Jobs bei Airbus in Gefahr - Ex-Chef Streiff rechnet mit EADS ab
Paris (dpa) - Bei Airbus wird es zu schmerzhaften Arbeitsplatzverlusten kommen. Dies kündigte der neue Airbus-Chef Louis Gallois in einem Interview mit dem französischen Sender Europe 1 an. Eine Entscheidung über die künftige Struktur des Airbus-Konzerns könnte in einigen Monaten gefällt werden. Der zurückgetretene Airbus-Chef Christian Streiff (Bild) rechnet unterdessen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber ab.
iaris (dpa) - Bei Airbus wird es zu schmerzhaften Arbeitsplatzverlusten kommen. Dies kündigte der neue Airbus-Chef Louis Gallois in einem Interview mit dem französischen Sender Europe 1 an. Eine Entscheidung über die künftige Struktur des Airbus-Konzerns könnte in einigen Monaten gefällt werden. Der zurückgetretene Airbus-Chef Christian Streiff (Bild) rechnet unterdessen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber ab.
Der neue Airbus-Chef Louis Gallois will in der Krise des europäischen Flugzeugbauers rasch durchgreifen. Er werde den Sanierungsplan "Power8" seines Vorgängers Christian Streiff "sofort" voll umsetzen, sagte Gallois im französischen Rundfunk.
Mit "Power8" sollen die Kosten binnen vier Jahren um mindestens zwei Milliarden Euro gedrückt werden. Das bedeute "Stelleneinbußen in der Verwaltung", bekräftigte Gallois. Der zurückgetretene Airbus-Chef Streiff machte Hamburg als "schwächstes Glied" für die Probleme in der A380-Fertigung verantwortlich. Die Schwierigkeiten lägen aber generell in der Organisation, sagte er der Zeitung "Le Figaro". Unterdessen wies ein Airbus-Sprecher in Hamburg Pressespekulationen zurück, dass Airbus-Deutschland-Chef Gerhard Puttfarcken vor der Ablösung steht.
Gallois versprach in dem Interview, das Sparprogramm "im Dialog und Gleichgewicht" umzusetzen. Insbesondere die Gemeinkosten sollen um 30 Prozent sinken. In der Produktion sollen keine Stellen abgebaut werden, bekräftigte er. In Frankreich wird befürchtet, dass der Stellenabbau vor allem die Airbus-Hauptverwaltung in Toulouse trifft.
Wie der am Montag zurückgetretene Streiff plädierte Gallois für den Bau des Langstreckenflugzeuges A350. Bereits "in den kommenden Wochen" wolle er das Thema vor den EADS-Verwaltungsrat bringen. Das Marktsegment der Langstreckenflugzeuge mit 200 bis 300 Plätzen mache "40 Prozent des Marktes" aus, sagte Gallois. Airbus müsse dort präsent sein. "Wir müssen neun bis zehn Milliarden Euro und die Ingenieurkapazitäten finden." Er fügte hinzu, er hoffe, dass der Militärtransporter A400M pünktlich starten werde.
Gallois machte deutlich, dass die "die Frage nach den Werken" kein Tabu sein dürfe. Die Aufgabenverteilung zwischen Hamburg und Toulouse ist umstritten. Streiff hatte die A380-Fertigung ganz nach Südfrankreich verlegen wollen, war damit aber nicht durchgekommen.
Streiff nannte in einem "Figaro"-Interview die neue Personalunion des Airbus-Chefs mit der EADS-Co-Präsidentschaft unter Gallois einen "Schritt in die richtige Richtung". Doch wenn Gallois "keine Ellenbogenfreiheit" bekomme und die Unternehmensführung sich nicht entwickele, sei die die Zukunft des Unternehmens Besorgnis erregend.
Der EADS-Großaktionär und Co-Präsident Arnaud Lagardère nannte die "Vereinfachung der Unternehmensführung eine Notwendigkeit", die er seit langem angestrebt habe. "Ich habe heute volles Vertrauen in die Zukunft von EADS und Airbus", sagte er. Der französische Wirtschaftsminister Thierry Breton erklärte: "Die Regierung hält es für eine gute Sache, nur eine Managementlinie für EADS und Airbus zu haben."
Streiff begründete seinen Rücktritt nach nur drei Monaten Amtszeit mit der Doppelführung des Konzerns, die eine Umsetzung seines Sanierungsplans nicht erlaube. Airbus müsse "Pilot im eigenen Flugzeug" sein und dürfe nicht "über EADS gesteuert" werden. "Schließlich wollte ich die nötige operative Macht." In der EADS- Führung wird Streiff vorgeworfen, bei seinem Amtsantritt die Doppelführung akzeptiert zu haben, um später mit seiner Rücktrittsdrohung eine Änderung zu erreichen. "Das wurde als Erpressung wahrgenommen", hieß es in Konzernkreisen.
Streiff betonte, das Airbus-Problem liege in der Organisation und nicht in den Nationalitäten. Für die Krise bei der A380-Fertigung sei aber das Werk Hamburg verantwortlich. "Dort ist das schwächste Glied. Doch ob es Hamburg oder Toulouse ist, das ist nicht das Problem. Das hätte auch in jedem anderen Werk passieren können."
Airbus Deutschland hat Medienspekulationen um den Rücktritt des Unternehmenschefs Gerhard Puttfarcken scharf zurückgewiesen. Ein Bericht der Tageszeitung "Die Welt" vom Dienstag entbehre jeglicher Grundlage, sagte Unternehmenssprecher Tore Prang. "Die Position von Herrn Puttfarcken steht definitiv nicht zur Disposition", ergänzte er. Nach Informationen der Zeitung, die sich auf Unternehmenskreise beruft, steht Puttfarcken vor der Ablösung. Er gehöre zu den Verantwortlichen bei Airbus, die die Probleme seit längerem erkannt und dennoch verschwiegen hätten, schreibt das Blatt.
Puttfarcken leitet Airbus Deutschland seit dreieinhalb Jahren. Hauptproblem beim Bau des Super-Airbus A380 sind die Verkabelungen in der Flugzeugkabine. Diese Arbeiten werden im Hamburger Airbus-Werk gemacht. Nach den Zeitungsinformationen hat der 59-jährige Puttfarcken mehrere Monate eine Arbeitsgruppe geleitet, die sich mit den Schwierigkeiten beschäftigt hat. Gemeinsam mit Airbus-Ingenieuren sollten 1200 Experten nach Lösungen suchen, wie die rund 500 Kilometer langen Kabelstränge in dem Großraumflugzeug untergebracht werden können. Eine Lösung sei dem Team nicht gelungen, so dass weitere Auslieferverzögerungen beim A380 angekündigt werden mussten.
EADS-Aktien haben sich am Dienstag nach dem Chef-Wechsel bei der Tochter Airbus erholt. Die Titel des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns verteuerten sich zwischenzeitlich um 3,37 Prozent auf 20,84 Euro.
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