Vom Migranten zum Polizisten
Als Josef Fuksa anfing, die Einhaltung deutscher Gesetze zu überwachen, hatte er nicht einmal den Pass der Bundesrepublik. Doch nicht allen passen solche Integrationserfolge
Damit rechnen die Lastwagen- und Autofahrer aus Tschechien nicht: Der bayerische Polizist in seiner blauen Uniform mit dem Staatswappen des Freistaats spricht ihre Muttersprache. „Es hat einen gewissen Überraschungseffekt, wenn ich den Fahrer gleich auf Tschechisch anrede. Dann sind die erstmal ein bisschen überrumpelt, aber auch erfreut“, erzählt Josef Fuksa. Fast täglich kontrolliert der 25-jährige Beamte der Autobahnpolizei auf den Fernstraßen nordwestlich von München ehemalige Landsleute. Fuksa ist erst seit wenigen Jahren deutscher Staatsbürger. Angefangen hatte er seinen Dienst bei der bayerischen Polizei ohne deutschen Pass, sondern als Tscheche.
Seit 1993 können Männer und Frauen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit in Bayern als Polizisten arbeiten. Anfang Mai hatten 86 Beamte nach Angaben des Innenministeriums keinen deutschen Pass. Einem Sprecher zufolge ließen sich in der Vergangenheit einige Polizisten einbürgern, die ohne deutschen Pass eingestellt worden waren. In Baden-Württemberg arbeiten 330 Menschen ohne deutschen Pass bei der Landespolizei.
Geboren ist Fuksa in Olmütz im Osten Tschechiens. Dort lebte er bis zu seinem elften Lebensjahr. Dann bekam seine Mutter ein Jobangebot in Deutschland und sie zogen ins oberbayerische Neuburg an der Donau. „Sie hat sehr fleißig Deutsch gelernt, ich auch.“ Nach wenigen Jahren sei Bayern zu seiner Heimat geworden, sagt er. „Nicht, weil ich Tschechien schlecht finde, sondern weil ich hier meinen Lebensmittelpunkt habe.“ Er ging hier zur Schule, fand Freunde und seinen Traumberuf. „Ich wollte unbedingt Polizist werden. Ich wollte nichts anderes machen und habe sämtliche Polizeireportagen im Internet geschaut.“ Seine Entscheidung fiel kurz vor dem Abitur. Dass er damals keinen deutschen Pass hatte, sollte kein Problem werden. Er kannte die Ausnahmeregelung für ausländische Bewerber, erzählt er.
Für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sind die Einsatzkräfte bei der Polizei ohne deutsche Staatsangehörigkeit „ein gutes Beispiel dafür, wie Integration wirklich gelebt wird.“ Damit werde die interkulturelle Kompetenz und Bürgernähe der Polizei im Freistaat gestärkt. „Wir erhoffen uns dadurch einen noch engeren Dialog mit ausländischen Bevölkerungsgruppen“, sagt der Minister. Der Dienstherr aller Polizisten sieht auch Vorteile im Arbeitsalltag der Ermittler. „Mit Sprache, Kultur und Mentalität der jeweiligen Gruppe vertraut zu sein, hilft uns vor allem bei der polizeilichen Aufklärungsarbeit und Konfliktlösung.“
Die AfD im bayerischen Landtag sieht das ganz anders. „Prinzipiell sollten hoheitliche Aufgaben des Staates nur von Staatsbürgern ausgeübt werden“, erklärt der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Richard Graupner, der vor seiner Zeit als Abgeordneter selbst bei der Autobahnpolizei gearbeitet hatte. Er sehe in der Arbeit von Ausländern bei der Polizei keine Vorteile. „Es gibt keine zwingende Argumentation für die These, eine Institution müsse ein demografisches (oder anderweitiges) ,Abbild’ der Gesellschaft sein.“
Als junger Polizist beschloss Fuksa, deutscher Staatsbürger werden zu wollen. „Wenn der Freistaat Bayern schon meine Bezüge zahlt, will ich mich auch mit dem Staat identifizieren.“ 2013 war es dann soweit: Fuksa bekam den deutschen Pass, seinen tschechischen musste er abgeben – so will es das Gesetz seines Herkunftslandes. Der 25-Jährige wohnt heute im Dachauer Land und arbeitet im Schichtdienst bei der Autobahnpolizei Fürstenfeldbruck. Sein Revier sind die A8 nach Augsburg, die A96 bis Landsberg am Lech und Teile des Autobahnrings 99 im Norden der bayerischen Landeshauptstadt.
Seine Muttersprache macht Fuksa auch für Kollegen anderer Dienststellen interessant: Ab und an bekomme er Anrufe von anderen Ermittlern, die seine Hilfe bräuchten, erzählt er. Dann muss er Beweismittel aus dem Tschechischen übersetzen oder bei Verkehrskontrollen über das Telefon den Festgenommenen über seine Rechte informieren. Polizist in Tschechien zu werden, kam für ihn nicht in Frage, „weil ich weder in Grenznähe wohne, noch eine persönliche Bindung nach Tschechien habe – mit Ausnahme der Familie.“ In Tschechien sei das Ansehen der Beamten ohnehin ein anderes – die Zeit der kommunistischen Herrschaft hänge teilweise noch nach. Mit dem Umzug nach Bayern änderte sich auch sein Bild von den Einsatzkräften. „Durch Sendungen wie ,Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei‘ und ,Der Bulle von Tölz‘ hat die deutsche Polizei bei mir einen kleinen Mythos gehabt. Die war schon was Besonderes.“ Florian Reil, dpa
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