Polizei: Präventivhaft für Hooligans - DFL sauer
Frankfurt/Main (dpa) - Die Polizeigewerkschaften haben im Zuge der Krawalle von Hamburg weitreichende Konsequenzen wie Bundesligaspiele vor leeren Rängen oder Präventivhaft für Hooligans gefordert und die Vertreter des deutschen Fußballs damit auf die Barrikaden getrieben.
"Ich finde es sehr traurig, wenn solche Zwischenfälle als Mittel zum Zweck für populistische Forderungen gegen den Fußball genutzt werden. Diese Forderungen müssen wir energisch zurückweisen", sagte Holger Hieronymus, DFL-Geschäftsführer Spielbetrieb, der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Die Koordinationsstelle Fanprojekt (KOS) warf den Polizei- Gewerkschaften vor, die Krawalle nach dem Zweitligaspiel zwischen dem FC St. Pauli und Hansa Rostock instrumentalisiert zu haben. Aus der Forderung nach einer Präventivhaft für Hooligans (DPolG-Chef Rainer Wendt) und der Warnung vor Toten im Fußball angesichts zunehmender Krawalle (GdP-Chef Konrad Freiberg) spreche "mindestens Hilflosigkeit", sagte KOS-Leiter Michael Gabriel in einem dpa- Gespräch. Die Vorfälle würden von den Gewerkschaften "politisch instrumentalisiert", um ihre Interessen nach vorne zu bringen.
Für neuen Zündstoff in der Debatte sorgten Aussagen von Rainer Wendt, dem Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft. "Notorische Krawallmacher lassen sich mit Reiseverboten oder Melde-Auflagen kaum von den Stadien fernhalten. Diese Schwerkriminellen beeindruckt nur, wenn sie die Spieltage hin und wieder in der Zelle verbringen", sagte Wendt der "Neue Osnabrücker Zeitung". Er beklagte zudem, dass die Justiz auf Gewalttaten von Hooligans "in der Tendenz viel zu lasch" reagiere. "Wir brauchen deutlich härtere Strafen", sagte Wendt.
Hieronymus steht dem eher kritisch gegenüber. "Die Forderungen sind mir zu Maßnahmen-lastig." Zwar räumte er ein, dass Spiele vor leeren Zuschauer-Rängen "als äußerste Sanktion" gegen einen Verein vorstellbar seien. Doch der Fußball habe Hooliganismus und Rechtsextremismus nicht zu verantworten. "Wir dulden dies nicht in den Stadien, werden diese Tendenzen aber nicht aufhalten können", sagte Hieronymus.
In dieser Saison war es bereits vor den Ausschreitungen von Hamburg zu etlichen Zwischenfällen in den drei höchsten deutschen Fußball-Ligen gekommen. Zuletzt hatte es bei den Heimspielen des Karlsruher SC gegen Eintracht Frankfurt und den VfB Stuttgart Krawalle gegeben. Im Zuge der zunehmenden Gewalt in den Stadien hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Geldstrafen gegen die beteiligten Vereine drastisch erhöht und in mehreren Fällen, unter anderen bei Dynamo Dresden und Rot-Weiß Erfurt, einen teilweisen Ausschluss der Öffentlichkeit verfügt.
Bei der DFL beschäftige man sich daher "sehr professionell mit dem Thema". Die Sicherheits- und Fanbeauftragten stünden in ständigem Kontakt mit der Polizei, so Hieronymus. Der Fußball könne aber nicht die Aufgaben der Polizei übernehmen oder diese gar finanzieren. Auch Gabriel räumte eine "problematische Entwicklung in den Fan-Kulturen" ein, man müsse aber definitiv keine Angst vor dem Gang ins Stadion haben. "Die Kommunikation und das Verhältnis zwischen Vereinen, Fangruppen und -projekten und der Polizei ist im deutschen Fußball so gut, dass ich sicher bin, dass wir diese Phase positiv überstehen", sagte der Frankfurter KOS-Chef.
Er warnte in der Debatte vor "Übertreibungen". Verhältnisse wie in Italien oder Polen, wo die Gewalt viel schlimmer sei, herrschten im deutschen Fußball nicht. "Ich finde, man muss ein bisschen die Kirche im Dorf lassen", kommentierte der Experte die jüngsten Forderungen.
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