Anjas Mutter liegt im Koma
Im Fall der achtjährigen Anja aus Ursberg wird es womöglich nie zu einem Verfahren gegen die Mutter kommen: Die 46-jährige Frau, die das Kind von dessen Geburt an im eigenen Haus in Ursberg (Kreis Günzburg) jahrelang gefangen gehalten und versteckt hatte, ist schwer krank.
"Sie liegt nach den Folgen eines Herzinfarktes seit etwa zwei Wochen im Koma", sagte der Anwalt der Frau, Gerd Müssig, unserer Zeitung. Die Ärzte, so Müssig weiter, gingen davon aus, dass seine Mandantin "bleibende Schäden" davontragen werde. Die Staatsanwaltschaft in Memmingen bestätigte entsprechende Medienberichte am Freitag.
Ein Gutachten soll nun über den Gesundheitszustand der 46-Jährigen aufklären. Danach werde das Gericht entscheiden, ob wegen dauerhafter Verhandlungsunfähigkeit die Ermittlungen gegen die Frau eingestellt werden. Auch zu dem Gutachten, das im Oktober über die Schuldzurechnungsfähigkeit der Mutter hätte entscheiden sollen, wird es laut Müssig "wohl nicht mehr kommen".
Der Pressesprecher des Günzburger Amtsgerichts, Jürgen Brinkmann, wollte sich zu einer möglichen Einstellung des Verfahrens in diesem konkreten Fall noch nicht äußern: "Offiziell wissen wir noch nichts von diesen Entwicklungen", sagte er auf Nachfrage. Falls Ärzte der Frau per Attest tatsächlich die "dauernde Verfahrensunfähigkeit" attestierten, müsse die zuständige Staatsanwältin darüber entscheiden, ob es zum Gerichtsverfahren kommen kann.
Anja selbst, die Mitte Juni von Polizisten aus dem Haus ihrer Mutter befreit worden war, ist noch immer in einer Augsburger Klinik untergebracht. Was mit dem Mädchen weiter passieren wird, war gestern nicht zu erfahren - das Familiengericht Günzburg war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Der Vater besucht Anja noch immer regelmäßig
Das Sorgerecht für das Kind liegt aber ohnehin nicht mehr bei der Mutter - seit Anfang August trägt eine Verwandte der Frau die Verantwortung für das Mädchen. Laut Müssig macht das Kind in der Klinik "Fortschritte" und wird regelmäßig von seinem 51-jährigen Vater besucht, der die Gefangenschaft des Mädchens damals geduldet hatte.
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