Notenbank erhöht die Zinsen: Was bedeutet das für Wirtschaft und Verbraucher?
Während in den USA die Zinserhöhungen wohl vorerst zu einem Ende gekommen sind, will die Europäische Zentralbank weitermachen. Das hat Folgen für Inflation und Konjunktur.
Die beiden großen Zentralbanken Amerikas und Europas haben ihre Leitzinsen angehoben. Während in den Vereinigten Staaten wohl der Gipfel erreicht ist, sieht in der Eurozone alles nach weiteren Erhöhungen aus. Das hat unterschiedliche Folgen für die beiden Wirtschaftsräume, die miteinander verflochten sind.
Welche Folgen hat das für die Verbraucher?
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und ihr europäisches Gegenstück EZB haben die Zinsen angehoben, um der Inflation die Wucht zu nehmen. Nehmen die Notenbanker die Zinsen nach oben, wird es für die Banken teurer, sich bei ihnen Geld zu leihen. Das führt dazu, dass Unternehmen und Verbraucher mehr für Kredite zahlen müssen. Folglich werden sich weniger Firmen entscheiden, eine neue Maschine anzuschaffen oder sich eine Familie den Traum vom eigenen Häuschen nicht leisten können. Das senkt die wirtschaftliche Aktivität, der Preisdruck lässt nach. Der Preis dafür ist, dass das Wachstum darunter leidet.
Wie sieht es genau in Europa aus?
In den Euroländern greift der Mechanismus zur Zähmung der Inflation noch nicht richtig. Im April hatte die Teuerung wider Erwarten leicht auf 7 Prozent zugelegt. Die EZB hat sich deshalb am Donnerstag entschlossen, den Leitzins um 0,25 Prozentpunkt anzuheben. Er steht jetzt bei 3,75 Prozent. Es war die siebte Erhöhung in Folge. Die Währungshüter haben allerdings das Problem, dass die Inflation in den Ländern weit auseinanderklafft – von 2,7 Prozent in Luxemburg bis 15 Prozent in Lettland. In Deutschland ist sie zuletzt gefallen und lag im April bei 7,2 Prozent. EZB-Präsidentin Christine Lagarde kündigte an, dass sie die Zinsen weiter anheben will. „Wir machen keine Pause. Das ist sehr klar“, sagte die Französin. Für Deutschland rechnen die Volkswirte im laufenden Jahr mit einer Steigerung der Lebenshaltungskosten von durchschnittlich immer noch rund 6 Prozent.
Und in den USA?
In den USA lag die Inflation im Jahresdurchschnitt 2022 bei 8 Prozent, für das laufende Jahr lauten die Vorhersagen der Konjunkturexperten auf 4,5 Prozent. Fed-Chef Jerome Powell hat den Leitzins in steilen Schritten nach oben gesetzt. Bei der Sitzung des Währungshüters kamen am Mittwoch noch einmal 0,25 Prozentpunkte hinzu, sodass der Schlüsselsatz im Korridor von 5 bis 5,25 Prozent stieg. Das ist der höchste Stand seit 2007. Powell schloss zwar weitere Zinsschritte nicht aus, aber seine Erläuterungen deuten viel mehr auf eine Pause hin.
Was heißt das für Sparer in Deutschland?
Die Niedrigzinsphase hatte zur Folge, dass es für Bankguthaben keine Zinsen mehr gab und für höhere Summen sogar Strafzinsen fällig wurden. Das hat sich wegen der Zinserhöhungen geändert. Strafgebühren sind weitestgehend abgeschafft und es gibt sogar wieder Zinsen auf Tagesgeld. An der Spitze stehen bei unterschiedlichen Monatslaufzeiten die Barclays-Bank und die Volkswagen Bank mit je 3,1 Prozent, gefolgt von den Geldhäusern ING, Santander und Consorsbank mit je 3,0 Prozent. Trotz dieser in den Vergleich zu den Magerjahren ansehnlichen Zinsen verlieren Sparer damit wegen der höheren Inflation real an Kaufkraft.
Was heißt das für Anleger an den Börsen?
Generell gilt, dass steil steigende Leitzinsen Geld von den Aktienmärkten in Staatsanleihen umlenken. Ganz ähnlich wie für Häuslebauer verteuern sich auch für die Finanzminister die Kredite. Für Investoren ist der Kauf von Anleihen mit sicherer Bonität, wie zum Beispiel aus Deutschland, den USA und der Schweiz, weniger riskant als der Kauf von Aktien, die stärker schwanken. Kommt nun wie im Amerika der Zinszyklus an sein Ende, könnte wieder mehr Geld in Aktien fließen, was die Kurse steigen lassen würden. In Deutschland hat sich der DAX trotz der anstehenden Zinsschritte der EZB in den zurückliegenden Monaten fulminant erholt und steht aktuell zwischen 15.500 und 16.000 Punkten. Das entspricht dem Niveau vor dem Krieg in der Ukraine. Die Volkswirte der LBBW prognostizieren, dass der DAX sein jetziges Niveau halten kann und das Jahr bei einem Stand von 16.000 Punkten beschließt. Anleger, die jetzt Aktien der DAX-Unternehmen kaufen, können also nicht zwingend kurzfristig auf große Kursgewinne setzen.
Was heißt das für die Konjunktur?
Höhere Leitzinsen bremsen zwar die Inflation, aber eben auch das Wirtschaftswachstum. In den USA versucht sich FED-Chef Powell an einer weichen Landung, die einen Abschwung vermeidet. Volkswirte glauben, dass es ihm gelingen könnte. Für das Gesamtjahr rechnen sie mit einem Wachstum von 0,8 Prozent. Deutschland ist in ähnlichem Tempo unterwegs. Die Bundesregierung rechnet mit einem Plus von 0,4 Prozent. Angesichts der Horrorszenarien aus dem vergangenen Jahr, als ein Gasmangel befürchtet wurde, ist der Mini-Wachstum allerdings ein Erfolg.
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