
Kolpingsfamilie nimmt Geschichtsunterricht im Gelände

Das KZ Gablingen hat großes Interesse der Gersthofer geweckt. Reinald Schlosser erläutert seine Forschungsergebnisse
Gablingen Sehr überrascht über die Funde des KZ Gablingens war ein junges Paar: „So nahe bei Gersthofen und wir wissen fast nichts darüber.“ Die Teilnehmer waren froh, Augenzeugen dieses „Geschichtsunterrichtes im Gelände“ geworden zu sein. Die einzige Führung im KZ-Gablingen, des Dachauer Außenlagers 14/5a-4, die vom Bürgermeister Gablingens genehmigt wurde, hatte Rudi Straub, Vorstandsmitglied der Kolpingsfamlie Gersthofen, organisiert.
Reinald Schlosser aus Gersthofen suchte sehr engagiert seit 1996 dieses Gelände eines ehemaligen Konzentrationslagers oder anderweitig genutzten Areals und entdeckte ab 2004 viele Fundstücke. Sehr detailliert dokumentiert er seither vieles in Wort und Bild.
„Da fand ich zum Beispiel Scherben eines Bürgerbräu-Steingutkruges, eine Scherbe mit dem Falken-Symbol von Messerschmitt, ein Tintenfässchen samt Tinte, vielleicht aus einer Schreibstube. Keramikscherben von sehr massivem Geschirr der Manufaktur Hutschenreuther traten zutage, die den Stempel ‚Modell des Amtes Schönheit der Arbeit‘ mit Hakenkreuz tragen“, berichtete Schlosser. „Wie Blätterteig sah das Eisen eines Bajonettes aus“, informierte er.
Bis zu 1000 Häftlinge in Baracken gepfercht
Während des Ersten Weltkrieges war dort angrenzend ein Militärflugplatz, in dem das Unternehmen Messerschmitt, Augsburg-Haunstetten ab 1942 Materialien lagerte und eine Reparaturwerkstatt samt Erprobungsstelle und Testflugplatz betrieb.
KZ-Häftlinge, die für die Rüstungsindustrie arbeiten sollten, wurden in primitiven Holzbaracken untergebracht. Die SS verwaltete das Areal unter dem Namen „Dachauer Außenlager 14/5a-4 Messerschmitt AG Augsburg, Gablingen“. Das streng bewachte Lager war vermutlich von Januar bis April 1944 als KZ genutzt worden. Nach der Bombardierung des KZ-Außenlagers Haunstetten wurden insgesamt etwa 1000 Häftlinge in die Baracken gepfercht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg besiedelten einige vertriebene Familien das Areal. Reinald Schlosser informierte: „Die Menschen trugen aus den Überresten alles für den Aufbau einiger Gebäude zusammen. Zum Überleben pflanzten sie Gemüse und hielten Haustiere. Fichten wurden reihenweise gepflanzt. Strom aus dem öffentlichen Netz gab es dort erst wieder ab den 1970er-Jahren“. Auf dem jetzigen Gelände, dessen geplante Bebauung noch zurückgestellt wurde, sieht man keine Bäume mehr, von den Häusern existieren nur noch Fundamente, betonierte Bodenplatten, Kellerabgänge und -räume.
Reinald Schlosser führte die Kolpingsmitglieder über das ganze Grundstück. Im Osten vorbei an ehemaligen Waschhäusern, wo heute noch die Wasserrohranschlüsse zu sehen sind. Im Betonboden waren Abflüsse – es soll Entlausungbecken gegeben haben. Eine Latrinenanlage mit Ablaufrinnen ist zu erkennen. In einem später gebauten Bungalow fand man eine für Eigenzwecke zusammengebaute Baracke.(db)
Buch und Kontakt Umfassend kann man sich im Buch von Reinald Schlosser „KZ Gablingen“ informieren oder per E-Mail unter Reinald.Schlosser@gmx.de mit ihm in Kontakt treten.
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