Ein wenig spektakuläres Schauspiel
Bei der 0:2-Niederlage gegen die TSG 1899 Hoffenheim werden dem FC Augsburg vom einzig ungeschlagenen Team der Liga die Grenzen aufgezeigt.
Dass es Sandro Wagner nicht an Selbstbewusstsein mangelt, müsste jedem seit dem 5. Dezember bekannt sein. Nach dem 4:0-Sieg gegen den 1. FC Köln, den er mit seinen Saisontoren sechs und sieben ebnete, erklärte er damals: „Ich bin überzeugt, dass ich aktuell der beste deutsche Stürmer bin.“
Wagner, 29, ist als Großmaul verschrien, den die gegnerischen Fans nicht leiden können. Aber in Augsburg werden ihm seit Samstagnachmittag wohl auch ein paar FCA-Anhänger recht geben. Denn Wagner ebnete fast alleine der TSG 1899 Hoffenheim den Weg zum 2:0 (0:0)- Sieg gegen den FC Augsburg. In der 47. Minute erzielte der gebürtige Münchner das 1:0. Mit einem kräftigen Schultercheck gegen FCA-Innenverteidiger Martin Hinteregger hatte er sich den Weg im Stile eines Bulldozers freigeräumt.
Vor dem 0:2 (64.) durch Andrej Kramaric stellte er sich hingegen clever Paul Verhaegh ein bisschen in den Weg, genau so viel, dass der FCA-Kapitän die Flanke vor dem Tor nicht mehr verhindern konnte.
Dass Wagner aus dem Abseits kommend, damit ins Spiel eingriff, sah Schiedsrichter Martin Schmidt (Stuttgart) anders. Er gab den Treffer, was nicht nur FCA-Manager Stefan Reuter verwunderte: „Das war 100-prozentig abseits. Es ist mir ein Rätsel, warum der Linienrichter das nicht sieht.“ Es war nicht das erste Mal in dieser Saison, dass sich die FCA-Verantwortlichen ungerecht behandelt fühlten.
Reuter ärgerte sich, weil das 0:2 die Entscheidung an diesem bitterkalten Nachmittag bedeutete. Denn auch im ersten Spiel mit Manuel Baum als Cheftrainer zeigte sich das größte Manko des FCA deutlich: die mangelnde Durchschlagskraft in der Offensive. Den einzig gefährlichen Torschuss gab Jonathan Schmid in der 86. Minute ab. „Wir haben im Spielaufbau auf dem Flügel die Zielstrebigkeit vermissen lassen, haben uns verheddert und die Flanken zu spät reingehauen“, erklärte Baum.
Minusrekord auf den Zuschauerrängen
Dabei hatte er als Interimsnachfolger des gefeuerten Dirk Schuster mit dem 1:0 gegen Gladbach und dem 1:1 in Dortmund vor der Winterpause die Hoffnung geweckt, dass nach der destruktiven Schuster-Taktik wieder mehr Offensivgeist durch die WWK-Arena wehen sollte. Das reichte aber bei minus sieben Grad nicht als Zuschauermagnet. 24 515 Zuschauer bedeuteten Minusrekord seit dem Bundesliga-Aufstieg. Das lag auch daran, dass sich nur ein paar Hoffenheimer Fans nach Augsburg verirrt hatten.
Dabei trafen mit Manuel Baum, 37, und Julian Nagelsmann, 29, nicht nur die jüngsten Bundesligatrainer aufeinander, sondern auch zwei, die sich der gleichen Spielphilosophie verschrieben haben: schnelles Umschaltspiel mit Zug zum Tor. Das hört sich aufregend an. Doch wenn zwei so gleichwertige Systeme zusammentreffen, dann entwickelt sich manchmal ein wenig spektakuläres Schauspiel. Dem FCA gelang es in der ersten Hälfte mit viel Engagement, die Hoffenheimer Maschinerie nicht in Gang kommen zu lassen. Da wurde viel gelaufen, gegengepresst, auch mal taktisch gefoult und lamentiert. Da das Hoffenheim genauso gut machte, war es ein Tauziehen auf hohem Niveau.
Zur Pause war klar: Wer den ersten Fehler macht, verliert. Das war der FCA. Vor dem 0:1 verlor Philipp Max den Ball. Und dann kam Sandro Wagner. Das 0:1 war der Anfang vom Ende, Hoffenheim dann spielerisch besser. Mit dem 0:2 war die Partie endgültig entschieden.
Auch weil der FCA keinen Stürmer wie Wagner hat. Trotzdem will Manager Reuter auf dem Transfermarkt nichts mehr unternehmen. „Das ist nicht das Thema.“ Er hofft lieber auf einen fitten Raúl Bobadilla. Vor dem Spiel wurde bekannt gegeben, dass der Vertrag des Argentiniers bis 2020 verlängert wurde. Der deutete nach seiner Einwechslung in der 64. Minute an, dass er die Sturmflaute beenden kann. Reuter bittet um Geduld mit dem lange verletzten Stürmer: „Man kann nicht erwarten, dass er nach 15 Wochen ohne vernünftigen Rhythmus nach zwei Wochen wieder auf dem vorigen Niveau ist. Das geht nicht.“
Trotz der Niederlage zum Vorrundenabschluss sieht Manager Reuter sein Team auf einem guten Weg. „Für uns ist das kein Rückschlag. Die Zuschauer wollen sehen, dass unsere Mannschaft fightet und draufgeht. Und sie akzeptieren dann auch, wenn eine gute Mannschaft auf der andere Seite steht.“
Das ist Hoffenheim. Die TSG hat keines der 17 Vorrundenspiele verloren und ist damit als einziges Team der sieben Top-Ligen Europas ungeschlagen. Und Sandro Wagner ist zusammen mit Timo Werner (RB Leipzig) bester deutscher Torschütze in der Bundesliga.
FCA Hitz – Verhaegh, Gouweleeuw, Hinteregger, Stafylidis (64. Bobadilla) – Baier – Schmid, Moravek (73. Hal. Altintop), Koo (46. Kohr), Max – Ji TSG 1899 Baumann – Süle, Vogt, B. Hübner – Zuber, Ochs (46. Kramaric) – Rudy – Demirbay (74. Schär), Amiri (87. Polanski) – S. Wagner, Uth Tore 0:1 S. Wagner (47.), 0:2 Kramaric (64.) SR Schmidt (Stuttgart) Zusch. 24 515
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