"Das jetzige Gesetz zur Organspende ist auf der ganzen Linie gescheitert"
Plus Die Zahl der Organspenden sinkt. Die Wartezeiten von schwer kranken Menschen werden länger. Sehr viele sterben. Zwei Augsburger Transplantationsmediziner sind in großer Sorge.
Die Zahl der Organspender geht weiter zurück. Herr Prof. Anthuber, Sie sind der Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie am Uniklinikum Augsburg, Herr Dr. Sommer, Sie sind dort Oberarzt – ist das aktuelle Gesetz, die sogenannte erweiterte Entscheidungslösung, gescheitert?
Prof. Dr. Matthias Anthuber: Das jetzige Gesetz zur Organspende ist auf der ganzen Linie gescheitert. Und das habe ich prophezeit. Schon als man sich 2020 im Bundestag leider wieder nicht für die Widerspruchslösung entschieden, sondern nur auf mehr Aufklärung gesetzt hat, habe ich gewarnt: Man kann diese wichtige, zeitaufwendige Aufklärungsarbeit zu so einem hochsensiblen und komplexen Thema nicht auch noch auf die Hausärzte abwälzen, die ohnehin mit Aufgaben überfrachtet sind. Auch Laien in irgendwelchen Ämtern können dies nicht leisten. Das musste scheitern. Zumal es uns, wie ich auch vorhergesagt habe, nicht einmal gelungen ist, ein Organspenden-Register aufzubauen.
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"Die Angehörigen werden immer gefragt. Auch bei der Widerspruchslösung. Der entscheidende Unterschied ist aber: Bei der deutschen Lösung liegt auf den Angehörigen ein ungleich höherer Druck, weil sie für den Angehörigen entscheiden müssen, dessen Einstellung sie aber oft nicht kennen und sich überdies in einem emotionalen Ausnahmezustand befinden. Bei der Widerspruchslösung müssen die Angehörigen nur den mutmaßlichen Willen des Verstorbenen bestätigen. Oder sie können, wenn sich etwas in dessen Einstellung geändert hat, dies auch sagen. Denn wir handeln nie gegen den Willen der Angehörigen."
Warum wird bei einem vorliegenden Organspendeausweis nicht gegen den Willen der Angehörigen gehandelt? Das erschließt sich mir nun gar nicht. Ich bin für Organspende, trage in allen Taschen und Kleidungsstücken einen entsprechenden Ausweis bei mir und dann kann mein fundamental dagegen eingestellter Vater sagen: Kommt nicht in Frage? Sehr seltsam.
Andersherum kann ich das o.g. Argument mit dem Druck unter dem die Angehörigen angeblich im einen Fall stehen und im anderen nicht, auch nicht nachvollziehen. Was soll denn ein mutmaßlicher Wille anderes sein als eine Einstellung?
Im Gegenteil wird es m.M. nach bei einer gesetzlichen Spendeverpflichtung dazu kommen, dass sich die Spendenbereiten keinen Organspendeausweis mehr zulegen, weil sie ja eh Spender sind. Ihre positive Einstellung wird dann nicht mehr dokumentiert. Worauf sollen die Angehörigen denn bitte jetzt ihre Entscheidung gründen?
Warum man nicht mit positiven Anreizen operiert, mit günstigeren Krankenkassenbeiträgen oder einem Dankesbonus, bei einer erfolgten Spende (mit der sehr viel Geld gemacht wird!), weiß kein Mensch. Da täte man auf einmal wieder die Ethik bemühen, es soll ja eine Spende sein, kein Verkauf.
Aber ein ganzes Volk per Gesetz zum Spender zu machen, da haben manche Ärzte und Politiker keine Skrupel. Man hat ja nicht genügend Organe.