Der Mann, der alle in die Tasche steckt
Der Mann, der Opel retten soll, muss ein zufriedener Mensch sein. "Es ist leichter, glücklich zu sein", sagt Frank Stronach, "wenn man ein bisserl Geld besitzt." Von Rudi Wais
Berlin Der Mann, der Opel retten soll, muss ein zufriedener Mensch sein. "Es ist leichter, glücklich zu sein", sagt Frank Stronach, "wenn man ein bisserl Geld besitzt."
In seinem Fall ist dieses bisserl Privatvermögen geschätzte 1,5 Milliarden Euro schwer und pikanterweise unter Mithilfe von General Motors entstanden. Ende der fünfziger Jahre nämlich ordert der Mutterkonzern von Opel bei Stronachs kanadischer Firma Multimatic spezielle Metallteile zur Befestigung von Sonnenblenden im Wert von 30 000 Dollar: Es ist der erste große Auftrag für die kleine Werkstatt des Einwanderers aus der Steiermark.
Mehr als 70 000 Mitarbeiter in 25 Ländern, 18 Milliarden Euro Jahresumsatz: Heute ist Stronachs Magna-Konzern nach Bosch und der Toyota-Tochter Denso der drittgrößte Autozulieferer der Welt. In den Werken des 76-Jährigen werden auch ganze Fahrzeugreihen gebaut: der BMW X 3, der Peugeot 308 Coupé, der Porsche Boxster. Dass Magna nur 20 Prozent an Opel übernehmen und 35 Prozent zwei russischen Partnern überlassen will, begründet Stronach auch damit: "Wir wollen nicht Konkurrent unserer eigenen Kunden werden."
In seiner Heimat, der Steiermark, ist nur Arnold Schwarzenegger bekannter als er: Frank Stronach, aufgebrochen nach Übersee, zurückgekehrt, um eine Steirerin zu heiraten, ein Sohn, eine Tochter: Das ist der Wirklichkeit gewordene Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär. Ja, mehr noch: zum Milliardär.
Unter den Bauerkindern in Kleinsemmering ist Franz Strohsack, wie der Bub aus der Barackensiedlung da noch heißt, ein Außenseiter, ein Schmuddelkind: Gelegenheitsarbeiterin die Mutter, Kommunist der Vater. Nach einer Lehre als Werkzeugmacher verzichtet der junge Franz mit 22 auf die bescheidene Sicherheit eines österreichischen Arbeiterlebens und heuert auf einem Dampfer nach Kanada an. Er wäscht Teller in einer Klinik, spricht kaum Englisch, kauft sich aber mit einem 1000-Dollar-Kredit eine Drehbank. 1969 legt er dann das Fundament für einen Weltkonzern, als er seine Firma mit dem Konkurrenten Magna fusioniert.
Ende der achtziger Jahre kehrt Stronach zurück nach Österreich und stellt fest, dass Geld alleine womöglich doch nicht glücklich macht. Der Versuch, in seiner Heimat einen riesigen Vergnügungspark zu bauen, scheitert ebenso wie der Einstieg beim Stahlkonzern Voest Alpine. Stronach aber lässt sich nicht entmutigen. Er stampft zwei Nummern kleiner doch noch sein Freizeitzentrum aus dem steirischen Boden und eine Pferderennbahn gleich dazu, er spendiert dem Wiener Musikverein vier neue Konzertsäle und dem darniederliegenden österreichischen Fußball eine Nachwuchsakademie.
In den Traditionsklub Austria Wien pumpt er Millionen, scheitert aber an den Fans, denen der Erfolg zu dürftig ist und der Mäzen zu dominant. Darauf gründet Stronach seinen eigenen Verein, den SC Magna Wiener Neustadt, besorgt sich eine Profilizenz und steigt sofort von der zweiten in die erste Liga auf.
Auch im Geschäft mit Autoteilen und ganzen Automobilen spielt Stronach ungern in der zweiten Liga. In seinen Aufsichtsrat hat er sich den österreichischen Altkanzler Franz Vranitzky und den ehemaligen Weltbank-Präsidenten James Wolfensohn geholt - und auch die Zukunft von Opel ist selbstredend erstklassig: "Eine Weltmarke." Große Hoffnungen auf kollegiale Milde allerdings sollten die Arbeiter dort nicht in den ehemaligen Industriearbeiter setzen, auch wenn der seine Belegschaft am Gewinn beteiligt und behauptet, er denke laufend darüber nach, wie er das Herz der Arbeiter gewinnen könne: Seinen österreichischen Beschäftigten hat Stronach gerade einen Gehaltsverzicht von 20 Prozent abgepresst.
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