
Immobilienunternehmen warnen: Zu viele Regelungen verhindern neue Wohnungen

Plus Bauträger und Projektentwickler aus Augsburg beklagen zu viele Vorgaben. Sozialpolitik und Klimaschutz seien wichtig, dürften aber den Wohnungsbau nicht verhindern.

Die Augsburger Immobilienwirtschaft fordert von der Stadtpolitik mehr Mitsprachemöglichkeiten, was städtische Vorgaben beim Bau betrifft. Andernfalls drohten Verzögerungen und Widerstände bei Projekten und auch im Wohnungsbau, heißt es in einem Schreiben des "Aktivkreises Immobilien", in dem sich zahlreiche Immobilienunternehmen zusammengeschlossen haben, an Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU). Vor diesem Hintergrund rege man einen Beirat an, um frühzeitig in städtische Überlegungen einbezogen werden zu können. Zuletzt hatte die Stadtpolitik Regelungen wie die Sozialquote im Wohnungsbau oder die Stellplatzsatzung mit mehr Platz für Räder und Lastenräder gegen massive Bedenken aus der Immobilienwirtschaft beschlossen.
Inzwischen, so Stephan Deurer, Sprecher des Aktivkreises und Chef der Firma Eco Office, würden den Firmen immer mehr Vorgaben aufgebürdet. "Die Immobilienwirtschaft soll alle Probleme der Menschheit lösen, und das soll möglichst nichts kosten", so Deurer. "In der privaten Wohnungsbauwirtschaft haben wir den Eindruck, dass die weitverbreitete Meinung vorherrscht, dass wir Gelddruckmaschinen im Keller haben", so Deurer. In Augsburg sei man davon aber weit entfernt. "Bei uns wachsen die Bäume auch bis auf Weiteres auf Buschhöhe." Angesichts der allgemeinen Lage mit Baupreisen, Kreditzinsen und Inflation seien finanzielle Spielräume, die Platz für Wünsche ließen, ziemlich zusammengeschmolzen. Zuletzt gingen Unternehmen auch dazu über, Projekte auf Eis zu legen, um die weitere Entwicklung auf dem Markt abzuwarten.
Augsburger Immobilienwirtschaft äußert Kritik an der Sozialquote
Aus sozialpolitischen und klimaökologischen Gründen hatte der Stadtrat Bauherren in den vergangenen Jahren mehrere Vorgaben in Neubaugebieten gemacht. So gibt es die Verpflichtung, in neuen Baugebieten mindestens 30 Prozent der Wohnungen als geförderte Sozialwohnungen zu bauen, um auch preisgünstiges Wohnen zu ermöglichen. In der Praxis gibt es bei den neuen geförderten Wohnungen aber mitunter Probleme, genug Interessenten aus der oberen Einkommensklasse (in diesen Wohnungen gibt es eine einkommensgestaffelte Belegung) zu finden, weil die Grundrisse den infrage kommenden Mietern und Mieterinnen zu klein sind. Diese Probleme, so der Aktivkreis, habe man kommen sehen. Mitunter würden Projekte durch "regulatorische Komplexitäten" erheblich ausgebremst. Zuletzt hatte die Stadt auch eine Solarpflicht bei Neubauten und eine geänderte Stellplatzsatzung zur Förderung des Radverkehrs beschlossen, denkbar sind deutlich strengere energetische Vorgaben auch für private Bauherren sowie eine Satzung für Außenanlagen (Stichwort Kiesgärten), um Klima und Ökologie zu schützen.
Deurer sagt, man stelle sich nicht prinzipiell gegen derartige Überlegungen. Immobilien seien prägend für eine Stadt und das Leben ihrer Bewohner und Bewohnerinnen, darum seien hohe Maßstäbe wichtig. Dem "Härtetest in der Praxis" hielten aber nicht alle Regeln stand, zudem liege die Latte gemessen an den wirtschaftlichen Möglichkeiten inzwischen zu hoch. Der Wohnungsbau werde – abgesehen von der Städtischen Wohnbaugruppe, kirchlichen Trägern und Genossenschaften – von der privaten Wohnungsbauwirtschaft gestemmt. Deren Sorgen müsse die Politik auch zur Kenntnis nehmen. Inzwischen gebe es mit der Stadtspitze und den Fraktionen aber einen Dialog. Nötig sei auch eine Beschleunigung von Entscheidungen in der städtischen Bauverwaltung. Es gebe zu wenig Personal und unzureichende Arbeitsbedingungen. Auch hier sei die Politik gefordert.
