Jürgen Klopp - der Menschenfänger
Jürgen Klopp ist mit Borussia Dortmund auf dem Weg zum Double. Er ist nicht nur erfolgreich, er ist vor allem authentisch.
Beim Hamburger SV dürften sich die Herren in der Führungsriege immer noch ärgern. Als es vor einigen Jahren darum ging, einen neuen Cheftrainer zu installieren, sträubte sich der Aufsichtsrat gegen Jürgen Klopp. Wegen seines „äußeren Erscheinungsbildes“. Die Mischung aus Drei- und Achttagebart. Die Matte, oft verborgen unter einem Baseballkap. Dazu der Trainingsanzug und mausgraue Kapuzenpulli. HSV ist irgendwie anders. So schlug die Borussia aus Dortmund zu.
Schon nach der ersten Pressekonferenz hatte Klopp, 44, die Menschen gefangen. Emotional. Authentisch. Sympathisch. Das kam an. Stetig befeuert er seitdem seine öffentliche Wahrnehmung. Klopp vermittelt: Ich bin einer von euch, ein Schwarz-Gelber. Dass er vorher ebenso überzeugend ein Mainzer, ein 05er, war – egal. Er habe sich „neu verliebt“, sagt Klopp dazu. Wenn er nach der Pokal-Begegnung in Fürth einen „geilen“ Torjubel gesehen hat; wenn er es „cool“ findet, mit den Trainerstars Mourinho oder Guardiola verglichen zu werden; oder wenn er die Mannschaft als „seine Jungs“ bezeichnet. Dann spricht Klopp Fansprache. Euphorisch. Mitreißend. Infizierend. Auf seiner Mütze prangt knallgelb „Pöhler“ (= „Bolzer“). Wirklich beliebt macht sich der verheiratete Familienvater, der im Schwarzwald aufwuchs, bei Schwarz-Gelb aber anders: durch Erfolg. Klopp befriedigt Titel-Sehnsüchte. Der schnelle Abgang in der Champions League – vergessen. Nach der Meisterschaft im vergangenen Jahr befindet sich der Fantrainer auf dem Weg zum Double, dem Gewinn von Meisterschaft und Pokal. So locker „Kloppo“ in seinen Interviews rüberkommen mag, hinter dem Borussia-Fanatiker verbirgt sich ein akribischer Arbeiter. Ein Stratege, der „Matchpläne“ und Spielideen entwickelt. Klopp hat sich Expertenwissen angeeignet, ist diplomierter Sportwissenschaftler und besitzt die Fußballlehrer-Lizenz. Er propagiert Erlebnisfußball, spielt in dieser Saison aber auf Ergebnis. Mit seinem kumpelhaften Führungsstil erreicht er gerade junge Kicker wie Götze, Großkreutz oder Hummels. Diese kompensieren mangelnde Erfahrung mit Enthusiasmus.
Als Gegenleistung stellt sich Klopp bedingungslos vor sein Rudel. Sieht er seine Spaßtruppe Kritik ausgesetzt, dann nennt er Reporter einen „Seuchenvogel“ oder schimpft über den Rasen der Augsburger Arena. Dann bleibt nichts übrig vom besonnenen TV-Experten, der Fernsehpreise eingeheimst hat; dann reckt Klopp mit verbissenem Gesicht die Faust gen Gegner und provoziert. Die Fans lieben ihn dafür.
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