen gelingen."

Klingt so einfach. Wird verdammt schwierig bleiben. Das Schönste ist doch – das Geschenk der Einheit! –, dass wir es überhaupt weiter miteinander versuchen können.

Hinweis der Redaktion: Dieser Text war Teil unseres Specials zum 30. Jahrestag des Mauerfalls im Jahr 2019.

Unser Special "30 Jahre Mauerfall": Alle Artikel finden Sie hier in der Übersicht.

Gregor Peter Schmitz, Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen, stellt unsere große Sonderbeilage zu 30 Jahren Mauerfall in Print und Digital vor. Diese Geschichten finden Sie darin.
Video: Axel Hechelmann
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25.10.2019

Das Problem der Deutschen hat Churchill einmal richtig erklärt:
„Der Deutsche ist wie ein Schäferhund, entweder leckt er dir die Füße oder er geht dir an die Gurgel“.
Und auf dieser Basis hat man die Deutschen von Ost & West nach dem Krieg erfolgreich gegeneinander aufgehetzt und man hat es leider nicht erkannt, bis heute.