Wer den Fußball liebt, sollte die Frauen-EM schauen und die Winter-WM in Katar ignorieren. Ein Plädoyer für den Frauenfußball.
Was für ein Auftaktsieg, was für eine Leistung der deutschen Mannschaft, was für ein grandioser 4:0-Erfolg. Und was für eine Stimmung – beim ersten deutschen WM-Spiel 2014, als die deutsche Mannschaft mit einem Sieg über Portugal die Mission Weltmeisterschaft in Brasilien startete. Das Ende ist bekannt: Die deutsche Mannschaft krönte sich in Rio zum Weltmeister.
4:0-Sieg gegen Dänemark: guter Auftakt des deutschen Teams
Ziemlich genau acht Jahre später wieder ein grandioser Auftaktsieg eines deutschen Teams, eine grandiose Leistung der Frauen-Nationalmannschaft beim 4:0 gegen Dänemark, und das, obwohl mit Melanie Leupolz (Baby) und Dzsenifer Marozsán (Verletzung) zwei Leistungsträger für die EM ausgefallen sind. Nur von der Fußballstimmung ist im Alltag wenig zu sehen: kaum Public-Viewing, kaum Menschen in Deutschland-Trikots, deutlich weniger Menschen vor dem Fernseher. Dabei hat diese Europameisterschaft viel mehr Aufmerksamkeit verdient.
Das erste Spiel des deutschen Teams macht Lust auf mehr. Attraktiven Offensivfußball, frühes Pressing und ganz viel Spielfreude zeigte die deutsche Elf. Nur 21 Minuten dauerte es, bis Lina Magull den Ball unhaltbar aus spitzem Winkel unter die Latte knallte und die deutsche Mannschaft auf die Siegerstraße brachte. Aus den Lautsprechern tönte „Freed vom Desire“, die Stimmung der 15.746 Zuschauern im Stadion in Brentford im Westen Londons war ausgelassen. Und in Deutschland?
Wartet Fußball-Deutschland auf die WM in Katar?
Nur knapp sechs Millionen Menschen verfolgten den Auftaktsieg. Im Vergleich: Das erste WM-Spiel Spiel gegen Portugal der Männer sahen 2014 etwas mehr als 26 Millionen Menschen vor dem Fernseher. Wartet Fußball-Deutschland also auf die Winter-WM in Katar, wenn es eingemummelt in eine Kuscheldecke, mit Glühwein in der Hand Fußball im mittleren Osten verfolgt? Die Spiele dort werden in Stadien stattfinden, für dessen Bau tausende Menschen gestorben sind. Eine genaue Zahl zu nennen ist dabei schwer, Der Guardian spricht von 6500 toten Arbeitern seit der WM-Vergabe.
Aber nicht nur die toten Gastarbeiter sorgen für Skepsis an dieser Weltmeisterschaft. TV-Journalist Benjamin Best nannte im Interview mit unserer Redaktion Korruption, Missachtung der Menschenrechte und die mangelnde Pressefreiheit als weitere Kritikpunkte an dieser Weltmeisterschaft.
Wir sollten dieser Europameisterschaft eine Chance geben
Wer also profitiert von dieser WM neben dem Gastgeberland, das sich positive Berichterstattung erhofft? Die Fußball-Weltorganisation FIFA wird bei diesem Turnier ordentlich abkassieren. Im Jahr 2022 rechnet die FIFA laut Geschäftsbericht mit einem Ertrag von 4,6 Milliarden Euro: 2,6 Milliarden alleine durch die Vergabe der TV-Rechte, 1,3 weitere Milliarden durch Marketingrechte.
Mit 56 Prozent der Einnahmen machen die Fernsehrechte also den größten Anteil der Einnahmen aus. Zwar wird sich dadurch wohl im Großen nichts ändern, aber ein gutes Zeichen gegen den Größenwahn der FIFA wäre es schon, einfach den Fernseher auszulassen. Schließlich gibt es auch ein gutes Alternativprogramm im Sommer.
Kein Bier in den WM-Stadien in Katar?
Die Europameisterschaft der Frauen, organisiert von vom europäischen Fußballverband UEFA, findet im Mutterland des Fußballs statt. Fast 69.000 Zuschauer – so viele wie noch nie bei einem Europameisterschaftsspiel der Frauen – sorgten beim Eröffnungsspiel in Old Trafford für Stimmung. Und natürlich gibt es auch, im Gegensatz zur WM in Katar, reichlich Bier in den Arenen. In den WM-Stadien in Katar wird es nach aktuellem Stand auf den Tribünen nur alkoholfreies Bier geben, eine "Fußballkultur" sucht man dort auch vergebens.
Wie wäre es also mit Public-Viewing im Freien und einer vielversprechenden deutschen Mannschaft? Diese Europameisterschaft kann ein echtes Fußballfest werden. Geben Sie diesem Turnier und dem deutschen Team eine Chance. Dieses Team hat es verdient.
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Leider entsprechen die Leistungen der Schiedsrichter und die der Kommentatoren mehr einer karnevalistischen als sportlichen Veranstaltung.