Karstadt: Mitarbeiter in der Region fürchten um ihre Zukunft
Nachdem der Aufsichtsrat beschlossen hat, fünf weitere Standorte zu schließen, wächst die Sorge der Beschäftigten in Augsburg. Vorerst sind in der Region keine Häuser betroffen.
Recklinghausen, Bottrop, Dessau, Neumünster und Mönchengladbach-Rheydt – die fünf Karstadthäuser dort werden im Jahr 2016 zugemacht. Das beschloss gestern der Aufsichtsrat des Warenhauskonzerns. Die Gewerkschaft rechnet mit rund 540 Beschäftigten, die von dieser Entscheidung betroffen sind. Die Umsatz- und Ergebnisentwicklung dieser Standorte ist nach Angaben des Unternehmens seit Jahren negativ. Dies belaste die Gesundung des Gesamtunternehmens und aller übrigen Filialen.
Der steigende Wettbewerbsdruck durch innerstädtische Einkaufscenter zählt für den Essener Konzern, der unter anderem auch in Augsburg und Memmingen vertreten ist, „zu den gravierendsten Nachteilen“. Auch macht Karstadt „die negative Bevölkerungs- und/oder Kaufkraftentwicklung der Städte“ für die Schließung der Häuser verantwortlich. „In den meisten Fällen stehen dem keine Initiativen der Städte oder Wirtschaftsförderungsgesellschaften zur Verbesserung des innerstädtischen Handels gegenüber, so dass ein nachhaltiger Turnaround unmöglich war.“
Die Schließung ist nach Einschätzung des Karstadt-Managements ein Schritt im Rahmen der dringend notwendigen Sanierung der Warenhauskette. Mit diesem Konzept sieht sich Karstadt-Chef Stephan Fanderl auf einem „guten Weg“. Er betonte: „Ohne zum Teil sehr schmerzlichen Entscheidungen, wie die Schließung von Filialen ohne strategische Perspektive, können wir die Gesundung des Gesamtunternehmens nicht sichern.“
Wie steht es um die Filiale in der Augsburger Innenstadt?
Doch genau so ein Zukunftskonzept vermisst die Gewerkschaft Verdi. Das betonte gestern Thomas Gürlebeck, Handelsexperte bei Verdi Augsburg. Seiner Einschätzung nach sind die Beschäftigten in Augsburg verärgert und frustriert, da der Geschäftsführung nichts einfalle außer Häuser zu schließen und Stellen abzubauen. Der Standort in der Augsburger Innenstadt ist aber nach allem, was man hört, bisher offenbar nicht gefährdet. Im Gegenteil. Zuletzt war die Rede davon, dass in das Augsburger Haus investiert werde.
Investiert werden muss nach Meinung von Verdi aber vor allem in die Fachverkäufer von Karstadt. Das machte gestern im Gespräch mit unserer Zeitung Hubert Thiermeyer deutlich. Er leitet bei Verdi den Fachbereich Handel in Bayern. Neben den hervorragenden Standorten an Adressen, die andere Händler gerne hätten, zählt Thiermeyer vor allem das gut ausgebildete Fachpersonal zu den Stärken von Karstadt. „Die Mitarbeiter sind Profis in der Krise“ geworden, betont Thiermeyer, es seien aber gerade die Beschäftigten, deren Herz an ihrem Unternehmen hängt und die für dessen Zukunft kämpfen. „Jeder der Beschäftigten trägt ein Brandzeichen Karstadt auf der Haut – viele sogar auf der Stirn.“
Allerdings werden seiner Ansicht nach diese personellen Stärken vom Management nicht gesehen. Thiermeyer fordert nicht nur ein Zukunftskonzept, sondern einen „Zukunftsprozess“, an dem die Beschäftigten beteiligt sind. Schließlich seien es die Beschäftigten, die wissen, was vor Ort bei den Kunden ankommt und was nicht. Und es sei die persönliche Beratung, mit der Karstadt gegen das Internet punkten kann: „Das Internet sieht Sie nicht“, bringt es der Handelsexperte auf den Punkt. Für ihn steht fest: „Mit jeder Schließung legt man Axt an dem Kauf- und Warenhaus an und überlässt es den Mitbewerbern.“
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