An dieser Schule lernen Kinder nur, was sie wollen – aber reicht das?
An der Sudbury-Schule nahe des Ammersees gab es keinen Stundenplan und keine Noten. Seit 2016 ist die Schule geschlossen. Ob das rechtens ist, beurteilt nun Bayerns höchstes Verwaltungsgericht.
Eine Schule ohne Noten, ohne Stundenplan, ohne vorgegebene Lerninhalte: Als die private Sudbury-Schule 2014 an den Start ging, wurde sie kurz zum Mittelpunkt der deutschen Bildungslandschaft. Landauf, landab fragten sich Behörden, Schulexperten, Eltern und Medien: Kann das funktionieren? Die Regierung von Oberbayern fällte nach zwei Jahren Probebetrieb ihr Urteil: Nein, kann es nicht. Sie entzog der Schule die Genehmigung. Aus Sicht der Behörde vermittelte die Grund- und Mittelschule in Ludenhausen (Kreis Landsberg) nicht die Mindeststandards des bayerischen Lehrplans. Der Trägerverein Sudbury München klagte gegen die Schließung – bis hinauf zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH). Am Dienstag trafen dort die Betreiber und ein vom Gericht beauftragter Gutachter aufeinander. Der Nürnberger Pädagogik-Professor kommt zu dem Schluss, dass "nicht zu erwarten ist", dass die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler bis zum Ende der vierten oder neunten Jahrgangsstufe die in Bayern erforderlichen Kenntnisse erwirbt.
Der Gründungsverein der Schule hält das Werk des Gutachters für "ungenügend" – und wollte vor Gericht erreichen, dass ein neuer eingesetzt wird. "Das Gutachten ist eine Katastrophe", hatte Sudbury-Sprecherin Simone Kosog unserer Redaktion kurz vor der Verhandlung gesagt. Aufgabe des Sachverständigen war es, die Erfolgsaussichten der Privatschule rein anhand des pädagogischen Konzepts zu bewerten. Erkenntnisse aus dem Unterrichtsbetrieb flossen nicht mit ein, ebenso wenig Erfahrungsberichte der Schülerinnen und Schüler von damals. In den zwei Jahren ihres Bestehens hatten bis zu 45 Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 18 Jahren dort gelernt. Würde man sie fragen, da sind sich die Betreiber sicher, wäre das Bild ein völlig anderes.
An den weltweit rund 70 genehmigten Schulen mit Sudbury-Konzept entscheidet jedes Kind selbst, was es lernen möchte. Die Schule versteht sich als "demokratisch", die Stimme eines Kindes gilt genauso viel wie die eines Erwachsenen. Lernbegleiterinnen und -begleiter unterstützen die Schüler darin, ihren natürlichen Wissensdurst zu stillen. Jedem Kind wohne eine "intrinsische Neugier" inne, schreibt der Verein in seiner Stellungnahme ans Gericht. "Der Wille zum Zugehören zur Gemeinschaft, zur Mitwirkung an der demokratischen Mitbestimmung und Teilhabe an dem Leben innerhalb der Schulstruktur" bilde die natürliche Motivation, Grundfertigkeiten wie etwa Rechnen, Lesen und Schreiben zu erlernen.
Bei Augsburg soll es auch eine demokratische Schule geben
Eine Entscheidung hat der VGH in München am Dienstag noch nicht getroffen. Innerhalb von zwei Wochen sollen die Beteiligten erfahren, wie es weitergeht. Das Urteil könnte nicht nur wegweisend sein für die Schule am Ammersee, sondern auch für andere Privatschulen mit ähnlichem Konzept. Beurteilt das Gericht die Schließung der Sudbury-Schule als rechtmäßig, dürften auch deren Aussichten auf eine Genehmigung deutlich sinken. Im Kreis Augsburg etwa bemühte sich die private Luana-Schule zuletzt um eine Unterrichtserlaubnis. Auch hier sollen Kinder selbst entscheiden, worauf sie beim Lernen Lust haben. Ähnliche Initiativen gibt es in München und Regensburg, vor einiger Zeit auch nahe Würzburg.
Die Sudbury-Anhänger vom Ammersee geben die Hoffnung noch nicht auf: Sollte die Schule ihre Genehmigung zurückbekommen, kämen schnell wieder genügend Kinder zusammen. "Wir haben immer wieder Anfragen von Familien, die sich für einen Platz an unserer Schule interessieren", sagt Simone Kosog. "Und wir bekommen bis heute Spenden, um die Gerichtskosten und die Kosten für das Schulgebäude zu decken – selbst im siebten Jahr nach der Schließung."
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Nochmals ein Versuch, trotz vorheriger Löschung: Solange wir Privatschulen haben ist es eigentlich egal, wer dumm bleiben möchte.
Die Dummen braucht man auch, deshalb schickt wer Geld hat seine Kinder auf Privatschulen. Alles gut.
Für mich an Dummheit nicht mehr zu überbieten. Tragisch ist nur, was den Kindern hier vorenthalten wird. Grundsätzlich ist durch diese Art von "Lernen" das gesamte Leben der Kinder negativ beeinflusst. Fragt man sich natürlich auch, warum Eltern ihre Kinder dieser "Schule" anvertrauen würden?
Sehe ich nicht so. Sprechen z.B. lernen die Kinder nicht, weil sie schlechte Noten bekommen könnten, sondern aus Freude und Motivation sich mitteilen zu können. Es ist traurig, dass in der Schule das Prinzip der Selbstquälerei in die Psyche der Kinder gebrannt wird. Nicht die Freude, sondern die Bestrafung durch schlechte Noten ist die Motivation fürs Lernen. Das setzt sich dann auch bei den erwachsenen fort, die am Arbeitsplatz Geld gegen Lebenszeit eintauschen und den Frust darüber unterdrücken. Nicht gearbeitet wird in der "Freizeit", also scheint man in der Arbeitszeit ein Häftling zu sein. Klar kann so ein System nur wenige motivierte, völlig selbstständige und hochgradig erfolgreiche Menschen hervorbringen.