Skandal beim Skispringen: Althaus wird wegen ihres Anzugs disqualifiziert
Beim Mixed-Wettbewerb werden gleich vier Springerinnen, darunter Katharina Althaus, wegen zu großer Anzüge disqualifiziert. Jetzt ist die Empörung riesig.
Nach der Landung hatte Katharina Althaus noch gejubelt. 104 Meter war sie gesprungen, das deutsche Mixed-Team lag aussichtsreich im Kampf um die Medaillen – bis die Nachricht einschlug, dass die Oberstdorferin wegen eines zu großen Anzugs disqualifiziert werde. Ihr Ergebnis wurde gestrichen, Deutschland musste den Wettkampf vorzeitig beenden. Die restlichen Punkte von Selina Freitag, Constantin Schmid und Karl Geiger reichten nicht, um sich mit einem Platz unter den besten acht für den zweiten Durchgang zu qualifizieren. Die Enttäuschung war riesig.
Horst Hüttel schüttelte immer wieder den Kopf. Der sportliche Leiter Skisprung konnte nicht verstehen, was da eben passiert war. Neben Althaus wurden noch Springerinnen aus Österreich, Japan und Norwegen disqualifiziert. Von vier großen Skisprungnationen also. "Das ist skandalös, was hier passiert", sagte Hüttel empört. Der Hintergrund seines Ärgers: Althaus war mit dem gleichen Anzug gesprungen, mit dem sie vor zwei Tagen die Silbermedaille im Einzel gewonnen hatte. Was vor zwei Tagen noch dem Reglement entsprochen hatte, soll nun nicht mehr passen? Hüttel bezweifelte das: "Ich glaube, dass heute mit anderen Maßstäben, auf eine andere Art und Weise kontrolliert worden ist als normal."
Doch wie ist das möglich? Die Größen für die Anzüge sind vorgegeben, eigentlich sollte kein Ermessenspielraum vorliegen. Das Anzugmaterial aber ist dehnbar, es geht um Millimeter. "Fingerspitzengefühl war schon immer gefragt, und das hat eigentlich auch immer geklappt", sagte Hüttel. Ausgerechnet bei den Olympischen Spielen aber kommt es zum Skandal. "Wir sind doch nicht bescheuert oder wollen manipulieren. Da geht es um professionelle Athletinnen, die wissen, was sie tun", ergänzte Hüttel.
Katharina Althaus: "Ich bin stinksauer, es tut richtig, richtig weh"
Althaus selbst war extrem enttäuscht. "Ich bin stinksauer, es tut richtig, richtig weh", sagte die Oberstdorferin mit tränenerstickter Stimme. Sie sei in elf Jahren Skispringen schon so oft kontrolliert worden, immer habe alles gepasst. "Ich weiß, mein Anzug hat auch diesmal gepasst", sagte sie. Eine Medaille für das deutsche Team war sehr wahrscheinlich.
"Wir sind heute super gesprungen", sagte Männer-Bundestrainer Stefan Horngacher. Umso bitterer sei die Disqualifikation. Gerade die Anzüge der deutschen Männer seien in dieser Saison häufig kontrolliert worden. Häufiger als viele Konkurrenten, betonte Horngacher. Und das von einem neuen Kontrolleur. Der Weltverband Fis wollte sein System verbessern. "Das Messungsmanagement ist aber nicht besser geworden, im Gegenteil", sagte Horngacher. Leidtragende war am Montag Katharina Althaus - und mit ihr das gesamte deutsche Mixed-Team. Und womöglich das gesamte Frauenskispringen. "Es war eine Premiere für uns Frauen, wir haben uns so über den zweiten Wettkampf bei Olympia gefreut. Die Fis hat mit dieser Aktion das Frauenskispringen zerstört. Damit macht man Nationen und Förderungen kaputt und den gesamten Sport unfair", sagte Althaus.
Ex-Bundestrainer Andreas Bauer: "Das war ein Skandal"
In ihrer Heimat Oberstdorf konnte auch Andreas Bauer nicht fassen, was da im fernen China passiert war. Der ehemalige Frauen-Bundestrainer sitzt in der Materialkommission, vor allem aber ist er Mitglied des Sprungkomitees im Weltverband. Dort wird alles rund ums Skispringen entschieden. "Das war ein Skandal", schimpfte Bauer. Bei einer olympischen Premiere solch ein Desaster sei nicht hinnehmbar. "Das müssen wir schnellstmöglich aufarbeiten und das muss Konsequenzen haben." Dass gleich vier arrivierte Athletinnen mit fehlerhaften Anzügen gesprungen sein sollen hält er für ausgeschlossen. "Da sind absolute Top-Leute dabei, die im Weltcup zigmal kontrolliert werden. Da kann man sich sicher sein, dass die Anzüge bei Olympia stimmen."
