Betriebsrat: Der Chef muss weg
Geht es nach der Belegschaft des krisengeschüttelten Augsburger Flughafens, macht dessen Chef bald einen Abflug. Mit Eberhard Müller an der Spitze habe der Flughafen eine nur wenig aussichtsreiche Zukunft, so Betriebsratsvorsitzender Franz Kellermann gestern Abend. Müller müsse weg. Seinen Angaben zufolge hält sich zudem unter der Belegschaft in Mühlhausen hartnäckig das Gerücht, dass der Geschäftsführer im Herbst seinen Hut nimmt.
Von unserem Redaktionsmitglied Christoph Frey, Augsburg
Müller ist seit über zwei Wochen im Urlaub und war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Er ist in Personalunion Geschäftsführer der Augsburger Flughafengesellschaft AFG, die zu fast 100 Prozent der Stadt gehört, und der so genannten Betriebsgesellschaft AFBG. Diese stellt das Personal für den Betrieb des Regionalflughafens und musste infolge der dortigen Dauerkrise Anfang Juni Insolvenz anmelden (wir berichteten), nachdem auch das Ausleihen überzähliger Beschäftigte an andere Firmen nicht die nötigen Erlöse brachte. An dieser Entwicklung gibt der Betriebsrat Müller mit die Schuld. Als Geschäftsführer habe er auf zu sehr auf den - inzwischen eingestellten Linienverkehr - gesetzt und es versäumt, den Personalstand den geänderten Rahmenbedingungen anzupassen.
Von den rund 60 AFBG-Beschäftigten haben mittlerweile über 30 einen neuen Job so gut wie sicher. Rund 25 aber droht die betriebsbedingte Kündigung und damit die Arbeitslosigkeit. Das sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Nikolaus Gaede gestern. Bei einer Pressekonferenz berichteten der Münchner Rechtsanwalt und Arbeitnehmervertreter über den Stand der Bemühungen, dem AFBG-Personal neue Jobs zu verschaffen.
Danach werden rund 20 von ihnen von der Flughafengesellschaft für den weiteren Betrieb in Mühlhausen übernommen. Ein knappes Dutzend hat Stellen bei der Stadt Augsburg und dem Landkreis Augsburg erhalten. Beide Kommunen sind ebenso Gesellschafter der AFBG wie der Flughafen München, der Landkreis Aichach-Friedberg und die Wirtschaft. In Richtung dieser drei Gesellschafter gab es gestern deutliche Kritik.
Während sich vor allem die Stadt Augsburg äußerst fair und verantwortungsbewusst verhalten habe, hätten sich Wirtschaft, Aichach-Friedberg und der Münchner Flughafen aus der Verantwortung gestohlen, so Hans Blöchl von der Gewerkschaft Verdi. Er nahm vor allem die Industrie- und Handelskammer aufs Korn. Jahrelang habe diese Investitionen in den Flughafen gefordert, seit der Insolvenz der AFBG aber sei sie "abgetaucht" und lasse die Beschäftigten im Stich. Blöchl: "Das ist skandalös".
Vom Flughafen München gab es dagegen Angebote. Laut Insolvenzverwalter Gaede waren die jedoch wesentlich schlechter als vorher abgemacht. Betriebsratschef Kellermann jedenfalls hat volles Verständnis dafür, dass seine Kollegen ablehnten: "Da bleibt ihnen ja noch mehr zum Leben, wenn sie Arbeitslosengeld bekommen." Was Kellermann besonders erzürnt: Während drei Führungskräfte des Augsburger Flughafens zu vergleichbaren Konditionen nach München gewechselt seien, würden den "Normalverdienern" jetzt deutliche Abschläge zugemutet.
Insolvenzverwalter Gaede hat die Hoffnung auf eine Einigung noch nicht aufgegeben. Die aber muss schnell kommen. Ende des Monats, daran ließ der Insolvenzverwalter keinen Zweifel, muss er die ersten betriebsbedingten Kündigungen aussprechen. Bereits heute soll mit der Aushandlung eines Sozialplanes begonnen werden. Gaede hält es durchaus für möglich, dass in diesem Zuge auch die Gesellschafter noch einmal zur Kasse gebeten werden könnten. Die Einnahmen der AFBG jedenfalls reichten für die Abfindungen nicht aus.
Unterdessen geht der Betrieb in Mühlhausen weiter. Charterflieger, Flugschüler, Freizeitflieger und die Flugwerft Beechcraft nutzen den Platz vor den Toren Augsburgs nach Angaben von Franz Kellermann weiter eifrig. Die 20 AFBG-Beschäftigten, die noch auf dem Regionalflughafen tätig sind, hätten massiv Überstunden gemacht. Kellermann: "Sonst hätten wir zwei oder drei Tage schließen müssen."
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