Dichtere Bebauung könnte Potenziale in Augsburg schaffen
Grundsätzlich sei eine Verständigung zum Maß von Verdichtung und Nachverdichtung mit Politik und Stadtgesellschaft nötig, sagt Deurer. "Wir müssen schnell in den Dialog mit den Menschen kommen, denn nur wenn ein gesellschaftlicher Konsens besteht, wird die Gestaltung einfacher und die Geschwindigkeit der Umsetzung höher", so Deurer. Die Immobilienwirtschaft sieht im verdichteten Bauen ein großes Potenzial für neue Wohnungen – das Neubauquartier Haunstetten Südwest sei gut, werde aber erst langfristig kommen. Bis dahin könne verdichtetes Bauen für Entlastung des Wohnungsmarktes sorgen. Die Stadt ist in Bebauungsplänen inzwischen dazu übergegangen, tendenziell höhere Gebäude vorzugeben, allerdings drohen bei zu großer Dichte im Zusammenspiel mit zu wenig Freiflächen auch soziale Probleme.
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>> (Michael K.) So eine Investition verschwindet nicht im Nirwana, sondern amortisiert sich häufig bereits nach 10-15 Jahren (egal ob Fenster Wärmedämmung, etc.). <<
Amortisation (Fenster, Wärmedämmung, etc.) häufig nach 10-15 Jahren - man sollte den Humor nicht verlieren ;-)
Selbst bei insgesamt vernünftigen Beiträgen zum Thema wird schon ein hoher rot-grüner Strompreis von 36 ct/kWh und eine echt miese Wand unterstellt, damit die Amortisation zusammen kommt...
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/energie/energetische-sanierung/rechenbeispiel-fuer-eine-fassadendaemmung-8192
>> Ob es sich bei Ihnen lohnt, sollten Sie vorher gut durchrechnen. Wir zeigen, wie das geht. <<
Ja, ob es sich lohnt...
Und dann eben wie schon erwähnt die bemerkenswerten Eingangsgrößen:
>> Nun möchte Familie Muster wissen, wie viel Geld sie durch die Fassadendämmung einsparen kann. Sie heizt mit einer Wärmepumpe. Der Preis des Stroms im sogenannten Niedrigtarif, den sie für den Betrieb einer Wärmepumpe bekommen kann, liegt bei Familie Muster zurzeit bei 36 Cent pro Kilowattstunde.
...
Der U-Wert ihrer nicht gedämmten Außenwand beträgt 1,8 W/m²K. <<
@Peter P.: Meine Amortisationszeiten bezogen sich auf Neubauten oder Bestandsbauten, bei denen ohnehin die Fassade, Fenster, etc. angegangen werden müssen. Ist das nicht der Fall, dauert es natürlich länger - darum ist es ja so wichtig, zu den entscheidenden Zeitpunkten die richtigen Entscheidungen zu treffen und nicht am falschen Ende zu sparen.
Aber selbst wenn man nur eine Amortisation von 20-25 Jahren zusammen bekommt: Angesichts tendenziell weiter steigender Energiepreise und einer nachhaltig hohen Inflation wird die Amortisationszeit sich eher verkürzen als verlängern. Ihr Beispiel ist doch nicht unrealistisch. Ich denke, viele Hausbesitzer zahlen mittlerweile mehr als 36ct/kWh. Auch ungedämmte Ziegelmauern mit U-Werten >2 W/m²K sind eher die Regel als Seltenheit. Zum Vergleich: Ich bin mit meinen (allesamt bezahlbaren da sich zeitnah amortisierenden) Maßnahmen auf 0,2 W/m²K (Mauerwerk) und 0,7 W/m²K (Fenster inkl. Rahmen) runtergekommen. Aber wie gesagt, das muss jeder selber wissen. Wer statt in sein Haus lieber in seinen Energieversorger investiert, soll das gerne tun. Mich stört nur, wenn Leute, die den Schritt bisher nicht gewagt haben (aus welchen Gründen auch immer), das als unwirksamen Irrsinn abtun - evtl. aus Gewissensberuhigung?
