Handbruch: Ohne Enke gegen Russland
Die deutsche Fußball-Elf muss das WM-Qualifikationsspiel gegen Russland ohne Torhüter Robert Enke bestreiten. Er hat sich an der Hand verletzt. Nun muss ein Länderspiel-Debütant ins Tor.
Düsseldorf (dpa) - Schock für Joachim Löw, Vertrauen für René Adler: Nach einem folgenschweren Trainings-Unfall von Robert Enke muss die deutsche Fußball-Nationalmannschaft mit einem Debütanten im Tor und reichlich Ungewissheit in den WM-Qualifikations-Hit gegen Russland gehen.
Erst 18 Stunden nachdem sich Schlussmann Enke im geheimen Training die Hand gebrochen hatte, wurde für den Bundestrainer und den ganzen DFB-Tross die Schwere der Blessur deutlich. "Leider Gottes hat es sich gezeigt, dass die Verletzung doch ein bisschen schwerwiegender ist", berichtete Teammanager Oliver Bierhoff. Zunächst hatten die Verantwortlichen noch die Hoffnung, dass sich Enke "nur eine kleine Verrenkung" zugezogen hat. Doch eine Kernspintomographie in Düsseldorf brachte die bittere Diagnose: Kahnbeinbruch an der linken Hand.
"Ich habe gleich gemerkt, dass es etwas Schlimmeres ist", erklärte Enke, der selbst mit einer mindestens achtwöchigen Pause rechnet. Nun steht der Leverkusener René Adler vor seinem Debüt im deutschen Tor. Nur als Ersatzmann dürfte der Bremer Tim Wiese, der ebenfalls noch kein Länderspiel bestritten hat, auf der Bank Platz nehmen. "Das ist unglücklich, nicht nur für ihn, sondern für die ganze Mannschaft", kommentierte Arne Friedrich den Ausfall Enkes. Doch alle Spieler und die Führungsriege betonten sofort das große Vertrauen in die nachrückenden Adler (23) und Wiese (26). "Wir versuchen, das Beste daraus zu machen", sagte Torsten Frings.
Der letzte Torhüter, der in einem so wichtigen Länderspiel sein Debüt feierte, war Heinrich Kwiatkowski auf dem Weg zum WM-Titel 1954 in der Schweiz. Der Schlussmann von Borussia Dortmund wurde vom damaligen Bundestrainer Sepp Herberger bei der 3:8-Niederlage im Vorrundenspiel gegen Ungarn erstmals eingesetzt. "Ich mache mir keine Sorgen", betonte Manager Bierhoff. Er traut sowohl Adler als auch Wiese zu, gegen Russland "dem Druck standzuhalten". Adler hat mit Bayer 04 erst vor kurzem ungute Erfahrung mit den Russen-Stars Andrej Arschawin und Pawel Pogrebnijak gemacht, die im UEFA-Pokal- Viertelfinale beim 4:1 von Zenit St. Petersburg in Leverkusen getroffen hatten. Die endgültige Besetzung des Tores ließ Löw noch offen.
Der Bundestrainer weihte am Donnerstag selbst seine Spieler nicht in seine Pläne ein, in welcher personellen Besetzung er den offensivstarken Russen beikommen will. "Der Trainer hat mit noch niemanden geredet", verriet Routinier Frings, der nach seiner Verletzungspause erstmals seit dem EM-Finale im Sommer gegen Spanien (1:0) wieder dabei ist. Die ersten Trainingseindrücke deuteten allerdings darauf hin, dass der 77-malige Nationalspieler den Platz in der Startelf an den Leverkusener Simon Rolfes abgeben muss. Er könne "nicht unbedingt" damit rechnen, von Anfang an dabei zu sein, verkündete Frings selbst. Doch so recht glauben will der Bremer an eine Rolle als Ersatzmann nicht: "Ich denke, dass ich über die Jahre auf meiner Position bewiesen habe, dass ich ein guter Spieler bin."
Frings will um den Platz im zentralen Mittelfeld neben Kapitän Michael Ballack kämpfen und warb für sich selbst: "Ich fühle mich richtig gut und bin gut drauf." In Richtung der nachdrängenden jungen Spieler sagte Frings: "Jeder der Verantwortung übernehmen will, ist herzlich willkommen. Da muss aber auch etwas kommen, nicht nur durch Reden." Der 31-Jährige ist überzeugt, dass er gerade dem zuletzt beim 3:3 gegen Finnland schwächelnden Defensiv-Verbund Sicherheit geben kann: "Ich habe oft bewiesen, dass man sich auf mich verlassen kann." Hertha-Profi Friedrich wird auf jeden Fall in die Abwehr zurückkehren. Ob er von Löw für die rechte Außenbahn oder als Innenverteidiger eingeplant ist, konnte der 29 Jahre alte Berliner noch nicht berichten.
"Wir machen uns Tag und Nacht Gedanken, wie wir gegen die Russen spielen", sagte Löw, dessen 32. Spiel als Bundestrainer eines der wichtigsten ist. Natürlich setzt die DFB-Elf auch auf die mit 65 607 Fans ausverkaufte Festung Dortmund. Nur beim 0:2 im WM-Halbfinale 2006 gegen Italien gab es dort eine Niederlage. "Wir haben bewusst Dortmund genommen", berichtete Bierhoff und verwies auf das WM- Relegationsspiel in November 2001.
Damals wurde in Dortmund die Ukraine mit 4:1 geradezu überrannt, Ballack traf doppelt, schon nach einer Viertelstunde stand es 3:0. Auf eine ähnliche Überrumpelung- Taktik könnte Löw auch gegen die Russen setzten, um eine erneute nervenzehrende Relegation auf dem Weg nach Südafrika zu vermeiden. Bierhoff gab sich schon zwei Tage vor dem Anpfiff kämpferisch: "Wir wollen klarstellen, dass wir Gruppenerster werden wollen."
Die voraussichtliche Aufstellung:
Adler - Friedrich, Mertesacker, Westermann, Lahm - Schweinsteiger, Rolfes, Ballack, Podolski - Helmes, Klose
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