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Interview
02.04.2016

Weihbischof Anton Losinger: "Der perfekte Mensch ist eine Gefahr"

Warner vor den Folgen einer entfesselten genetischen Diagnostik: Weihbischof Anton Losinger.
Foto: imago/reportandum

Nach fast zwölf Jahren verlässt der Augsburger Weihbischof Anton Losinger den Deutschen Ethikrat. Im Gespräch warnt er vor den Folgen der rasant fortschreitenden Gentechnik.

Herr Losinger, Sie haben im Ethikrat an Stellungnahmen zu wichtigen Themen wie „Wann ist der Mensch tot?“ oder dem Umgang mit Möglichkeiten wie Präimplantationsdiagnostik und ihre Folgen mitgewirkt. Gab es einen Anlass, das Gremium Mitte des vergangenen Jahrzehnts zu gründen?

Losinger: Nein. Aber einen drängenden sachlichen Grund gab es schon. Wir mussten auf globaler Ebene, aber auch in Deutschland und Europa realisieren, dass im Bereich der Biowissenschaften und Gentechnik ein Hype von bislang unbekannter Dimension Platz griff. Da kam und kommt mit hoher Geschwindigkeit und dramatischer Wirkung etwas auf uns zu, was den meisten Menschen noch gar nicht bewusst ist. Ein Beispiel ist die Arbeit des Molekularwissenschaftlers und umstrittenen Gentechnik-Pioniers Craig Venter, dem es im Jahr 2001 erstmals gelang, das menschliche Genom zu entschlüsseln. Damit liegen der Mensch und seine Genetik offen wie ein Buch vor uns. So eine Situation wirft ethische Fragen auf.

Was bedeutet die Entschlüsselung des Erbguts für die Menschheit?

Losinger: Was unter Venter noch zweieinhalb Millionen Dollar kostete, ist heute für 500 Dollar zu haben. Jeder kann heute sein Erbgut dechiffrieren lassen. Nehmen Sie dazu die neuen digitalen Möglichkeiten von Big Data, die systematische Analyse und Kommerzialisierung menschlicher Daten und deren Kombination mit wirtschaftlichen Interessen, wie das Großkonzerne wie Google, Apple und Facebook heute schon erfolgreich machen, dann ergeben sich weitreichende, nicht mehr einholbare Konsequenzen. Der Mensch wird nicht nur gläsern, er wird instrumentalisierbar und kommerzialisierbar. Die Folgen sind unabsehbar.

Das klingt nicht vertrauenserweckend.

Losinger: Damit wird eine gar nicht mehr absehbare Eingreiftiefe in die Grundstruktur der menschlichen Person möglich. Mithilfe neuester gentechnologischer Instrumente ist es möglich geworden, das Erbgut von Organismen auch „umzuschreiben“. Man steht an der Schwelle hin zu praktischen Anwendungen – vor allem in der Medizin, aber bald wohl auch in der Tier- und Pflanzenzüchtung. Doch der Prozess ist nicht zu Ende, sondern nimmt erst Fahrt auf.

Ist die nächste Stufe der designte Mensch? Jeder könnte sich sein Erbgut so optimieren, dass er kluge, schöne und gesunde Kinder bekommt.

Losinger: Ja, die Entwicklung geht in diese Richtung. So sonderbar das Wort Designer-Baby auch klingen mag, das Faktum genetischer Optimierung ist Ziel dieser Forschung.

Wenn sich Eltern aber künftig im genetischen Baukasten ihr Baby zurechtschneidern können, wird das massive Folgen für die Gesellschaft haben. Was wird dann mit Behinderten geschehen, Typen, die nicht ins modische Raster passen?

Losinger: Ja, die neuen Entwicklungen werden auch eine dramatische Anzahl sozialer Fragen aufwerfen. Was bedeutet das, wenn menschliche Eigenschaften designt werden können? Wer bestimmt das Design? Und wer bewertet die Ziele und das dazugehörige Risiko? Wann kommt die Zeit, da der Arbeitgeber sagt: Bringen Sie mir vor Ihrer Einstellung erst mal einen Gentest! Oder: Wie soll ein Mensch mit Behinderung überhaupt noch eine bezahlbare Krankenversicherung oder eine Lebensversicherung abschließen können, wenn man hinsichtlich gesundheitlicher Risiken und Dispositionen genetisch durchleuchtbar und analysierbar ist?

Das beginnt bei der Geburt.

Losinger: Ja, wir haben bereits höchst effektive Methoden der Pränataldiagnostik und im Falle der künstlichen Befruchtung der Präimplantationsdiagnostik. Mit ihr lassen sich heute bereits eine Vielzahl genetischer Defekte feststellen. Aktuell hat der genetische Bluttest für Schwangere auf die Entdeckung von Trisomien neue Türen aufgestoßen.

