Maria-Elisabeth Schaeffler: Eine große Unternehmerin, die sich fast ruiniert hätte
Beinahe hätte Maria-Elisabeth Schaeffler einst ihr Familienimperium in den Bankrott gestürzt. Doch in den schwierigsten Momenten hat sie Verantwortung übernommen.
Manchmal ist es nur eine Anekdote, ein Fehler, eine Heldentat, die darüber entscheiden, was man sich später mal über eine Person erzählen wird. Im Fall von Maria-Elisabeth Schaeffler könnte diese eine Geschichte im Jahr 2008 spielen. Die Chefin des Autozuliefererkonzerns aus dem fränkischen Herzogenaurach plant einen spektakulären Coup. Schaeffler will den wesentlich größeren Konkurrenten Continental schlucken und kauft massenweise Aktien.
Doch als die Bankenkrise die Börsen beben lässt, gerät die waghalsige Finanzierung des Deals ins Wanken – und treibt beide Firmen an den Rand des Bankrotts. Aus der bewunderten Strategin – halb spöttisch, halb anerkennend die "listige Witwe" genannt – wird in der öffentlichen Wahrnehmung plötzlich eine größenwahnsinnige Milliardärin, die sich verzockt hat.
Mit der geplanten Übernahme von Continental hatte sich Schaeffler übernommen
Es ist die Zeit der großen staatlichen Rettungsmanöver. Auch der oft unterschätzte Riesenkonzern Schaeffler gilt jetzt als systemrelevant. Schließlich droht eine der größten Pleiten der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Bayern will helfen, doch es regt sich Widerstand. "Man kann nicht im Nerzmantel nach Staatshilfe rufen", schimpft Olaf Scholz. Der ist damals Bundesarbeitsminister und spielt auf ein Foto an, das viele Deutsche in Wallung bringt. Maria-Elisabeth Schaeffler feiert mit ihrem Sohn im österreichischen Nobelskiort Kitzbühel, während zehntausende Beschäftigte um ihre Zukunft bangen.
Ist er das nun, dieser eine Moment, der von ihr in Erinnerung bleiben wird? Es kommt anders. Dass die inzwischen 81-Jährige, die gerade ihren Rückzug aus dem Aufsichtsrat angekündigt hat, heute als "große Unternehmerin" geadelt wird, hat sie vor allem dem Umstand zu verdanken, dass der Wirtschaftskrimi einigermaßen glimpflich ausgeht. Die Schaeffler-Gruppe zieht sich letztlich selbst aus dem Schlamassel - ohne Geld des Steuerzahlers, der damals schon reihenweise Banken retten muss. Die schillernde Matriarchin selbst verliert zwar viel Geld, gehört aber immer noch zu den reichsten Deutschen. Und das Familienimperium, das sie über Jahrzehnte geprägt hat, ist heute börsennotiert - und wieder sehr erfolgreich.
Als ihr Mann stirbt, rückt Maria-Elisabeth Schaeffler an die Konzernspitze
Geboren in Prag, aufgewachsen in Wien, ist es die Liebe, die Maria-Elisabeth in den 60ern nach Franken verschlägt. Eigentlich wollte sie Ärztin werden. Doch sie gibt ihre Pläne auf und steht ihrem Mann Georg Schaeffler zur Seite, der damals mit der Herstellung von Getriebeteilen den Grundstein für einen Weltkonzern legt. Der Betrieb wächst rasant und die Familie wird steinreich. Doch 1996 trifft ein Schicksalsschlag Maria-Elisabeth Schaeffler. Ihr Mann stirbt, Sohn Georg F.W. Schaeffler war in die USA gezogen, und sie steht mit 55 Jahren plötzlich allein an der Spitze des Unternehmens. Sie stellt sich entschlossen und diszipliniert der Verantwortung - und straft alle Lügen, die ihr nicht zugetraut hatten, dieser Aufgabe gewachsen zu sein.
Die Opernliebhaberin, die stets Wert auf elegantes Auftreten legt, gehört zur High Society, behält aber den Bezug zur Belegschaft - der "Schaeffler-Familie", wie sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne nennt. Das operative Geschäft übergibt sie an ihren Sohn, bleibt aber im Aufsichtsrat. Sie heiratet ein zweites Mal. Mit dem früheren Industrie-Präsidenten Jürgen Thumann lebt sie bis zu dessen Tod im vergangenen Sommer in Kitzbühel. Wenn Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann bei der Jahreshauptversammlung im April ihr Mandat im Aufsichtsrat abgibt, wird sie nicht als Hasardeurin in die Geschichte eingehen, die beinahe das Familienimperium ruiniert hätte, sondern als eine Frau, die das Unternehmen durch Höhen und Tiefen geführt hat.
Die Diskussion ist geschlossen.