Familien fordern mehr Akzeptanz
Wie steht es um die Kinderfreundlichkeit in Bayern? Nun ja, die Eltern sind mit der Kinderbetreuung oft unzufrieden. Und es fehlt ihnen noch einiges mehr im Alltag.
Bayerns Eltern nehmen ihr direktes Wohnumfeld zwar überwiegend als kinderfreundlich wahr. Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie auch der gesellschaftlichen Akzeptanz von Familien gibt es aber nach wie vor gravierende Defizite. Diese Ergebnisse lassen sich aus einem vom Staatsinstitut für Familienforschung der Universität Bamberg erstellten „Familienreport“ ablesen, den Bayerns Familienministerin Emilia Müller (CSU) in München präsentierte. Für den Report waren mehr als 5 000 Eltern in Stadt und Land zur Familienfreundlichkeit befragt worden.
Befragte bemängeln Angebot für Jugendliche auf dem Land
Vor allem das direkte Wohnumfeld für Familien mit kleinen Kindern wird überwiegend positiv bewertet: Mehr als drei Viertel der Eltern loben den Zustand von Grünflächen und Spielplätzen in der Nähe. Vor allem auf dem Land deutlich schlechter wird dagegen das Angebot für Jugendliche bewertet: Nur knapp die Hälfte der Eltern sehen hier gut erreichbare Freizeiteinrichtungen für ihren Nachwuchs. „Der Fokus auf die Kleinsten darf nicht dazu führen, die Jugend aus dem Blick zu verlieren“, findet deshalb Ministerin Müller. Ein Bolzplatz oder Jugendtreff seien letztlich genauso wichtig wie eine Kinderkrippe. Durchwachsen fällt die Zufriedenheit der Eltern mit den Betreuungsangeboten aus: Fast ein Drittel ist mit dem Angebot an Kindergartenplätzen unzufrieden, rund die Hälfte mit den Kinderkrippen. Sogar mehr als die Hälfte der Eltern bemängelt das Angebot an Nachmittagsbetreuung für Schulkinder – für Ministerin Müller eine „wertvolle Rückmeldung, wo noch Luft nach oben ist“.
Auch die Bilanz der staatlichen Anstrengungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fällt eher mau aus: Nur gut ein Viertel der Eltern sieht Verbesserungen, knapp 40 Prozent sehen Licht und Schatten. Über ein Drittel der befragten Eltern sieht dagegen keinen echten Fortschritt in den letzten Jahren.
Bisherige Betreuungsmöglichkeiten reichen nicht aus
Zwar werden die zusätzlichen Betreuungsmöglichkeiten durchaus anerkannt. Vor allem Mütter sehen mit Blick auf ihre Berufstätigkeit allerdings nach wie vor massive Defizite – etwa beim Angebot flexibler Arbeitszeiten, der Flexibilität der Arbeitgeber und vor allem beim beruflichen Wiedereinstieg nach einer Babypause. Auch die Kinderbetreuung in den Schulferien oder bei Krankheit des Kindes wird von mehr als 80 Prozent der Mütter problematisch gesehen. Nur rund ein Viertel der Eltern ist zudem der Ansicht, dass es Vätern leicht gemacht wird, sich neben dem Beruf an der Kinderbetreuung zu beteiligen.
Auch die Zufriedenheit mit der Familienfreundlichkeit der Kommunen wird im Schnitt nur mit „befriedigend“ bewertet. Die Unterschiede in der Gesamtbewertung sind dabei zwischen Stadt und Land gering – wobei in den Städten die Zufriedenheit mit der Zahl der Betreuungsplätze steigt, während auf dem Land eher Freizeitangebote oder eine gute ÖPNV-Versorgung punkten.
Ministerin sieht Familien als Leistungsträger der Gesellschaft
Kritisch gesehen wird auch die Anerkennung von Familien: Nur etwas mehr als 40 Prozent der Befragten empfinden eine gesellschaftliche Wertschätzung ihrer Elternschaft. Nur knapp ein Drittel der Alleinerziehenden fühlt sich durch das persönliche Umfeld anerkannt. Mehr als Geld oder Krippenplätze wünschen sich die Eltern eine größere Beachtung ihrer Bedürfnisse.
Eine höhere Wertschätzung für Familien im Alltag wie im Beruf müsse politisch die „höchste Priorität“ haben, findet deshalb Ministerin Müller: Denn „Familien sind nicht nur Leistungsempfänger, sondern auch Leistungsträger“ der Gesellschaft.
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