Die Trauer der Fans prägt das Spiel
Die Augsburger Anhänger gedenken gegen 1899 Hoffenheim ihrer verstorbenen Freunde. Dass ihr Verein 1:3 verliert, ist an diesem Tag nicht wichtig.
Als Stefan Reuter in der Mixed-Zone im Bauch der WWK-Arena nach den Gründen für die 1:3 (1:1)-Niederlage seines FC Augsburg gegen die TSG 1899 Hoffenheim befragt wurde, öffnete sich für einen kurzen Moment die große Flügeltüre, die hinaus auf den Rasen führte. Auch über eine halbe Stunde nach Spielschluss drang von dort noch der Gesang der Augsburger Ultras hinein in den Bauch der WWK-Arena. „Olé FCA, olé, olé FCA, olé olé“, sangen sie auf die Melodie von „Amazing grace“.
Damit gedachten sie zwei 18 und 19 Jahre alten Fans aus ihrer Mitte, die in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag auf der Heimreise vom Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach bei einem Autounfall tödlich verunglückt waren. Ein weiterer schwebte auch gestern noch in Lebensgefahr, die beiden anderen Mitfahrer wurden verletzt. Vor dem Anpfiff endete ein Trauermarsch von über 600 Fans vor der Nordkurve. Dort wurden Kränze und Blumen abgelegt, Kerzen angezündet. Auch die Hoffenheim-Fans legten einen Kranz nieder. Im Stadion leitete dann der berührende Dauergesang „Olé FCA, olé, olé FCA, olé olé“ ins Spiel über.
„Das ist tragisch und viel schlimmer als die Niederlage“, beendete Manager Stefan Reuter dann seine Analyse. Zuvor hatte er erklärt, dass sich die Mannschaft „für eine ordentliche Leistung nicht belohnt hat“, weil sie viele Möglichkeiten hätte liegen lassen und Hoffenheim gnadenlos effektiv gewesen sei.
Den Statistiken nach hätte der FCA als klarer Sieger vom Platz gehen müssen. 26:11 Torschüsse, 7:3, Ecken, 67 Prozent Ballbesitz sind normalerweise Erfolgswerte. Aber nicht beim FCA. Er verlor schon das dritte von vier Heimspielen in dieser Saison und ist nun mit vier Punkten auf Platz 16 abgerutscht. Warum?
An der gedämpften Atmosphäre, gerade zu Spielbeginn, lag es aber nicht. „Fußball wird zur Nebensache, wenn man so etwas mitbekommt. Es ist sehr, sehr traurig. Aber wenn man im Spiel drin ist, ist man voll fokussiert“, erklärte Kapitän Paul Verhaegh. Am Donnerstag war die Mannschaft über das Unglück informiert worden.
Weinzierls "südkoreanischer Freund"
An was lag es dann? Weil der Bundesligist viel zu gastfreundlich war. „Solche Geschenke darfst du hinten nicht verteilen“, sagte FCA-Trainer Markus Weinzierl, und verwies an diesem „gebrauchten Nachmittag“ auf die tatkräftige Mithilfe bei allen Gegentoren.
Der erste TSG-Konter schloss Kevin Volland zum 0:1 (10.) ab, weil Konstantinos Stafylidis und Ragnar Klavan nur zuschauten. Danach schien der FCA aber seinen Fans bei der Trauerarbeit mit einem Sieg helfen zu wollen. Zwar köpfte Halil Altintop in der 28. Minute an die Querlatte, doch zehn Minuten später erzielte Ja-Cheol Koo das 1:1. Danach hatte der FCA Chancen, um zwei Spiele zu entscheiden. Vorne fehlte die Präzision und hinten patzte man wie eine Schülermannschaft.
Besonders Innenverteidiger Jeong-Ho Hong (Weinzierl: „Mein südkoreanischer Freund“) machte seine eigentlich gute Leistung mit zwei Anfängerfehlern zunichte. Er verursachte den Foulelfmeter, den Volland in der 68. Minute zum 1:2 verwandelte, und beim 1:3 ermöglichte er Jonathan Schmid (73.) einen breiten Konterkorridor. Kapitän Verhaegh redete nicht mehr um den heißen Brei herum: „Die Tabelle lügt nicht. Ein Spiel gewonnen, eines unentschieden, alles andere verloren. Das heißt, dass wir im Moment im Abstiegskampf dabei sind.“
Viel Zeit, die Ursachen zu beheben, bleibt aber nicht. Am Donnerstag wartet das erste Heimspiel in der Europa League gegen Partizan Belgrad, am Sonntag geht es zu Bayer Leverkusen. „Es ist für uns eine unglaublich schwierige Woche, da müssen wir zusammenstehen“, sagte Reuter. Wie das geht, konnte man durch die Flügeltüre hören.
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