Stichprobenartig werden die Anzüge während der Qualifikation kontrolliert, gleiches gilt für den ersten Durchgang am Wettkampftag. Dazu kommen dann noch Kontrollen bei den ersten zehn in der abschließenden Ergebnisliste. "Bei Überschreitungen muss ich mit Verwarnungen arbeiten und wenn es krasse Fälle sind, dann gibt es eine Disqualifikation", sagt Bauer. Im Laufe der Weltcups würden sich so die Sportler und Kontrolleure aufeinander einstellen. Jeder gehe beim Material an die Grenze. Das geschehe aber über die Wochen im Weltcup immer auch in Zusammenarbeit mit dem Kontrolleuren, die klar kommunizieren müssten: Bis hierhin und nicht weiter.
Was nun aber in China genau passiert ist, dass plötzlich gleich reihenweise Springerinnen disqualifiziert wurden, darüber kann auch Bauer aus der Ferne nur mutmaßen. Klar sei, "dass wir diese Bilder nicht sehen wollen. Wie eine Takanashi weinend abschwingt – das ist für uns und unsere Sportart ein Desaster. Das darf den Kontrolleuren einfach nicht passieren. Das muss ich im Vorfeld im Weltcup so regeln, dass das passt und alles den Regeln entspricht."
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Skandal? Stimmt. Wohl aber bei dem Tross der unsere Olympioniken begleitet. Sie sollten doch die Regeln und Vorschriften kennen ... aber offensichtlich betrachten sie die Reise nach Peking als Urlaub.
Na hier schreibt ja ein Fachmann ...Ironie Ende
Natürlich. Im Gegensatz zu Ihnen kenne ich halt die Vorschriften, Regeln. Aber bei uns darf halt jeder mitplappern.
Ja, dann, wenn Sie die Regeln so gut kennen, dann erklären Sie uns doch bitte mal möglichst nachvollziehbar, wie es zu diesen Disqualifikationen kommen kann und warum die Fachleute, sie zu verhindern offenbar nicht im Stande sind. Dass sie Peking nur als Urlaubsreise betrachten, halte ich für keine überzeugende Einlassung.
Ganz einfach: weil es keine Fachleute sind. Martin Schmidt hats gestern auf Eurosport ziemlich klar gesagt. Ist übrigens im Netz abzurufen. Es gibt viele Regeln im Sport, da kommt es eben auf cm, wennn nicht sogar auf mm an. Abseitsregel im Fußball, Absprung beim Weitsprung => 1mm übertreten ist halt übertreten.
So, ich habe mir nun die vorhandenen Informationen angesehen. Die Sache ist wohl etwas komplexer als Sie uns hier glauben lassen wollen.
Ist mir das Skispringen, ob seiner ungleichen Bedingungen, die auch durch das neuere Reglement kaum ausgeglichen werden können, ohnehin schon suspekt gewesen so steigert sich dieses Unbehagen, nachdem ich nun mehr weiß zu den Anzügen und den Kontrollen zu ihnen.
Die Vorschriften und Regeln kennen die Verantwortlichen wohl schon. Nur werden die eben großzügiger oder weniger großzügig bis pedantisch ausgelegt. Für völlig daneben halte ich allerdings, wenn eine gängige Praxis im Weltcup bei Olympia dann nicht mehr gilt. Wenn eine Änderung der Gepflogenheiten nicht im Vorfeld deutlich angekündigt wird. Gar nicht verstehen könnte ich, wenn es tatsächlich so wäre, dass ein Anzug, der beim Einzelspringen noch den Vorschriften entsprach, dies im Teamwettbewerb nicht mehr tut. Das kann dann wohl eher weniger auf die 'Herren- und Damenausstatter' des Teams zurückzuführen sein.
Wenn, wie es kolportiert wird, schon im Weltcup teilweise gemunkelt wurde, dass die Anzüge zu groß sind - warum unternimmt dann in diesem keiner etwas - dann aber bei Olympia?
Da gibt es Zehntelentscheidungen über Sieg oder Niederlage (bei eh schon nicht gleichen äußeren Bedingungen) und dann werden sich auch noch Vorteile bei der Bekleidung verschafft?
Ich schaue es nicht mehr an. Lotterie ist noch verlässlicher, da weiß man gleich, dass es wenigstens nur Zufall ist.