95 Prozent der Embryonen mit Downsyndrom werden aufgrund dieser Diagnose nicht geboren.

Losinger: Ja, das ist nicht nur eine der dramatischen Folgen dieser genetischen Diagnostik, sondern noch mehr der gesellschaftlichen Einstellung zu Menschen mit Behinderung. Das Thema wirkt sich aus bis hin zum ärztlichen Haftungsrecht. Wenn ein Arzt Eltern über das Risiko eines genetischen Defekts in Unkenntnis lässt, kann er unter Umständen dafür haftbar gemacht werden. Ärzte stehen so in einer Verpflichtung und in einem Dilemma, entsprechend aufzuklären, und raten nicht selten von einer Geburt ab. So wie mancher Steuerberater heutzutage pflichtgemäß darauf aufmerksam macht, dass man durch den Austritt aus der Kirche seine Steuerschuld optimieren kann.

Meiner hat das noch nie gemacht.

Losinger: (lachend) Sie könnten ihn schadenspflichtig machen! Aber zurück zur Genetik. Die Frage hinter diesen Möglichkeiten genetischer Diagnostik und Technik ist in der Tat: Welches Menschenbild von Menschen mit Behinderung werden wir künftig generieren?

Was tippen Sie?

Losinger: Ich glaube, dass die Frage der Wertschätzung des Menschen mit Behinderung künftig ein Indikator für den Grad der Humanität und die Frage der Menschenwürde in unserer Gesellschaft werden wird. Und ich prophezeie: Das wird eine kalte Gesellschaft mit sich bringen, die ihre Zuwendung zu anderen Menschen von deren Perfektionsgrad abhängig macht.

Wie würde sich diese Kälte der Gesellschaft ausdrücken?

Losinger: Die Folge wäre neben den ohnehin schon wirksamen Benachteiligungseffekten eine deutliche Diskriminierung von behinderten oder nicht so perfekten Menschen. Vielleicht sogar noch verstärkt, wenn wir beobachten, wie die Armut-Reichtum-Schere aussieht.

Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer.

Losinger: In der Tat. Es ist leicht vorstellbar, was passiert, wenn Vermögende in Zukunft noch ganz andere Mittel und Möglichkeiten haben werden, um sich zu optimieren, während dies der breiten Masse vorenthalten ist. Heute schon wird deutlich, dass im globalen Maßstab messbar arme Menschen früher sterben, weil ihnen notwendige Ressourcen nicht zur Verfügung stehen.

Das ist ja schon heute so, wenn Reiche ihre Kinder auf teure Privatschulen schicken und ihnen von Geburt an Netzwerke nach oben knüpfen.

Losinger: In der Tat. So ein Trend wird unsere Gesellschaft weiter pushen, aber auch splitten. Dazu kommen weitere Themen wie die Frage: Wie gehen wir generell mit unseren jungen Menschen um? Dieser Punkt muss in die Zeitung!

Sie meinen die Entwicklungsmöglichkeiten junger Menschen?

Losinger: Ja, ich spreche vom enormen Karrieredruck und den Möglichkeiten der Lebensplanung und Lebensgestaltung junger Menschen. Dazu nur ein bizarres Beispiel: Wenn man heutzutage in Konzernen wie Apple, Facebook oder Google talentierten jungen Frauen zwischen 20 und 30 Jahren rät, sie sollten doch „Social Freezing“ betreiben, also Eizellen entnehmen und einfrieren lassen, damit sie zu einem günstigen Zeitpunkt per künstlicher Befruchtung und mit Leihmutter in Indien ihre Kinder bekommen und ihre genetische Nachkommenschaft generieren können, dann müssen wir sagen: Leute, welch ein Irrweg!

Wie lässt sich der wuchernde Egoismus wieder einfangen?

Losinger: Es ist mehr denn je eine dringende Bürgerpflicht, hinter die politische Fassade zu blicken und den Rechtsstaat zu hinterfragen: Aus welchen Werten generiert sich unser Rechtssystem? An welchem Begriff von der Würde des Menschen und seiner Unantastbarkeit wollen wir festhalten? Welche Menschenrechte ergeben sich daraus? An diesem Punkt müssen wir ansetzen. Die Menschen müssen überzeugt werden, hinter einem Wert wie Nächstenliebe und Menschenwürde zu stehen.

Der gebürtige Friedberger, 58, ist mit mehreren Wissenschaftspreisen ausgezeichnet. Er war seit 2005 Mitglied im Ethikrat. 2015 wurde er zum Vorsitzenden des Stiftungsrats der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt gewählt.

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