In Augsburg richten Schüler über Schüler
Augsburgs Justiz bekommt ungewöhnliche Unterstützung. Ab heute dürfen 31 Schüler Richter spielen und über jugendliche Straftäter richten. Der "Teen-Court" ist alles andere als eine Spielerei und die Urteile nicht weniger hart.
Augsburgs Justiz bekommt heute eine ungewöhnliche Verstärkung: 31 Schüler dürfen künftig Richter spielen und befassen sich im Auftrag der Staatsanwaltschaft mit jugendlichen Straftätern. Damit wird im Landgerichtsbezirk Augsburg heute das bayernweit fünfte Schülergericht eingeführt.
Die sogenannten Teen-Courts sind keine Spielerei: Hier richten Schüler wirklich über straffällige Altersgenossen. Das Justizministerium hat mit dem neuen Instrument bereits in Ingolstadt, Ansbach, Aschaffenburg und Memmingen gute Erfahrungen gemacht.
Die Idee hinter den Teen-Courts: Jugendlichen ist die Meinung Gleichaltriger oft besonders wichtig. Missbilligende Reaktionen von Altersgenossen seien daher besonders gut geeignet, jugendliche Täter vom Unrecht ihrer Straftat zu überzeugen und sie zum Umdenken zu bewegen, sagt Wilfried Krames, Pressesprecher des Justizministeriums. Es funktioniert. "Wir haben ausgesprochen gute Erfahrungen gemacht", so Krames. Die Rückfallquoten seien niedriger.
2005 wurde der erste Teen-Court Schwabens in Memmingen eingeführt. Bis zu 30 Fälle werden von den Jugendlichen pro Jahr bearbeitet. Die Schülerrichter seien nicht härter, aber einfallsreich, erklärt Staatsanwältin Andrea Schimpf, die das Projekt betreut. "Sie urteilen oft deliktbezogen." Beispiel: Ein Junge hat sein Mofa frisiert. Normalerweise würde er zu Sozialstunden verdonnert. Der Teen-Court aber entschied: Er muss sein Mofa vorübergehend abgeben. Das zieht. "Bisher wurden bis auf einen Fall alle Auflagen erfüllt", sagt Schimpf.
Die Staatsanwaltschaft behält in allen Fällen die Oberhand. Sie prüft stets, ob die erzieherischen Maßnahmen verhältnismäßig sind, und könnte eingreifen. Das sei in Memmingen aber noch nicht nötig gewesen. Schimpf: "Bisher war alles im Rahmen." Die Staatsanwältin hält den Teen-Court für ein gutes Instrument.
Kriminologe Heinz Schöch von der Ludwig-Maximilian-Universität hat das Projekt in Aschaffenburg wissenschaftlich ausgewertet. Das Ergebnis: Die Schüler seien hoch motiviert, investierten viel Zeit in die Gespräche mit den Beschuldigten. Auch die Resonanz der Beschuldigten sei überwiegend positiv.
Die Jugendlichen fühlten sich meist gut informiert und fair behandelt. Die deutliche Mehrheit der Befragten sei der Ansicht gewesen, das Schülergremium habe sie besser verstanden, als ein Richter oder Staatsanwalt es gekonnt hätte. "Jugendlichen gelingt es einfach besser, den richtigen Ton zu treffen", sagt Schöch.
Die Diskussion ist geschlossen.