TV-Kritik zur EM: Das Erste unterhält, das Zweite bildet
Die EM-Berichterstattung von ARD und ZDF im Vergleich. ZDF sachlich mit vielen ausländischen Experten, ARD locker mit eingespielten Duo. Was funktioniert? Was nicht?
Eins haben ARD und ZDF gemeinsam: Beide senden aus einem dunklen TV-Bunker irgendwo in Paris. Noch vor zwei Jahren wurde bei der WM in Brasilien vor Traumkulisse an der Copacabana gesendet. Vorbei die optisch schöne Zeit: Bei dieser EM herrscht am Bildschirm virtuelle Studio-Tristesse statt Paris-Panorama. Erst am Sonntagabend bekam man in der ARD ein wenig Stadionatmosphäre zu spüren, als vor dem Deutschland-Spiel zu Matthias Opdenhövel und Mehmet Scholl ins Stadion geschalten wurde. Endlich sah man im Hintergrund auch mal einen echten Fußballrasen.
Im Gegensatz zum Studio sind die Inhalte beider Sender hingegen ansprechend und abwechslungsreich. Kann das ZDF mit den scharfen Analysen von Olli Welke und Olli Kahn, einer beeindruckenden Frankreich-Dokumentation und ausländischen Experten wie Marius Tresor oder Phil Neville punkten, bietet die ARD mit den Duos Bommes/Hitzlsperger und Opdenhövel/Scholl sowie Reinhold Beckmanns Late-Night-Show ein überraschend lockeres und lebhaftes Programm. Nicht alles davon gelingt jedoch.
Ein vollkommen neues TV-Format ist Beckmanns „Sportschule“ aus dem legendären Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft in Malente: In der Sportschule sitzen Gäste wie Horst Hrubesch, Thomas Berthold oder Hans Meyer zusammen mit Beckmann auf alten Ledersofas im 70er-Jahre-Ambiente, trinken Bier und schwelgen von alten Zeiten. Komisch und verwirrend zugleich sind die kurzen Auftritte von Tim Wiese als „Türsteher“, Uwe Seeler als „Herbergsvater“ oder Nico Patschinski als „Totengräber“. Trotz guter Gags wirkt das Format noch etwas zwanghaft und gekünstelt.
Eingespieltes Duo im ARD
Deutlich eingespielter sind da Opdenhövel und Scholl, die das deutsche Spiel gewohnt süffisant und fachlich sicher analysieren. Beispiel gefällig? Das Abwehrverhalten der Ukrainer sei laut Opdenhövel „wie die Reise nach Jerusalem gewesen, nur ohne Stühle“. Interessant war im Anschluss an das Deutschland-Spiel auch die Vorstellung der neuen Analyse-Statistik von Ex-Profi Stefan Reinartz. Dieser stellte fest, dass Toni Kroos mit 112 „überspielten Gegnern“ der beste Mann auf dem Platz gewesen sei. Scholl zeigte sich von dieser „Packing“-Statistik begeistert.
Während das ZDF mit den beiden Ollis vor allem auf Expertise und seriöse Analyse setzt, geht es bei der ARD mit „Scholli“, „Opdi“ und Co. deutlich lockerer und unterhaltsamer zu. Kurzum: Das Erste unterhält, das Zweite bildet.
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