Ex-Bayern-Profi Zickler: "Natürlich war ich anfangs nervös"
Alexander Zickler ist derzeit Co-Trainer bei Gladbach und Ex-Spieler des FC Bayern. Im Interview spricht er über Euphorie, Marco Rose und gebrochene Knochen.
Herr Zickler, Borussia Mönchengladbach empfängt als Tabellenführer den FC Bayern – eine Konstellation, die es in den 70er Jahren häufig gab, als Gladbach und Bayern die Bundesliga dominierten, im Dezember 2019 aber eine kleine Sensation ist. Wissen die Spieler um die Historie dieses Duells?
Alexander Zickler: Darüber wird in den Medien viel berichtet. Aber für uns im Trainerteam und in der Mannschaft ist das kein großes Thema. Angesichts des dichten Spielplans haben wir wenig Zeit, um über die Vergangenheit zu sprechen. Wir beschäftigen uns mit dem Hier und Jetzt.
Das Spiel gegen den FC Bayern ist für jeden Gegner in der Bundesliga ein Besonderes. Das haben Sie früher als Stürmer beim FC Bayern selbst zu spüren bekommen. Besteht die Gefahr, dass Spieler in solchen Partien übermotiviert sind?
Zickler: Auf jeden Fall. Euphorie ist das eine, aber man darf nicht über das Ziel hinausschießen. Es gehört Mut und Selbstvertrauen, aber auch ein kühler Kopf dazu, um gegen den FC Bayern München zu bestehen – auch wenn man als Tabellenführer auf Bayern trifft. Wir brauchen niemanden auf dem Platz, der durchdreht. Es ist immer gut, wenn man zu elft eine Partie beendet.
In der Regel wechselt ja heutzutage nicht nur der Cheftrainer, sondern große Teile des Trainerteams den Verein. Hat Marco Rose Sie in seine Entscheidung eingebunden, als es darum ging, nach dem Engagement bei RB Salzburg eine neue Herausforderung zu suchen?
Zickler: Ja, Marco hat uns da einbezogen. Wir hatten ja in Salzburg eine erfolgreiche Zeit, auch weil wir als Team sehr gut funktioniert haben. Es gab dann einige Anfragen. Da waren gute Vereine dabei. Marco hat immer wieder nachgefragt, wie wir das im Trainerteam so sehen.
Die neue Borussia unter Rose steht für schnellen, intensiven Fußball.
Zickler: Wir verteidigen sehr offensiv mit einem sehr schnellen Umschaltspiel – da kommt für die Spieler der eine oder andere Meter zusammen. Es hat etwas gedauert, bis die Spieler das angenommen haben.
Für Rose gibt es derzeit von allen Seiten Lob. Berti Vogts hat ihn kürzlich sogar in die Nähe von Borussias Trainer-Ikone Hennes Weisweiler gerückt. Wie geht Rose damit um?
Zickler: Extrem entspannt. Es gibt Menschen, die verändern sich, wenn sie von allen Seiten gelobt werden. Manche drehen vielleicht sogar durch. Marco ist weiter der Trainer und Mensch, der er beim Start in Gladbach war. Er geht auf die Leute zu, spricht viel mit den Spielern, lobt sie, weiß aber auch, wann und wie man sie kritisieren muss. Er sucht aber auch das Gespräch mit allen anderen im Verein – egal, was ihre Aufgabe ist.
Während der zwölf Jahre als Spieler beim FC Bayern haben Sie einige Trainer mit großen Namen kommen und gehen gesehen. Wer hat Ihnen am meisten imponiert?
Zickler: Giovanni Trapattoni und Ottmar Hitzfeld. Trap war für mich als junger Spieler sehr, sehr wichtig. Bei Ottmar Hitzfeld habe ich bewundert, wie er es geschafft hat, aus einer Vielzahl von Stars eine Einheit zu formen.
Sie kamen als 19-Jähriger zum FC Bayern...
Zickler: ...nachdem ich gerade mal bei Dynamo Dresden ein halbes Jahr in der Bundesliga gespielt hatte – ein Wahnsinn. Natürlich war ich anfangs zwischen all den Stars sehr nervös. Ich habe versucht, viele Dinge aufzunehmen und von den Besten zu lernen. Vor allem Lothar Matthäus, Thomas Helmer und Raimond Aumann haben sich in der Anfangszeit um mich gekümmert. Lothar hat mir nach dem Training die Stadt gezeigt oder ist mit mir zum Essen gegangen. Bei Thomas war ich zum Frühstück eingeladen, damit ich in der Früh nicht alleine da saß. Und Raimond hat sich in der Kabine und auf dem Platz um mich gekümmert.
Sie gewannen mit dem FC Bayern unter anderem sieben deutsche Meistertitel und 2001 die Champions League...
Zickler: Es war wirklich eine sehr coole Zeit – bis auf die beiden letzten Jahre.
Ihnen musste ein gutartiger Tumor am Unterschenkel entfernt. Danach folgten gleich mehrere Schienbeinbrüche.
Zickler: Zuerst ein Ermüdungsbruch, dann ein glatter Schienbeinbruch und am Ende noch ein Rotationsbruch. Ich konnte zwei Jahre lang mehr oder weniger nicht spielen. Und trotzdem habe ich die volle Unterstützung vom Verein bekommen.
Insbesondere Uli Hoeneß sind Sie sehr dankbar.
Zickler: Als damals mein Vertrag beim FC Bayern auslief, hat mich Uli angerufen und meinte, ich soll bei ihm vorbeischauen. Also bin ich auf Krücken in sein Büro gehumpelt. Viele hatten gesagt, dass das bei mir nichts mehr wird. Aber Uli fragte mich, ob ich es noch mal probieren will. Ich sagte Ja. Und dann hat er einen Vertrag aus der Schublade gezogen. Uli hat mir die Zeit gegeben, mir die notwendige medizinische Versorgung ermöglicht, und so konnte ich später dann noch mal bei RB Salzburg spielen. Es war eine Art Gegenleistung dafür, dass ich dem FC Bayern jahrelang die Treue gehalten hatte. Der Uli ist natürlich jemand, der polarisiert, aber ich schätze ihn sehr als Mensch.
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