>> Auch ungedämmte Ziegelmauern mit U-Werten >2 W/m²K sind eher die Regel als Seltenheit. <<
Nein...
https://www.irbnet.de/daten/rswb/11109001108.pdf
Zum Thema energetisches Bauen/Sanieren: Bitte hören Sie auf, das als einen Grund für den Wohnungsmangel aufzuführen. So eine Investition verschwindet nicht im Nirwana, sondern amortisiert sich häufig bereits nach 10-15 Jahren (egal ob Fenster Wärmedämmung, etc.). Dadurch dass sich die Bewohner ordentlich Nebenkosten sparen, lassen sich die Investitionen des Immobilieneigentümers sehr wohl umlegen (auch sozialverträglich, v.a. wenn bereits im Neubau projektiert). Viele derjenigen, die jetzt von den Energiepreissteigerungen nur kaum betroffen sind, haben selbst (oder ihre Vermieter) Jahre vorher voraudmsschauend in solche Maßnahmen investiert. Energiestandards auf dem Bau helfen allen: dem Mieter, dem Eigentümer, dem Handwerker und natürlich auch der Umwelt.
Diese Aussagen sind lieb gemeint, nur nicht zu Ende gedacht.
Zusätzlich Dämmung kennt, in Folge des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik physikalische Grenzen, die unsere Vorschriften bereits überschritten haben. Noch mehr Dämmung als reglementarische Forderung bringt gar nichts mehr. Wenn dann noch die notwendige Zwangslüftung nur noch mechanisch zu realisieren ist, sind wir im Bereich des technischen Irrsinns angelangt. Und beim exponentiellen Anstieg der Energiepreise kann die zusätzliche Dämmung keine signifikanten Einspareffekte mehr erzielen. Sie macht nur das Bauen teurer.
Noch abstruser sind die Bau-Vorschriften im Bereich Brandschutz. Nimmt man diese Vorschriften zum Maßstab und vergleicht die mit dem Zustand der Masse des Bestandes muss man sich wundern, dass unsere Städte nicht im Wochenrhythmus niederbrennen.
Hinzu kommen Vorderrungen wie digitale Thermostate, digital Stromzähler, Wärmepumpen etc. - die am Ende der Überwachung der Bürger und der Möglichkeit eines staatlichen Eingriffes in die vom GG geschützte Wohnung des Bürgers dienen.
Am Ende ist natürlich auch noch die Regulierung von Mieten und der Quote für Sozialwohnungen bei gleichzeitig explosionsartig steigenden Herstellkosten ein Investitionskiller.
Damit sind auch schon die Gründe des brutalen Verpassens der Wohnungsbauziele benannt.
@Thomas T.:
Dann sollten Sie sich mit dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik besser nochmal genauer auseinandersetzen: Bei gleicher, konstanter Heizleistung können Sie mit besseren Dämmwerten der Gebäudehülle (z.B. im Energiestandard KfW40+) ein höheres Temperaturgefälle überbrücken als mit schlechteren (z.B. KfW55). Bei Bestandsbauten ist man davon ja noch meilenweit entfernt. Am Ende macht sich das im Geldbeutel der Bewohner sehr wohl bemerkbar, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Eine ergänzende Lüftungsanlage in Kombination mit den richtigen Dämmmaterialien kostet auch nicht mehr die Welt und schafft dauerhaft ein gesundes, schimmelarmes und sauerstoffreiches Wohnklima. Gerde bei den hohen Energiepreisen tut doch jede unnötige kWh unso mehr weh. Energetische Maßnahmen amortisieren sich nun noch schneller, was auch für Bauträger und Immobilieneigentümer weniger Risiko bedeutet (besserer Wiederverkaufswert, kürzere Rückzahlung von Darlehen, etc.).
