Stadtbergen verliert Einwohner und klagt
Geht es nach der neuen Bevölkerungsschätzung, verliert Stadtbergen 430 Einwohner. Die Stadt klagt nun gegen das Ergebnis – und ist damit nicht alleine.
Dass eine Stadt innerhalb eines Tages um 430 Einwohner schrumpft, dürfte Seltenheitswert haben. In Stadtbergen ist aber genau das passiert. Der Grund dafür ist die neue Bevölkerungsschätzung auf Basis des Zensus-Verfahrens. Für Stadtbergen, das erst im Jahr 2007 zur Stadt ernannt wurde, hat dies weitreichende Auswirkungen: Laut Hauptamtsleiter Holger Klug bedeutet dies fehlende Einnahmen bei der Schlüsselzuweisung in Höhe von etwa einer halben Million Euro. Es ist ein schmerzhafter Einschnitt in die klamme Stadtberger Kasse – so schmerzhaft, dass der Stadtrat nun einstimmig beschloss, gegen den Feststellungsbeschluss zu klagen.
Auch Königsbrunn hat Klage eingelegt
Hauptamtsleiter Holger Klug gab zwar zu bedenken, dass die Erfolgsaussichten „eher gering“ sind. Indem sie die Klage innerhalb eines Monats nach Erhalt des Feststellungsbeschlusses einreicht, hält sich die Stadt aber die Möglichkeit offen, weitere juristische Schritte einzuleiten. „Für die Klagebegründung haben wir dann einige Monate Zeit“, sagte Klug. Stadtbergen befindet sich damit offenbar in bester Gesellschaft: Laut Auskunft des Verwaltungsgerichts hat auch die Stadt Königsbrunn Klage gegen das Zensusverfahren eingelegt. Die Stadtverwaltung in Schwabmünchen sagte gegenüber unserer Zeitung, dass derzeit juristische Schritte geprüft werden. Kommt es auch hier zur Klage, legen drei von sechs Städten im Landkreis Beschwerde gegen die neue Bevölkerungsschätzung ein.
Zum Hintergrund: Bislang wurden die Bevölkerungszahlen auf Basis der Volkszählung aus dem Jahr 1987 und den Daten der kommunalen Einwohnermeldeämter erhoben. Um der Bevölkerung eine neue Volkszählung zu ersparen, wurden nun nicht alle Bürger, sondern nur zehn Prozent davon stichprobenartig befragt. Daran entzündet sich jedoch auch Kritik. Stadtbergens Bürgermeister Paul Metz (CSU) etwa beklagt, dass die Befragung nicht transparent ist: „Hier wird einer anonymen Umfrage mehr Vertrauen geschenkt als unseren Meldeämtern.“
Die Statistiker halten dagegen: Die bisherigen Einwohnerzahlen seien wegen vieler „Karteileichen“ ungenau gewesen. Viele Bürger haben beim Umzug von einem Ort in den anderen sich nicht umgemeldet. Auch Tote seien nicht aus allen Registern gelöscht worden.
Bayernweit prüfen 20 Kommunen eine Klage gegen den Zensus
Wie viele Kommunen in Bayern gegen Zensus klagen werden, ist bislang noch nicht bekannt. Beim Bayerischen Städtetag haben sich 20 von 270 Mitgliedern nach der Möglichkeit erkundigt, 100 Kommunen haben schon gegen die Zählweise Einspruch erhoben. Städtetags-Sprecher Achim Sing erklärt: „Wir versuchen die Kommunen auf dem Klageweg zu begleiten.“ Ein Urteil über die neue Bevölkerungsschätzung will man beim Städtetag nicht abgeben. „Es gibt auch Städte, deren Einwohnerzahl nach dem Zensus gestiegen ist. Kempten ist so ein Beispiel“, sagt Sing. "
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