André Schürrle: Der Herausforderer
André Schürrle war neben Mario Gomez großer Gewinner der deutschen Auswahl beim 2:1 gegen Uruguay. Pech für ihn, dass auf seiner Position Podolski spielt.
Die Zeit, die Fußball-Trainer auf die Gegner-Analyse verwenden, auf Video-Studium und Scouting-Berichte füllt halbe Arbeitstage. Die Ergebnisse dieser Studien sind mitunter ernüchternd. Hinterher kommt heraus, dass der Trainer den Namen des gegnerischen Mittelstürmers nicht kennt, weshalb sich der Coach mit Eselsbrücken, wie die „Nummer 7“ oder „der kleine Blonde“ behelfen.
Ob Uruguays Trainer Oscar Tabarez den Namen André Schürrle fehlerfrei daher sagen kann, war Dienstagnacht nicht mehr zu klären – dass ihm Schürrle geläufig ist, schon. „Ein sehr guter, sehr torgefährlicher Stürmer“, schwärmte Tabarez vom 20-jährigen Mainzer. Nur ein bisschen robuster müsse er werden, empfiehlt der 65-jährige Coach der Südamerikaner. Tatsächlich ist Schürrle mit seinen 74 Kilo verteilt auf 1,84 m ein Leichtgewicht – robust ist er dennoch. Wer mag, kann Vergleiche zum Münchner Thomas Müller ziehen, der sich auch gegen Kleiderschränke behauptet. Schürrle ist genauso laufstark und torgefährlich wie der Bayern-Stürmer.
Im Testspiel gegen Uruguay bei der Länderspiel-Premiere in Sinsheims Rhein-Neckar-Arena spielte Schürrle diese Trümpfe aus. Nach Mario Gomez’ Führungstor (21.) traf Schürrle von der 16-m-Ecke zum 2:0 (35.). Sein erstes Tor im dritten Länderspiel war die Krönung eines starken Auftritts, der ihm auch Lob vom Bundestrainer eintrug. Löw: „André geht zielstrebig nach vorne, kann hohes Tempo gehen. Unserem Spiel tut das gut.“
45 Minuten lang profitierten die Deutschen bei der Neuauflage des WM-Spiels um Platz drei vom schnellen Spiel. Danach drängte es den Bundestrainer häufig gestikulierend an den Spielfeldrand, weil die Partie seiner Mannschaft aus den Händen zu gleiten drohte. Die Gäste verkürzten auf 1:2 (Gargano, 48.) und Löw sorgte mit seiner Sechser-Rochade für weiteren Sand im Getriebe des deutschen Spiels. Auch Schürrle musste weichen. Für ihn kam Lukas Podolski. In der Regel ist es umgekehrt. Der Kölner ist auf links gesetzt, der zukünftige Leverkusener Schürrle ist, wie er selbst sagt, „der Herausforderer“.
Eine Rolle, die Mario Gomez allmählich abschüttelt. Was ihm beim FC Bayern im Duell mit Miroslav Klose gelungen ist, steht nun auch in der Nationalelf bevor. Gomez war lange berüchtigt dafür, mit seinen Leistungen im Verein Erwartungen zu schüren, die er in der Nationalelf nicht erfüllt. Also hat der Bundestrainer an Klose festgehalten, der ihn als verlässlicher Torschütze in seiner Entscheidung bestätigt hat. Nun aber wenden sich die Dinge auch in der Nationalmannschaft Gomez zu. Der 25-Jährige hielt am Dienst die komplette Gäste-Viererkette in Atem. Als Bundesliga-Torschützenkönig (28 Treffer) strotzt er nun auch im DFB-Trikot vor Selbstbewusstsein. Er ist fit, zweikampfstark und hat technisch zugelegt. Vergleiche mit seiner unglücklichen FC-Bayern-Zeit unter Louis van Gaal will er nicht ziehen – und tut es dennoch. „In der Nationalelf hab ich einen Trainer, der auf mich setzt, auch wenn er oft einen anderen spielen lässt“, sagt Gomez entspannt, wie einer der weiß, dass seine Zeit noch kommen wird.
Der 25-Jährige wusste da noch nicht, dass ihm Kloses Pech anderntags eine Steilvorlage liefern würde. Klose fällt für die beiden EM-Qualifikationsspiele gegen Österreich (Freitag, 20.30 Uhr) und Aserbaidschan (Dienstag, 19 Uhr) wegen einer Rippenprellung aus. Damit ist Gomez gesetzt. Schürrle dagegen bleibt erst einmal Herausforderer.
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