Schwarz-grüne Familie im Landtag
Schwarze Mutter, grüne Tochter - in ganz normalen Familien soll das ja öfter mal vorkommen. Im Bayerischen Landtag aber ist es eine Premiere. Von Uli Bachmeier
Von Uli Bachmeier
München (AZ) - Schwarze Mutter, grüne Tochter - in ganz normalen Familien soll das ja öfter mal vorkommen. Im Bayerischen Landtag aber ist es eine Premiere: Mit Barbara Stamm (64 Jahre, CSU) und Claudia Stamm (38 Jahre, Grüne) sitzen erstmals Mutter und Tochter für verschiedene Parteien gemeinsam in einem Parlament - eine vielleicht sogar weltweit einmalige Situation.
Dementsprechend groß war gestern der Andrang der Journalisten. Barbara und Claudia Stamm hatten sich schon im Vorfeld vor Interview-Anfragen fast nicht mehr retten können und deshalb zu einer gemeinsamen schwarz-grünen Mutter-Tochter-Pressekonferenz eingeladen - an dem Tag, an dem Claudia Stamm offiziell für die ausgeschiedene Grünen-Abgeordnete Barbara Rütting (81) in den Landtag nachrückte.
Der Mutter war dabei erkennbar nicht ganz wohl in ihrer Haut. Barbara Stamm, Landtagspräsidentin und stellvertretende CSU-Vorsitzende, ist in ihrer Partei einigen Spötteleien ausgesetzt nach dem Motto, was sie denn so alles falsch gemacht habe bei der Erziehung ihrer Tochter . . .
Die Familienbande im Hause Stamm freilich sind stärker als die politischen Gegensätze. Wenn die Tochter in der Politik erfolgreich ist, so Stamm, "dann hat man auch als Mutter das Recht, stolz darauf zu sein". Dass sich ihre Tochter für die Grünen und nicht für die CSU entschieden habe, sei nur "ein Wermutstropfen". Barbara Stamm jedenfalls wehrt sich nach Kräften gegen den Spott aus der CSU: "Was da falsch gelaufen sein soll, kann ich nicht erkennen."
Claudia Stamm macht für ihren politischen Werdegang unter anderem einen Berliner Onkel verantwortlich, der "quasi das grüne Schaf" in der schwarzen Familie war und sie schon als Jugendliche im Sinne der Grünen beeinflusste.
Dass sie jetzt im Landtag scharf aneinandergeraten könnten, glauben Mutter und Tochter nicht. Früher sei in der Familie heftiger über Politik gestritten worden. Mittlerweile sei alles harmonischer. Und in der Sozialpolitik gebe es, so sagt Claudia Stamm, sogar politische Gemeinsamkeiten. Da sei sie "ganz klar" von der Mutter geprägt.
Besonders spannend war es gestern um 13 Uhr für die Kinder von Claudia Stamm, als die Plenarsitzung begann: Maja (1 Jahr und drei Monate) und Lina (sechs Jahre) konnten von der Besuchertribüne aus die Großmutter auf dem Präsidenten-Platz und die Mutter auf dem Abgeordneten-Platz beobachten. Barbara Stamm begrüßte ihre Tochter förmlich als neues Mitglied des Landtags und wies darauf hin, dass es im Amt nichts zur Sache tut, "was eine Mutter empfindet".
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