Bereit für neue Abenteuer
Für Angelique Kerber soll das Viertelfinale in Paris noch nicht die Endstation sein. Italienische Gegnerin hat die beste Sandplatz-Bilanz
Paris Eine französische Romanreihe von Anne Golon heißt „Angélique“. Darin erlebt die junge Angélique in der Zeit Ludwigs des XIV. aufregende Abenteuer im alten Paris. Im heutigen Paris geht es derzeit Angelique Kerber so: Hier feierte Deutschlands Top-Ten-Tennisspielerin im Februar ihren ersten WTA-Titel. Am Sonntag erreichte sie im Stade Roland Garros mit einem 6:3, 7:5 über die aufstrebende Kroatin Petra Martic erstmals das Viertelfinale der French Open. Danach gönnte sich Kerber einen Trip auf den Eiffelturm.
Die Sportzeitung L’Equipe titelte am Montag: „Kerber, die Pariserin“. Die Kielerin selbst nennt die französische Hauptstadt „einen meiner Lieblingsorte“. Im Vorjahr hätte sie das kaum behauptet, als sie ohne Glauben an sich beim Erstrunden-Aus gegen die harmlose Rumänin Edina Gallovits-Hall einen Karrieretiefpunkt erlebte. „Das war schrecklich, ich wollte nur noch vom Platz“, erinnert sich die sensible „Angie“ an die French Open 2011.
Aber dann katapultierte sie sich wie aus dem Nichts ins US-Open-Halbfinale und die Weltspitze. Die Weltranglisten-Zehnte gehört als siebte Deutsche nach Sylvia Hanika, Bettina Bunge, Claudia Kohde-Kilsch, Steffi Graf, Anke Huber und Andrea Petkovic zum erlesenen Top-Ten-Kreis. Die rapide gereifte Kerber, die auf dem besten Weg nach Istanbul zum Saison-Finale ist, erkennt man dieser Tage mental nicht wieder: „Ich glaube fest an mich – und im Moment will niemand gegen mich spielen.“ Die unterlegene, junge Martic meinte frustriert: „Sie kriegt so viele Bälle zurück. Und je schneller du spielst, desto schneller spielt sie auch. Als würdest du gegen eine Wand spielen.“
Dabei erwischte die 24-Jährige nicht einmal ihren besten Tag gegen Martic, „aber schlecht spielen und trotzdem gewinnen ist in der vierten Runde eines Grand Slams nicht das Schlechteste“, urteilte Bundestrainerin Barbara Rittner. Solche Siege sind eine der neuen Qualitäten der variablen Linkshänderin.
Ausdruck ihrer neuen „inneren Ruhe“ (Kerber), aber auch ihrer neuen Fitness, die sie sich in der Waske/Schüttler-Akademie seit Sommer 2011 hart erarbeitet hat. „Man sieht gerade bei Angelique Kerber, wie schnell sich durch eine verbesserte Fitness bessere Ergebnisse einstellen können“, sagte die Tennis-Legende Martina Navratilova der Sport Bild.
Nun spielt Kerber gegen Sara Errani, die in Ana Ivanovic und Swetlana Kusnezowa zwei ehemalige Paris-Gewinnerinnen bezwang. Die Italienerin hat mit 21:2 die beste Sandplatz-Bilanz 2012. Gewinnt Kerber, ist sie die erste deutsche Roland-Garros-Halbfinalistin seit Steffi Graf 1999. Dort könnte es zu einer Neuauflage der US-Open-Vorschlussrunde gegen die Australierin Samantha Stosur kommen. Angelique ist bereit für neue Abenteuer an der Seine. (dpa)
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