Das Leben nach dem Fußball
Der ehemalige FCA-Profi Mark Römer musste sich nach dem Ende seiner sportlichen Karriere ein neues berufliches Standbein suchen. Er arbeitet nun als Fitness-Coach. Von Robert Götz
Mark Römer (34) hat sein Idealgewicht fast wieder erreicht. "Jetzt wiege ich noch 87 Kilo", sagt der 1,82 Meter große Ex-Fußball-Profi nicht ohne Stolz. Vor ein paar Monaten waren es noch knapp 100. 85 Kilo sind sein Ziel. So viel wog Römer, als er beim FC Augsburg auf Torejagd ging. Von 2004 bis 2006 spielte er für den Regionalligisten und trug maßgeblich dazu bei, dass der FCA nach 25 Jahren wieder in die 2. Bundesliga zurückkehrte.
Römer trinkt beim Interview Tee, er muss auf seine Gesundheit achten. Seit September arbeitet er als selbstständiger Personal Fitness Trainer in Augsburg und Umgebung und seit kurzem spielt er in der Landesliga beim TSV Gersthofen wieder Fußball. Nur so zum Spaß.
Seine Geschichte könnte stellvertretend stehen für den Weg vieler ehemaliger Fußball-Profis, die es nicht ganz nach oben geschafft haben. "Man kann in der 3. Liga gut leben, und wenn du nicht ganz dumm bist, kannst du auch ein bisschen was auf die Seite bringen. Aber ausgesorgt hast du bei Weitem nicht", sagt Römer.
24 Zweitliga-Spiele stehen in seiner Vita. Die absolvierte er für die SpVgg Unterhaching, ehe ihn Trainer Armin Veh im Juni 2004 nach Augsburg holt. Der Sohn eines amerikanischen GIs, der in Esslingen geboren ist und als Spätstarter über die Amateurabteilung des VfB Stuttgart den Weg in den Profifußball fand, kommt mit seiner kantigen Spielweise bei den FCA-Fans gut an. Er ist einer, der die Bälle abschirmt und verteilt und beim Kopfballspiel oft größere Gegenspieler klein aussehen lässt.
Als Veh gehen muss, baut auch Rainer Hörgl auf den Württemberger. In der ersten Saison erzielt er in 31 Spielen 17 Tore. Als der FCA das letzte Heimspiel gegen Jahn Regensburg mit 1:2 verliert und damit den Aufstieg in letzter Sekunde verspielt, ist Römer untröstlich. Er war vorzeitig mit Gelb-Rot vom Platz geflogen.
Doch dann läuft es. Auch privat. In Augsburg lernt er seine Frau Karin (29) kennen. Zusammen mit Christian Okpala (16 Tore) hilft Römer (10 Tore) mit, den FCA in die zweite Liga zu bringen. Alles scheint nach Plan zu laufen. "Trainer Rainer Hörgl hat mir früh signalisiert, dass er mit mir plant", erinnert sich Römer. Doch als ihn Hörgl und der neue Manager Andreas Rettig zum entscheidenden Gespräch in die Geschäftsstelle bitten, ist die Enttäuschung groß. Die sportliche Leitung baut in der 2. Liga nicht mehr auf ihn.
"Es dauerte nicht einmal fünf Minuten. Mir wurde ohne Begründung mitgeteilt, dass man nicht mehr mit mir plant", sagt Römer. Sein Zorn ist noch heute zu spüren. "Es war eine riesige Enttäuschung für mich. Eine Welt ist damals für mich zusammengebrochen." Doch ihn trifft es nicht alleine, auch Christian Okpala muss gehen.
Der Aufschrei der Fans ist laut und - kurz. Das Fußball-Geschäft ist schnelllebig und hart. Nachfolger Axel Lawarée erfüllt die Erwartungen. Das Torjäger-Duo Okpala/Römer gerät schnell in Vergessenheit.
Römer wechselt zum Regionalligisten FC Ingolstadt. "Es gab auch andere Angebote, aber ich wollte nicht aus Augsburg weg." So pendelt er zwischen Augsburg und Ingolstadt. Gleichzeitig beginnt der gelernte Reiseverkehrskaufmann ein Fernstudium zum Sportfachwirt. Ein Jahr spielt er noch in der Regionalliga, im zweiten Jahr wird ihm und seinem Kollegen George Mbwando dann deutlich gezeigt, dass man nicht mehr auf sie setzt. Die beiden dürfen sich nicht mehr in der Kabine wie die anderen Profis umziehen, sie müssen Runden laufen, während die anderen trainieren. Römer spielt im Landesliga-Team, auch gegen den FCA II. Nur manchmal, im Trainingsspiel, darf er noch bei den "Profis" mitmachen. Römer spielt sich den Frust dort von der Seele. "Zecke Neuendorf hat mich dann gefragt, hey, warum bist du nicht mehr bei uns."
"Das kann doch nicht das Leben sein"
Doch Römer plant bereits zweigleisig. Er schließt sein Studium ab, absolviert beim Hauptsponsor des FCI, der Tuja-Zeitarbeits-Firma, ein Praktikum und arbeit seit dem Sommer 2008 Vollzeit als Disponent. Er vermittelt Ingenieure und Hartz-IV-Empfänger. Er ist viel unterwegs, ernährt sich von Fast Food und treibt kaum noch Sport. Er nähert sich der 100-Kilo-Marke. Irgendwann stellt er sich die Sinnfrage: "Das kann doch nicht das Leben sein." Die Wirtschaftskrise macht vor seiner Branche nicht halt. "Es ist hart, wenn du einem zweifachen Familienvater kündigen musst."
Römer entscheidet sich für einen radikalen Schnitt und für seine Leidenschaft: den Sport. Er macht eine Zusatzausbildung zum Personal Fitness Trainer. Seit September verdient er damit seinen Lebensunterhalt. Seinen Schwerpunkt hat er auf die Firmenbetreuung gelegt. Auch in Hotels bietet er Laufeinheiten und Ernährungsberatung an. Er kommt auch direkt in die Firmen, um für den sportlichen Ausgleich der Mitarbeiter zu sorgen.
Es gibt einige Firmen, die für ihre Mitarbeiter bereits eine wöchentliche Gruppen-Trainingseinheit in Anspruch nehmen. Auch regelmäßige Fitnesstests sind gefragt. "Wenn ein Mitarbeiter fit ist, ist er leistungsfähiger und weniger krank", sagt Römer.
Beim TSV Gersthofen kann er Hobby und Beruf in einer Doppelfunktion verbinden. Er ist Spieler und Fitness- und Konditionstrainer. Das Vorbereitungsprogramm hat er schon ausgearbeitet. Dass er sein Idealgewicht erreicht, dafür wird er selbst sorgen. Robert Götz
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