Kommentar: Ein Videobeweis würde den Fußball elementar verändern
Die Forderungen nach einem Videobeweis wurden zuletzt lauter. Nun könnte es tatsächlich eine Revolution geben. Doch wieviel Macht soll ein möglicher Helfer überhaupt haben?
Wenn der Schauspieler auf der Theaterbühne nur noch stammelt und hilfesuchend nach Worten ringt, flüstert ihm ein Helferlein den Text zu. Im 18. Jahrhundert etablierte sich in der Bühnensprache der Souffleur. Besonders lobenswert macht der im Boden versenkte Einsagerseinen Job, wenn niemand merkt, dass er ihn macht.
Das hat er mit Fußballschiedsrichtern gemein. Richtig gut verrichten die ihre Arbeit, wenn Trainer, Spieler und Zuschauer keine Notiz von ihnen nehmen. Wenn nicht über sie und ihre Entscheidungen diskutiert wird. Nach dem Motto: Nix gsagt is gnua globt.
Forderungen nach dem Videobeweis wurden lauter
Weil zuletzt über Schiedsrichter viel gesagt und sie selten bis gar nicht gelobt wurden, verstärken sich die Forderungen nach dem Videobeweis. Gerade Vereine, die sich benachteiligt fühlen – und davon gab es zuletzt etliche –, glorifizieren ihn regelrecht.
Selbst Schiedsrichter sprechen sich für die Kontrolle durch Bewegtbilder aus, weil sie nicht mehr ahnungslos über den Platz schleichen wollen, während TV-Publikum und Medien längst die Hintergründe eines Elfmeters kennen und sich ereifern.
Nun haben sich die hohen Herren der Deutschen Fußball-Liga (DFL) durchgerungen: Der Videobeweis soll kommen. Sollte die Regelhüter des Weltverbandes Fifa zustimmen, wird getestet. Damit besänftigt die DFL erhitzte Gemüter und signalisiert Bereitschaft, den Wünschen der Mitglieder nachzukommen. Jüngst stöhnten die, als sie die Torlinientechnologie finanzieren mussten. Billig wird auch der Videobeweis nicht werden. Diesen Preis sind die Bundesligisten aber bereit zu zahlen.
Wie sehr darf der Videobeweis den Fußball verändern?
Noch gibt es mehr Fragen als Antworten. Vorgesehen ist ein Video-Assistent, eine moderner Souffleur, der den Schiedsrichter die Wahrheit steckt, wenn er auf großer Bühne in Bedrängnis gerät. Ein Ansatz, der Raum für Interpretationen lässt. Ungewiss bleibt, wie einschneidend der Einsager den Fußball verändern wird. Oder soll. Oder darf. Schließlich hat das Helferlein die Macht über die Bilder – und damit die Klarheit. Er weiß, ob ein Abwehrspieler den Ellenbogen in den gegnerischen Magen rammte oder ein Stürmer hinterlistig in die Hacken trat. Petzt er dann: Du Chef, ich weiß was? Fliegt der Sünder sogar vom Platz?
Noch fristet der Souffleur ein Schattendasein. Aber die Chancen stehen nicht schlecht, dass die Bundesliga ihm aus der Versenkung hilft.
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