Lehren aus der Corona-Krise: Soll die Globalisierung zurückgedreht werden?
Die Corona-Krise zwingt uns zumindest teilweise zum Umdenken. Aber die Internationalisierung der Wirtschaft wird bleiben.
Nach der Krise weiterzumachen wie bisher, wäre eine Ohrfeige für das Überlebensprinzip "Aufklärung". Denn "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit", wie es Kant an den Philosophenhimmel gehämmert hat.
An lehrreichen Beispielen für Fehlentwicklungen der Globalisierung mangelt es im Zuge der Corona-Krise nicht. Es wurden eklatante Missstände einer auf weltweite und profitmaximierende Arbeitsteiligkeit beruhenden Wirtschaft offenbar. Dass in Deutschland immer noch besonders wirkungsvolle Masken Mangelware sind und im Internet von Abzockern zu Mondpreisen verhökert werden, ist das Resultat einer zum Teil in die Irre gelaufenen Globalisierungspolitik.
Globalisierung: Beim Autobau bewährt - in der Medizin potenziell tödlich
Denn in den 90er Jahren nahm eine Entwicklung der radikalen Liberalisierung, Privatisierung und Globalisierung Tempo auf, die für bestimmte Bereiche eines Gemeinwesens wie die Gesundheitswirtschaft bedrohlich ist. Extreme internationale Arbeitsteilung mag sich beim Bau von Autos bewährt und weltweit Wohlstand gemehrt haben, im medizinischen Bereich kann zu radikale Globalisierung töten.
Medizinische Güter müssen vor Ort produziert werden
Deshalb muss das Rad hier zurückgedreht werden. Wichtige Arzneimittel und medizinische Produkte wie Masken, Desinfektionsmittel oder Beatmungsgeräte sind so systemrelevant wie die Menschen, die sie brauchen, um anderen zu helfen. Eine der Lehren aus der Corona-Krise ist die Renationalisierung der Produktion solcher Güter. Die Globalisierung muss um diese humane Komponente ergänzt werden. Zurückdrehen lässt sich die Entwicklung nicht. Zu viele Menschen, gerade in Asien, haben ihr den Aufstieg zu verdanken.
Globalisierung ist also nicht generell zu einer Falle geworden, wie es ein Buch von 1996 nahegelegt hat. Eine Teilfalle ist sie aber doch.
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Wenn überhaupt wird das Rad nur in Nuancen zurückgedreht werden (können). Die internationalen Verflechtungen sind einfach zu groß. Und Geld wird, nach der Ausschüttung mit dem Füllhorn, für weiter Aufgaben kaum zur Verfügung stehen., Eher werden Projekte oder Vorhaben gestrichen oder verschoben werden.
Ich stimme dem vollumfänglich zu.
Allerdings muß es erweitert werden, denn die Globalisierung kann nichts dafür, daß in der deutschen Politik in den letzten 25 Jahren verheerende Fehler gemacht worden sind, die in solchen Zeiten auf uns zurückschlagen - dazu nur zwei Beispiele:
Wir haben viel zu wenig Polizisten - aus Kostengründen. Und die, die wir noch haben, schieben Abertausende Überstunden vor sich her. Die Aussetzung der Wehrpflicht im Juli 2011 - und damit einhergehend auch des zivilen Ersatzdienstes - führte zu einem ganz erheblichen Personalrückgang, nicht nur bei der Bundeswehr (über deren Zustand ich besser nichts sage), sondern dadurch in Folge auch bei allen anderen Organisationen (u. a. Feuerwehren, THW, Rettungsdienste), die in Deutschland in das sowieso schon nicht besonders gut organisierte Katastrohenschutzwesen eingebunden sind. Das hat alles nichts mit Globalisierung zu tun, sondern mit davon völlig unabhängigen, politischen Überlegungen, denn diese Fehlentscheidungen reichen ja teilweise schon bis Mitte der 1990er-Jahre zurück. Und es ist ja auch nicht so, daß diese Zustände nicht schon seit Langem von allen möglichen Seiten immer wieder kritisiert worden wären - nur tun die tausenden Damen und Herren Abgeordneten im Bundestag und in den Länder-Parlamenten dafür schon seit unzähligen Jahren - nichts!
Ich kann nur hoffen, daß die Corona-Krise zu schonungslosen Aufarbeitungen führt, welche Sicherheits-, Katastophenschutz- und Gesundheitsschutz-Defizite wir in diesem, unserem Lande aufgebaut haben - und, daß wir sie dann unverzüglich abbauen!