Aber das soll am Ende jeder Immobilienbesitzer selbst entscheiden. Wer statt in sein Haus (mit Förderung wird's ja noch interessanter) lieber in seine Energieversorger investiert, der soll das gerne tun. Der Markt in Kombination mit Förderanreizen wird das über die Zeit von allein regeln. Bitte in Zukunft bei weiter steigenden Energiekosten nur nicht jammern.
Den Hauptgrund in den verpassten Wohnbauzielen sehe ich in allem, was auf der Angebotsseite der Gleichung zu einer Verknappung führt (die Nachfrage zu reduzieren sehe ich nicht als zielführend). Und da zählt neben den trägen Behördenprozessen v.a. dazu, dass wir Bauflächen zu verschwenderisch nutzen (zu wenige Wohneinheiten pro m²).
Sehr geehrter Herr Michael K.
Das mit dem 2.Hauptsatz kann ich seit meinen Studium vor 30 Jahren und einer entsprechenden Diplomarbeit ganz gut.
Weil aber immer wieder andere Quellen gebraucht werden, hier etwas populärwissenschaftliches:
https://m.faz.net/asv/waermedaemmung-2021/je-dicker-desto-besser-16970855.amp.html
Zitat: „Muss die Wärmedämmung immer so dick wie möglich aufgetragen werden, um ausreichend Ersparnisse zu erhalten? „Dieser Grundsatz gilt nur bis zu einem gewissen Punkt“, erklärt Susanne Runkel, Energieberaterin und Professorin für Energie Effizienz Design an der Fakultät für Architektur und Bauwesen der Hochschule Augsburg. „Denn die möglichen Energieeinsparungen steigen nicht linear mit jedem Zentimeter mehr Dämmung.“ Je dicker die Dämmung über das gesetzliche Mindestmaß hinausgeht, desto weniger Energie lässt sich prozentual gesehen einsparen.“
@Thomas T.: Die Aussage von Frau Prof. Runkel ist absolut richtig. Natürlich nimmt der Verbesserungseffekt über die Dämmdicke ab. Mag sein, dass es keinen großen Effekt mehr hat, ob man vielleicht 20 oder 25cm des gleichen Dämmmaterials verwendet. Aber davon sind viele Bestandsbauten wie erwähnt meilenweit entfernt. Die meisten haben ungedämmten Ziegel, manchmal sogar hochwärmeleitende Stahlbetonteile mit gar keiner oder nur wenige cm dicker Wärmedämmung verbaut Da geht Wärme flöten ohne Ende. Von den Fenstern, Rolladenschächten, Bodenplatte und der (häufig kaum vorhandenen) Dachdämmung noch gar nicht gesprochen.
Ich bleibe dabei: Energiestandards auf dem Bau machen Sinn - und wenn es ein externer Impuls zum Enegiesparen ist, den ansonsten viele gerne umgehen würden. Auf lange Sicht zahlt es sich aus. Diese hat ein Bauinvestor nur leider selten - private Häuslebauer hingegen schon.
Wer definiert denn eine zu große Dichte? Auf dem Grundstück des Maiskolbens gibt es vermutlich die höchste Bewohnerdichte (bezogen auf seine überbaute Fläche) in der gesamten Stadt. Ist das deshalb ein sozialer Brennpunkt? Im Gegenteil, durch höheres Bauen kann es sich eine Stadt sogar wieder erlauben, ein paar Grünflächen um die Gebäude herum anzulegen. Bzgl. sozialer Brennpunkte gibt es ganz andere Gründe (Stichwort vernachlässigte Viertel) und auch Orte in der Stadt - z.B. in Oberhausen oder Lechhausen - wo aber viele Häuser nicht mal 3 Geschosse habe. Für mich alles fadenscheinige Ausreden der Ämter, um nicht selbst in die Pötte kommen zu müssen.