Auch nach dem Urteil ist unklar, wer der Täter ist
Seit Dienstag punkt 16 Uhr steht fest: Wer auch immer es war - der Täter, der am 20. September 2006 die 41-jährige Mutter von sechs Kindern in deren Haus in Krumbach mit 52 massiven Hammerschlägen und drei Messerstichen getötet hat, ist auf freiem Fuß.
Oberstaatsanwalt Dr. Johannes Kreuzpointner hatte zuvor zwölf Jahre Haft gefordert. Seine Begründung: Zum einen habe der Angeklagte eine narzisstische und histrionische (egozentrisch-theatralische) Persönlichkeit. Bei "Kränkung" neige er zu "heftigen Reaktionen". Außerdem sei er, der seine Ehefrau in rund 20 Jahren achtmal mit anderen Frauen betrogen habe, "gewohnt zu tarnen und zu täuschen".
Oberstaatsanwalt wertet Gummihandschuh als Tatbeweis
Als Tatbeweis wertete Kreuzpointern, dass am Tatort ein Gummihandschuh mit Blutspritzern der Getöteten und einzig dem genetischen Fingerabdruck des Angeklagten gefunden wurde. Auch ein Tatmotiv habe der Angeklagte gehabt. Die Mutter seiner Ex-Geliebten sei für ihn ein "großes Hindernis" bei seinen Versuchen gewesen, deren Tochter, die ihm den Laufpass gegeben hatte, zurückzugewinnen.
Das Schwurgericht schloss sich dieser Argumentation nicht an. Es folgte vielmehr Verteidiger Dr. Ingo Hoffmann (Neu-Ulm), der in seinem brillanten Plädoyer die Zweifel an der Täterschaft seines Mandanten in acht Fragen gekleidet hatte.
Die wesentlichen fanden sich in der Urteilsbegründung wieder: Die DNA- und die Blutspur auf dem Gummihandschuh allein reichten nicht, um den Neu-Ulmer zu verurteilten, sagte Vorsitzender Götz Helms. Beides zusammen sei zwar ein "starkes Indiz gegen den Angeklagten, aber kein Beweis". "Objektive Beweismittel, die unmittelbar auf den Täter hindeuten", fehlten in diesem "reinen Indizienprozess" gänzlich. Dagegen gebe es "begründete Zweifel" an der Anklage. So sei die Einlassung des Angeklagten, er habe den Gummihandschuh Monate vor der Tat bei Malerarbeiten in der Küche der Getöteten getragen, "nicht zu widerlegen". Es sei möglich, dass die DNA-Spur damals in den Handschuh gelangt sei. Denkbar sei zudem, dass eine unbekannte Person den Handschuh getragen hat, als sie die Krumbacherin erschlug. Dabei müsse er oder sie keine DNA-Spur hinterlassen haben. Weitere Zweifel resultierten aus der Aussage einer Zeugin, sie habe vor dem Haus der Getöteten etwa zur Tatzeit ein dunkles Auto mit einem "UL"-, nicht einem "NU"-Kennzeichen gesehen.
Zudem sei die Manipulation der PC-Uhrzeit, um sich so ein Alibi zu verschaffen, nur eine "nicht nachgewiesene Überlegung", so Helms. Auch wenn man diese Manipulation unterstellt, habe das Zeitfenster für die Tat allenfalls 20 Minuten betragen. Helms bezweifelte, dass es dem Angeklagten in dieser kurzen Zeit möglich gewesen ist, durch die nicht verschlossene Hintereingangstür in das Haus einzudringen, einen Zimmererhammer aus der Werkstatt im Keller zu holen, einen Schutzanzug anzuziehen, um Blutspritzer von der Kleidung und vom Körper abzuhalten, die Tat auszuführen, den Tatort unbemerkt zu verlassen und dann noch die Schutzkleidung und den Hammer verschwinden zu lassen. Unwahrscheinlich sei auch, dass er dabei keinerlei Tatspuren an seiner Kleidung, seinem Körper und in seinem Auto hinterlassen habe.
Schwurgericht bezweifelt Tatmotiv des Angeklagten
Zudem passe die angeblich so "minutiöse und coole Tatplanung" nicht zur "affektiven, brutalen Tatausführung" - zumal dem Angeklagten "körperliche Gewaltanwendung fremd war". Auch, dass ein Motiv vorliegt, bezweifelte das Gericht. Die Mutter sei der Beziehung des Angeklagten mit ihrer Tochter nicht im Weg gestanden, sie habe ihm vielmehr den Zugang zu beider Kind jederzeit ermöglicht.
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