Ein Hoch auf die Frauen
Die weiblichen Fans werden für die Bundesligisten immer interessanter. Jeder dritte Besucher ist eine Frau. Das hat Auswirkungen auf die Fanartikel. Auch beim FC Augsburg.
Begonnen hat alles im Jahr 2006. Während der Weltmeisterschaft in Deutschland. Fußball war plötzlich salonfähig. Das Kicken an sich war wichtig, einen Anlass brauchte es ja, aber das Drumherum interessierte weit mehr. Sommermärchen. Public Viewing. Event. Dazu die fröhliche Partystimmung, von der sich alle irgendwie anstecken ließen. Sogar jene Frauen, die bis dahin nichts mit Fußball anfangen konnten.
Die Bundesliga-Vereine nutzten den WM-Effekt, erklärt Peter Rohlmann, Leiter der Agentur PR-Marketing. „Frauen und Familien sind neben Geschäftsleuten inzwischen eine ganz wichtige Zielgruppe bei der Fan-Ansprache“, sagt Rohlmann. Er berichtet davon, dass sich die Zahl der weiblichen Stadionbesucher im letzten Jahrzehnt von 14 auf 30 Prozent verdoppelt habe und dass bis zu 19 Millionen Frauen fußballinteressiert seien; die ARD gab zudem jüngst bekannt, dass rund 30 Prozent der Sportschau-Zuschauer weiblich sind. Der typische Fan sei weiter männlich und trinke Bier, räumt Rohlmann ein, aber die Frauen holten auf.
Die Bundesliga boomt. Nie zuvor strömten so viele Menschen in die deutschen Stadien wie in der vergangenen Saison. Im Rahmen der WM bekamen viele Bundesliga-Standorte neue, moderne Arenen. Andere Vereine zogen nach, investierten in Infrastruktur und Spielstätte: wie Gladbach, Mainz oder Augsburg. Saubere Toiletten, bequeme und überdachte Sitzplätze, ansprechendes Catering. Der Komfort spiele eine entscheidende Rolle, erklärt Rouven Kasper, der bei der Vermarktungsagentur Sportfive für den FC Augsburg verantwortlich ist. Der Umzug vom Rosenaustadion in die SGL-Arena habe sich positiv bemerkbar gemacht, fügt er hinzu. Beim FCA belief sich der Frauenanteil in der Spielzeit 2010/11 auf 21 Prozent. Tendenz steigend.
Auch außerhalb des Stadions haben Frauen als Zielgruppe ihren Reiz: im Fanartikelgeschäft. Auf der Suche nach neuen Abnehmern für Vereinsprodukte spielt die weibliche Fanseite eine gewichtige Rolle. „Die Vereine haben das Potenzial erkannt“, sagt Marketing-Experte Rohlmann.
Zwölf von 18 Bundesligisten bieten feminines Trikot an
Nie zuvor haben die Erst- und Zweitligisten mit Fanartikeln und Lizenzen mehr Geld umgesetzt als in der vergangenen Spielzeit, geht aus dem Fanartikel-Barometer von Rohlmanns Agentur hervor. Insgesamt 165 Millionen Euro. Die Vereine verbuchten damit ein Plus von 15 Prozent gegenüber der Vorsaison. Trikots – der FCA verkaufte in dieser Spielzeit bereits über 10 000 Stück – sind dabei weiter das begehrteste Objekt.
Aber die Sortimente haben sich angepasst: mit eigenen Damen-Kollektionen. Neben figurbetonter Kleidung mit Slim-Fit-Schnitten finden sich in ihnen Halsketten, Uhren, Unterwäsche oder Lippenpflegestifte. Dabei orientiere man sich auch an Trends von Modelabels, erklärt Marc Oberndörfer. Er ist beim Sportartikelhersteller Jako für das Merchandising des FCA zuständig.
Zwölf von 18 Bundesligisten bieten inzwischen die feminine Variante des Vereinstrikots an. Vor sechs Jahren waren es nur sechs. Der FCA zählt nicht zu ihnen. Noch nicht. Oberndörfer stellt ein tailliertes Dress im Damenschnitt in Aussicht. In der neuen Kollektion werde das ein Thema sein, sagt er.
Die Vereine reagieren. Nicht nur der Frauen wegen haben sich die Anforderungen an Fanartikel in den vergangenen Jahren gewandelt. Motto: Liebe zum Verein zeigen ja, aber doch bitte dezent und modisch. Rohlmann betont die Bedeutung „stadionferner Artikel“, die nicht unbedingt in Vereinsfarben gehalten sein müssen und auf denen das Vereinslogo auch gerne mal unprominent Ton in Ton stattfindet. Es geht um Lifestyle. Darin sieht Marketing-Mann Rohlmann immer noch Wachstumspotenzial.
Die Bundesligisten wird’s freuen. In diesem Sommer ist mit der EM wieder ein großes Fußballturnier. Wie 2006, als alles begann.
Die Diskussion ist geschlossen.