Staatsregierung soll sich vor dem süßen Gift der Steuereinnahmen hüten
Der Oberste Rechnungshof warnt die Staatsregierung angesichts hoher Steuereinnahmen vor mangelnder Ausgabendisziplin. Finanzminister Söder bezeichnet die Mahnung als Luxuskritik.
Der Präsident des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (ORH) hat die CSU-Staatsregierung davor gewarnt, im Angesicht sprudelnder Steuerquellen mehr Geld auszugeben, als man sich auf Dauer leisten kann: „Das süße Gift der stetig steigenden Steuereinnahmen darf die Staatsregierung nicht dazu verleiten, bei der Ausgabendisziplin die Zügel schleifen zu lassen“, mahnte Heinz Fischer-Heidlberger bei der Vorlage des ORH-Jahresberichts.
Zwar mache Bayern „in der Haushaltspolitik vieles richtig“. Der Ausgabenzuwachs der letzten Jahre sei dennoch „bedenklich“, findet der ORH-Chef. So hätten sich die Ausgaben des Freistaats in den letzten zehn Jahren um stolze 44 Prozent auf nun mehr 49,7 Milliarden Euro erhöht. Die Preise seien dagegen nur um 15 Prozent gestiegen.
Möglich ist dieser üppige Zuschlag nur durch die in den letzten Jahren ständig wachsenden Steuereinnahmen. Dieses Einnahme-Plus sollte aus Sicht des Rechnungshofes aber stärker in die Schuldentilgung und die Haushaltsabsicherung für schlechtere Zeiten fließen.
Gleichzeitig Schulden tilgen und Rücklagen erhöhen
Stattdessen baue Finanzminister Markus Söder (CSU) darauf, „dass die gute Konjunktur auch in diesem Jahr wieder zusätzliche Steuereinnahmen in die Staatskasse spülen wird, um das im Nachtragshaushalt klaffende Haushaltsloch zu stopfen“, kritisiert Fischer-Heidlberger.
In der Tat gibt es in der aktuellen Finanzplanung zwischen Einnahmen und Ausgaben eine Lücke von 766 Millionen Euro, die allerdings durch Rücklagen gedeckt ist. Söder hält die ORH-Mahnung deshalb für „Luxuskritik“: Bayerns Finanzen seien solide. „Wir geben nur das Geld aus, das wir vorher erwirtschaftet haben.“ Nur Bayern könne zudem wie zuletzt gleichzeitig Schulden tilgen und Rücklagen erhöhen.
Um das ehrgeizige Ziel der kompletten Schuldentilgung bis 2030 zu erreichen, müsse allerdings jährlich mehr als eine Milliarde Euro zurückgezahlt werden, rechnet der ORH vor. Tatsächlich sei aber bis 2016 pro Jahr nur eine halbe Milliarde Euro Tilgung eingeplant. „Das stimmt mich insofern sorgenvoll, als die letzten Jahre von außergewöhnlicher Steuerdynamik geprägt waren“, sagt Fischer-Heidlberger. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer wollte sich dazu nicht äußern. „Das Leben ist viel zu schön, um sich ständig mit solchen Bedürfnissen zu beschäftigen“, sagte er vor der gestrigen Landtagssitzung.
Kritik: Zu wenig Personal in der Steuerverwaltung
Neben der Einzelkritik in verschiedenen Bereichen bemängelte der ORH vor allem den Steuervollzug im Freistaat: So lasse sich die Finanzverwaltung etwa bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer viel zu viel Zeit, was unter dem Strich mehrere Millionen Euro im Jahr koste. Auch bei der Versteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Betriebsvermögen werde oft nicht genau genug hingesehen. So würden zu niedrige Wertangaben der Steuerpflichtigen oft ungeprüft übernommen.
Erneut kritisierte der ORH auch die Unterbesetzung in der Steuerverwaltung: Bei der Personalausstattung liege der Freistaat im Bundesländervergleich in fast allen Bereichen auf einem der letzten Plätze. Mehr als zehn Prozent der existierenden Planstellen sind zudem unbesetzt. „Hier wird an der falschen Stelle gespart“, findet der ORH. Denn mit mehr Mitarbeitern würden weitaus mehr Steuern eingenommen, als das zusätzliche Personal kosten würde. Gleichzeitig wachsen die Kosten für das staatliche Personal ungebremst weiter: Von 2008 bis 2012 erhöhte sich die Zahl der Stellen unter dem Strich um fast 16 000 auf mehr als 278 000. Gab der Freistaat 2011 noch 17,4 Milliarden Euro für seine Mitarbeiter aus, werden es 2014 bereits 20,27 Milliarden Euro sein.
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