Wie aus einem Kind ein Held wurde
Kenan Büyükhan wird mit der Bayerischen Rettungsmedaille ausgezeichnet. Er hatte seine Schwester aus einem brennenden Auto geholt. Was dem Buben damals durch den Kopf ging
Für seine Rettungsaktion bekam er bundesweite Aufmerksamkeit und Applaus: Der damals neunjährige Kenan Büyükhan befreite Ende März seine kleine Schwester aus einem brennenden Auto, von dem Minuten später nur noch ein verkohltes Wrack übrig war. Das große Medienecho rief sogar Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf den Plan: „Das hätte ein Erwachsener nicht besser gekonnt.“ Kenan habe wie ein Profi gehandelt und einen kühlen Kopf bewahrt. Für die Rettung seiner zweijährigen Schwester wurde der Viertklässler am Mittwoch von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit der Bayerischen Rettungsmedaille ausgezeichnet, einer der höchsten Ehrungen für Zivilcourage im Freistaat.
Die Geschwister hatten an jenem 26. März alleine im Auto auf ihre Mutter gewartet, die ihr drittes Kind in einem Kindergarten abgab. Die kleine Hira rechts hinten im Kindersitz, Kenan vorne auf dem Beifahrersitz. Plötzlich bemerkte Kenan über dem Hinterreifen Rauch aufsteigen, dort, wo seine Schwester saß. Er stieg aus und sah, dass der Reifen lichterloh brannte. Verzweifelt kämpfte er mit dem klemmenden Gurtverschluss am Kindersitz seiner Schwester. „Der wollte nicht aufgehen. Normalerweise machen das meine Eltern. Man muss den mit beiden Daumen gleichzeitig drücken. Plötzlich sprang er dann doch auf“, sagt Kenan. Sein erster Gedanke sei gewesen: „Ich muss meine Schwester rausholen. Das war ein Reflex.“ Als Mutter Tugba zurückkam, sah sie das Auto brennen. „Ich hab gerufen ‚Oh mein Gott‘ und habe als Erstes ins Auto geschaut, ob Hira noch drin ist. Aber das Auto war leer – Kenan hatte sie auf dem Arm“, berichtete die 31-Jährige zwei Monate nach der Heldentat ihres Sohnes. Danach habe es drei Mal laut geknallt und der Kombi sei völlig ausgebrannt.
Ein paar Wochen später lud der türkische Generalkonsul in Nürnberg, Yavuz Kül, Kenan ein und verlieh ihm eine Auszeichnung. Und die Polizeiinspektion Nürnberg-Ost gratulierte ihm zu seinem zehnten Geburtstag mit einer „Superheld“-Urkunde, unterschrieben von Polizeipräsident Roman Fertinger. Außerdem durfte Kenan einen ganzen Tag lang hautnah die Arbeit der Beamten erleben. Er war auch bei einem Einsatz der Hundestaffel dabei. Bei einer Streifenfahrt mit dem Polizeiboot auf dem Main-Donau-Kanal saß er sogar am Steuer.
Kenan will mal Polizist werden, am liebsten in einer Spezialeinheit – falls eine Karriere als Profifußballer nicht klappt. Zunächst aber steht die Schule an. Das Ziel des Zehnjährigen ist ein Platz in einer der begehrten Leistungssportklassen der Nürnberger Bertolt-Brecht-Schule, die vom Deutschen Fußball-Bund als Fußballschwerpunktschule zertifiziert ist. Schon jetzt spielt Kenan als Rechtsaußen in der D-Jugendmannschaft des SC Feucht – obwohl er dafür eigentlich noch zu jung ist. „Er hat so gut gespielt, dass er bei den Älteren eingesetzt wird“, sagt Kenans Vater Celil.
Auf die Frage, was ihm bei seiner mutigen und heldenhaften Aktion im Frühling durch den Kopf gegangen ist, sagt Kenan: „Ich dachte in dem Moment nur an meine Schwester, weil sie mir sehr wichtig ist. Ich wollte nicht, dass sie so früh von uns geht. Sonst wäre unsere Familie sehr traurig.“ Herbert Mackert, dpa
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