Chinesen lieben das Allgäu
Der Tourismus boomt wie nie zuvor. Reiseweltmeister sind die Chinesen, die besonders gerne das Allgäu besuchen. Das liegt nicht nur an Schloss Neuschwanstein.
Das Fernweh der Deutschen ist heuer groß wie lange nicht mehr, doch Reiseweltmeister sind sie nicht mehr. Den Titel haben ihnen die Chinesen abgejagt, gefolgt von den Amerikanern. Weltweit boomt der Tourismus wie nie zuvor. Im vergangenen Jahr wurde erstmals die Schwelle von einer Milliarde Urlauber überschritten, teilt die Welttourismusorganisation UNWTO mit.
Wenn mittlerweile weltweit eine Milliarde Menschen auf Reisen gehen, sind das 45 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Ein Ende des Wachstums ist derzeit nicht abzusehen. Laut Berechnungen der UNWTO soll die Zahl der Touristen bis 2020 im Schnitt jährlich um 3,8 Prozent wachsen. 2030 werden dann 1,8 Milliarden Touristen unterwegs sein.
ITB: Geschäftsleute wollen chinesische Kontakte knüpfen
Die globale Reiselust ist eines der großen Themen auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB), die am Mittwoch in Berlin startet. Bei diesem weltgrößten Branchentreffen werden nicht nur Neuheiten für Urlauber präsentiert. Geschäftsleute werden Kontakte knüpfen, um rechtzeitig von der neuen Reiselust der Chinesen profitieren zu können.
Ein Thema, das auch im Allgäu immer größere Bedeutung gewinnt. Denn vor allem die sogenannten BRIC-Staaten, also Brasilien, Russland, Indien und China, gelten als Zugpferde für den globalen Urlaubsmarkt. Und hier allen voran die Chinesen. Allein im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres packte 20 Prozent mehr Chinesen die Neugierde auf fremde Länder als noch 2011.
400 Millionen Übernachtungen in Deutschland
Eine Folge der politischen Veränderungen und des zunehmenden Wohlstands. Doch noch gehen vor allem Geschäftsleute und Funktionäre auf Reisen. Der Tourismus in Deutschland profitiert von der weltweiten Reiselust. Einen erheblichen Anteil am diesjährigen Rekordergebnis von 400 Millionen Übernachtungen haben die 68,8 Millionen Übernachtungen aus dem Ausland, so eine Auswertung der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT), die auf der ITB präsentiert wird.
Vor allem europäische Urlauber verbringen ihre Ferien in Deutschland, doch die Zahl der Gäste aus den BRIC-Staaten wächst kontinuierlich. „Bis 2020 wollen wir die 80-Millionen-Marke bei den internationalen Übernachtungen knacken“, betont Petra Hedorfer. Die Augsburgerin ist Vorstandsvorsitzende der DZT. Insgesamt liege die Beliebtheit Deutschlands bei ausländischen Touristen deutlich über Welt- und Europa-Niveau.
Neuschwanstein ist Teil einer klassischen Europa-Rundreise
Auch das Allgäu trägt dazu seinen Anteil bei. Denn an der Rennstrecke des Massentourismus liegt Füssen mit Schloss Neuschwanstein, bedeutender Baustein einer klassischen Europa-Rundreise asiatischer Reisegruppen. Die durchschnittliche Verweildauer einer chinesischen Gruppe in Füssen beträgt dann auch 1,1 Tage.
Die Gruppen kommen spätabends an, essen zu Abend, machen in der Früh ein paar Fotos, frühstücken, besichtigen das Schloss und fahren zum nächsten Ziel, München oder Rothenburg. „Das ist Effizienz-Tourismus vom Feinsten“, so der Füssener Tourismusdirektor Stefan Fredlmeier.
34.000 Chinesen besuchten Füssen im vergangenen Jahr
Um gut 50 Prozent ist der Anteil der chinesischen Touristen in Füssen im vergangenen Jahr gestiegen. Das deckt sich mit den Zahlen, die Allgäu Tourismus nennt. Vergangenes Jahr machten 34.000 Chinesen eine Stippvisite in der deutschen Alpenregion, 2011 waren es noch 16.000. Und zum Vergleich: 2007 waren es rund 11.600 Urlauber aus dem Reich der Mitte. Allerdings sind die chinesischen Gäste bei insgesamt 3,4 Millionen Touristen im Allgäu noch ein vergleichsweise kleines Urlaubsgrüppchen.
Tourismusdirektor Fredlmeier sieht Wachstumspotenzial. Es müsse aber auch immer Hotels geben, die diese „besondere Form“ des Tourismus können. „Das ist nicht jedermanns Ding“. Man müsse viel über die Bedürfnisse unterschiedlicher, internationaler Reisegruppen wissen.
Zwei Hotels in Füssen bedienen den asiatischen Markt, weitere gebe es in Schwangau. Sein Ziel sei es allerdings, nachhaltigeren Tourismus in Füssen zu fördern. „Doch den Spagat machen wir gerne.“ Immerhin: Jeder zehnte chinesische Tourist bleibt einen zweiten Tag.
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