Verbände fordern mehr Lehrer für Flüchtlinge
Die bayerischen Lehrerverbände warnen davor, die Kosten für Asyl und Bildung gegeneinander auszuspielen. Denn das könne nach Ansicht der Pädagogen gefährliche Folgen haben.
In seltener Eintracht haben die bayerischen Lehrerverbände die CSU-Staatsregierung davor gewarnt, die steigende Zahl an Flüchtlingen in Bayern und notwendige Investitionen in die Bildung gegeneinander auszuspielen. Gleichzeitig fordern sie zusätzliche Mittel für Unterricht und Integration der Flüchtlingskinder ein.
Wer Flüchtlinge und Probleme in der Bildungslandschaft parallel stelle, provoziere „Unzufriedenheit und Neid“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die der Philologenverband, der Realschullehrerverband, der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV), der Verband der Berufschullehrer (VLB) und die Katholische Erziehergemeinschaft (KEG) unterzeichnet haben.
Lehrerverbände schlagen "Task-Force" aus Fachkräften vor
Zuletzt hatte vor allem Finanzminister Markus Söder (CSU) wiederholt die steigenden Asyl-Kosten in mit dieser Summe theoretisch finanzierbaren Lehrerstellen oder Kita-Plätze umgerechnet. Solche schlagzeilenträchtigen Aufrechnungen verschärften aber nur die Probleme an den Schulen, warnte die BLLV-Vorsitzende Simone Fleischmann. Die Menschen in Bayern dürften nicht den gefährlichen Eindruck gewinnen, dass die Bildungschancen ihrer Kinder unter der steigenden Zahl der Zuwanderer leide.
Es sei allerdings unmöglich, die Mehrbelastungen durch die Aufnahme von Flüchtlingskindern mit den vorhandenen Mitteln zu finanzieren. „Ein angemessener Anteil aus dem geplanten Nachtragshaushalt muss für die Bildung bereit gestellt werden“, forderte deshalb Ursula Lay, die Vorsitzende der KEG.
Vor allem geschultes Personal, das Deutschkenntnisse vermitteln, aber auch die soziale Integration befördern und traumatische Erlebnisse verarbeiten helfe, sei nötig: „Es kann nicht sein, dass wir junge Menschen aufnehmen und sie dann nur in die Klasse hineinsetzen, damit sie aufgeräumt sind“, findet Lay. Die Lehrerverbände schlagen deshalb eine „Task-Force“ aus Fachkräften vor, die schnell und unkompliziert an den Schulen aushelfen könne. Genügend qualifizierte Jung-Lehrer seien für diese Aufgabe vorhanden.
Wie viele zusätzliche Lehrer notwendig wären und wie viel Geld bereit gestellt werden müsste, konnten die Lehrerverbände jedoch nicht sagen: „Man kann die Kosten schwer kalkulieren, da haben wir das gleiche Problem wie die Politiker“, sagte der Vorsitzende des Berufsschullehrer-Verbandes VLB, Jürgen Wunderlich. „Wir können keine fixen Zahlen und keinen fixen Plan vorlegen“, räumte auch KEG-Chefin Lay ein.
SPD-Bildungsexperte warnt vor gefährlichem Spiel
Erst am Wochenende hatte das Kultusministerium die Prognose der bayerischen Schülerzahlen bis 2019 deutlich nach oben korrigiert. Dieser Zuwachs sei aber auch auf ansteigende Geburtenzahlen und eine Binnenwanderung innerhalb Deutschlands zurückzuführen, sagte ein Sprecher des Kultusministeriums. Wie hoch der Anteil zusätzlicher Flüchtlingskinder sein werde, sei nur schwer abzuschätzen.
Laut Ministerium gibt es derzeit an den Grund- und Mittelschulen in Bayern 375 sogenannte Übergangsklassen für rund 6200 schulpflichtige Flüchtlinge. Die Berufsschulen bieten 260 Spezial-Klassen für 4500 Schüler. Ab September könnten die Schulen zudem „mit zusätzlichen Ressourcen für den Unterricht rechnen“, betont der Sprecher des Ministeriums.
Die dafür notwendigen Stellen sollen aber wohl vor allem aus dem frei werdenden Personalbestand entnommen werden, der bislang für Ganztagsklassen, Inklusion oder individuelle Förderung reserviert war. Ein gefährliches Spiel, findet der SPD-Bildungsexperte Martin Güll: Damit heize die CSU-Staatsregierung nämlich „die Stimmungsmache gegen Flüchtlinge zusätzlich an“.
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