Zecken auch im Winter gefährlich: Wie hoch ist das Borreliose-Risiko?
Die Augsburger BCA-Clinic beschäftigt sich mit Erkrankungen durch Zecken und hat jetzt Exemplare aus Schwaben untersucht. Wie viele tragen den Borrelien-Erreger in sich?
Bislang musste man sich vor Zecken vor allem im Sommer in Acht nehmen. Inzwischen werden die kleinen Spinnentiere auch im Winter gefährlich. Weil sie wechselwarm sind, werden sie schon bei Temperaturen über der Frostgrenze aktiv, wenn die Sonne scheint, erläutert Christina Daschkin von der Augsburger BCA-Clinic. Das bedeutet, dass man sich auch im Raum Augsburg im Winter über Zeckenstiche mit Krankheiten wie Borreliose anstecken kann.
Daschkin verweist auf verschiedene biologische Studien weltweit. Diese kommen zu dem Ergebnis, dass Zecken in milden Wintern nicht nur immer weiter nördlich aktiv sind, sondern auch immer länger und immer früher im Jahr. Auch in Augsburg und dem Umland seien die kleinen Blutsauger, je nach Jahreszeit und Witterung, sehr aktiv.
BCA-Clinic möchte Zeckenlandkarte erstellen
Die BCA-Clinic hat sich auf komplizierte und chronische Krankheitsbilder im Zusammenhang mit Borreliose spezialisiert. Dort wird derzeit genauer erforscht, wie sich in Schwaben die Lage bei Zecken entwickelt und wie viele Borrelien-Erreger diese in sich tragen. Ziel ist, eine Zeckenlandkarte zu erstellen.
Deshalb wurde im März die Bevölkerung in Schwaben aufgerufen, Zecken einzusenden, die an Menschen, Hunden und Katzen gefunden wurden. Mit der Beteiligung an der Aktion ist Daschkin sehr zufrieden. Insgesamt gingen 340 Zecken ein, vor allem aus dem Raum Augsburg. 112 wurden inzwischen im Labor untersucht. Ergebnis: Rund 18 Prozent von ihnen trugen Borrelien in sich. „Damit liegt der Raum Augsburg bundesweit im Mittelfeld“, sagt Daschkin. In Deutschland liegt die Quote nach Angaben des Robert-Koch-Instituts zwischen fünf und 35 Prozent.
Die Einsender aus Schwaben haben Zecken vorwiegend an Waldrändern und im hohen Gras gefunden. Daschkin verweist aber auf eine Studie der Universität Hohenheim vom vergangenen Jahr, wonach die Spinnentiere auch in gepflegten Hausgärten zu finden sind. Doch wo genau lauern die gefährlichen Exemplare mit Krankheitserregern?
Bei der regionalen Verteilung der infizierten Zecken in und um Augsburg stellten die Mitarbeiter der BCA-Clinic keine Auffälligkeiten fest. Es gab keine besonderen Häufungen an bestimmten Orten. Nachgewiesen wurden vor allem Borrelienarten, die in der Region als üblich gelten.
Nur Zecken übertragen Borreliose
Nach heutigem Kenntnisstand wird Borreliose ausschließlich durch Zeckenstiche übertragen. Das Risiko, sich anzustecken, hängt laut Daschkin von verschiedenen Faktoren ab. Zum Beispiel davon, wie lange die Zecke Blut saugen konnte. Die Bakterien können eine Vielzahl von Schädigungen beim Menschen auslösen, wie der Ärztliche Leiter der Clinic, Carsten Nicolaus, erläutert: angefangen bei Lähmungen im Gesicht oder Schulterbereich über Herzerkrankungen oder Leberschäden bis hin zur Erblindung.
Oft treten die Infektionsfolgen erst nach mehreren Jahren auf. Dann wird der Zeckenbiss als Ursache oft gar nicht mehr in Betracht gezogen. Die Erkrankung kann in Schüben verlaufen, ähnlich der Multiplen Sklerose, und ein dauerhaftes Krankheitsbild ergeben. Bei frühzeitiger Behandlung kann die Borreliose dagegen vollständig geheilt werden, sagt der Mediziner.
In der Augsburger BCA-Clinic sind noch weitere Untersuchungen geplant, etwa zu Co-Infektionen der Zecken. Die Auswertungen werden laut Daschkin aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Infotag: Am Samstag, 29. Oktober, gibt es von 14 bis 17 Uhr einen Informationstag in der BCA-Clinic und im BCA-Labor in der Morellstraße 33. Um 14.30 Uhr steht ein Vortrag von Dr. Carsten Nicolaus über Borreliose auf dem Programm, ein weiterer Vortrag folgt um 15.30 Uhr.
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