Erwin Huber - Der ewige Diener will selbst Herr werden
Mit jedem Tag, den der CSU-Parteitag näher kommt, legt Erwin Huber ein Stück mehr von seiner Zurückhaltungab. Alle "falls", "wenn" und "aber" scheinen aus seinem Wortschatzgetilgt. Inzwischen spricht Huber so, als sei er bereits neuerCSU-Chef.
München (dpa/ddp-bay). Im dritten Anlauf überlässt Erwin Huber nichts dem Zufall. Unermüdlich tourte der bayerische Wirtschaftsminister in den vergangenen Monaten durch den Freistaat, um möglichst viele Delegierte des CSU-Parteitags zu treffen - und für sich zu gewinnen.
Zweimal machte er sich in den vergangenen Jahren Hoffnung auf einen Wechsel an die Spitze der Staatsregierung, zweimal blieb ihm der große Karrieresprung versagt. Am Samstag geht der 61-Jährige nun als Favorit in die Wahl des neuen CSU-Vorsitzenden. Und er kündigte an, er werde die Delegierten "um ein eindeutiges Votum bitten".
Huber weiß, dass es für ihn mit 61 Jahren die letzte Chance sein dürfte, das Image des ewigen Kronprinzen abzuschütteln. Schon im Bundestagswahljahr 2002 war Huber neben Innenminister Günther Beckstein und dem damaligen CSU-Fraktionschef Alois Glück als möglicher Kandidat für die Nachfolge von Ministerpräsident Edmund Stoiber gehandelt worden, falls dieser Bundeskanzler geworden wäre. Am Ende setzte sich Rot-Grün in der Wählergunst doch knapp durch und Stoiber blieb in München.
Nach der Bundestagswahl 2005, als Stoiber als "Superminister" nach Berlin wechseln wollte, witterte Huber erneut seine Chance. Überraschend warf er seinen Hut in den Ring und lieferte sich mehrere Wochen lang ein Fernduell mit Beckstein, der anfangs einen fast uneinholbaren Sympathievorsprung zu haben schien. Gerade zum Zeitpunkt, als Huber Hoffnung schöpfen konnte, den Innenminister auf der Zielgeraden vielleicht doch noch zu überholen, machte Stoiber die Pläne seines damaligen Staatskanzleichefs durch den Rückzug aus Berlin erneut zunichte. Immerhin bekam Huber zum Trost eine neue Aufgabe und wurde Nachfolger von Wirtschaftsminister Otto Wiesheu.
Dem bayerischen Kabinett gehört Huber mittlerweile schon 13 Jahre an. 1994 machte Stoiber den damaligen CSU-Generalsekretär zum Leiter der Staatskanzlei und Minister für Europafragen, zwei Jahre später wechselte Huber an die Spitze des Finanzministeriums. 1998 kehrte er in die Staatskanzlei zurück und war von 2003 an zusätzlich Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Verwaltungsreform. Die neuen Kompetenzen führten allerdings dazu, dass Huber in der CSU viele Sympathien verlor. Denn durch seine harte Linie bei der Umsetzung der für viele schmerzhaften Verwaltungsreform wurde Huber für so manchen Parteifreund zum Sündenbock.
Von Hause aus ist Huber Finanzbeamter. Nach Volks- und Realschule arbeitete er in mehreren Finanzämtern, bevor er 1970 ins Finanzministerium wechselte. Auf dem Abendgymnasium holte der Sohn einer Landarbeiterin das Abitur nach und studierte Volkswirtschaft. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine politische Karriere begann Huber 1972 als Mitglied im Kreistag von Dingolfing-Landau. Mit 41 Jahren wurde er 1987 stellvertretender CSU-Generalsekretär. Schon ein Jahr später rückte er auf den Posten des Generalsekretärs auf und lenkte dann sechs Jahre lang die Partei, ehe er ins Kabinett wechselte, wo er als enger Vertrauter des Ministerpräsidenten galt.
Gerade seine vielfältige politische Praxis hält Huber für einen seiner größten Vorteile im Rennen um den CSU-Vorsitz. "Ich stelle für mich heraus, dass ich die gesamte Bandbreite einer modernen Volkspartei darstelle und dass ich auf allen vier politischen Ebenen Erfahrung habe: in der Kommunal-, Landes-, Bundes- und der Europapolitik", betonte er. Der Parteivorsitz wäre die Krönung dieser langen politischen Karriere.
Aber wofür steht Huber? Obwohl er auf Bundesebene Koalitionsverträge mit aushandelte und von Angela Merkel mit dem Job des Kanzleramtsministers gelockt wurde, ist er in der öffentlichen Wahrnehmung nie über den Rang eines Landespolitikers hinaus gekommen. Zwei Säulen machen ihn aus: Da steht beim verheirateten Vater von zwei erwachsenen Kindern eine stramm konservative Haltung, die er mit dem Satz "Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein" kürzlich wieder nach außen trug. Und zum anderen ist da der gewiefter Finanzexperte, der sowohl Sparmöglichkeiten als auch Chancen für wählerfreundliche Ausgaben aus einem Haushalt zu lesen weiß.
Sollte er CSU-Chef werden, wolle er sich für Steuersenkungen auf Bundesebene stark machen, hat Huber angekündigt. Vielleicht darf er sogar irgendwann auf Bundesebene mal das Steuersäckel verwalten: Im Fall seiner Wahl will er 2009 in den Bundestag. Viel zu spät, sagt sein Kontrahent Seehofer. Ein CSU-Chef müsse von Anfang an in Berlin sitzen. Die Frage des richtigen Standorts könnte bei der Vorsitzendenwahl am kommenden Samstag entscheidend werden.
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