
Im Senegal sollen Hexer den angeschlagenen Sadio Mané heilen. Und die Deutschen? Gehen seltsam gleichgültig mit denen um, die mal Nationalhelden waren.
Das Verhältnis zur Magie ist im deutschen Sport zwiespältig. Durchaus wohlwollend begegnet man dem Mann, der als Vorgänger der Eventarenen füllenden Ehrlich-Brothers zu gelten hat. Andreas Thiel war nun zwar kein Illusionist, wurde aber trotzdem ehrfürchtig Hexer genannt, wenn er auf wundervolle Weise im Handball-Tor die Würfe der Gegner parierte.
Franz Beckenbauer hatte hingegen wenig Freundliches im Sinn, als er Marcel Reif "diesen Zauberer" nannte, als sich der Kommentator gerade von der politischen Berichterstattung abwandte und sich des Kaisers Nationalmannschaft widmete.
Mit der Magie im Bunde wähnten die Deutschen 1992 Dieter Baumann, als sich dieser auf der Zielgeraden olympisches Gold über 5000 Meter erspurtete. Jahre später kam der Verdacht auf, Baumanns Magie sei aus einer Zahnpasta-Tube gedrückt worden. Andere wiederum wollten in ihm weiterhin den weißen Kenianer sehen, als den sie ihn bezeichneten. Noch immer gelten die Kenianer als Wunderläufer, auch wenn etliche positive Dopingproben in diesem Jahr nahelegen, dass den Wundern pharmazeutisch auf die Sprünge geholfen wurde.
Für Sadio Mané werden Hexenmeister einbestellt
In anderen Ländern wiederum ist die Magie rundherum gut beleumundet. Senegal beispielsweise legt das Wohl und Wehe der Männer-Nationalmannschaft in die Hände von Zauberern. "Ich weiß nicht, wie effektiv sie sind, aber wir werden Hexenmeister nutzen. Wir hoffen auf ein Wunder", sagte Fatma Samoura, die Fifa-Generalsekretärin ist und Landsfrau von Sadio Mané. Dessen reichlich profanes Schienbeinköpfchen ist derart angeschlagen, dass ein Einsatz bei der WM unmöglich scheint. Doch Nationaltrainer Aliou Cissé hat den Angreifer trotzdem in sein Aufgebot berufen. Staatspräsident Macky Sall wünscht Mané das "Herz eines Löwen". Schwer vorstellbar, dass Olaf Scholz ähnlich aufbauende Worte an Marco Reus richtet.
Und so muss sich auch der Kanzler fragen, ob er auch alles in seiner Macht stehende getan hat, um zu einem erfolgreichen Abschneiden der Nationalmannschaft beizutragen. Den Deutschen, so scheint es, waren sportliche Erfolge schon mal wichtiger. Als Michael Ballack die WM 2010 verletzungsbedingt verpasste, sendete die ARD noch einen "Brennpunkt". Nun aber: Nmecha, Werner, Reus – nichts. Empathielos. Anders als anderswo. Senegal oder Kenia: Hauptsache Asien.
Die Fußballweltmeisterschaft in Katar steht in der Kritik, auch in der Redaktion haben wir ausführlich darüber diskutiert. Eine Einordnung, warum wir das Sportevent dennoch ausführlich journalistisch begleiten, lesen Sie in diesem Text.
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