Gericht bremst Planungen für Baugebiete in Friedberg
Ein Urteil erklärt den Verzicht auf Umweltprüfung und Ausgleichsflächen für unzulässig. Was das für die neuen Wohnviertel in Rederzhausen und Stätzling bedeutet.
Bis 2027 sollte das Neubaugebiet am Lindenkreuz in Rederzhausen eigentlich bezugsfertig sein. Um angesichts des Wohnungsmangels in Friedberg schnell Baurecht zu schaffen, wollte die Stadt Friedberg dazu das beschleunigte Verfahren nach Paragraf 13b des Baugesetzbuchs nutzen, bei dem auf einzelne Verfahrensschritte verzichtet werden kann. Doch jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht diesen Paragrafen für nicht anwendbar erklärt. Das hat Folgen - nicht nur in Rederzhausen.
Der Gesetzgeber hatte für das beschleunigte Verfahren festgelegt, dass Umwelteinwirkungen von vorneherein als unbeachtlich zu beurteilen sind, wenn Neubaugebiete bestimmte Größen nicht überschreiten, ausschließlich dem Wohnungsbau vorbehalten sind und an bebaute Ortsteile anschließen. Kommunen, die bis Ende 2022 Aufstellungsbeschlüsse für entsprechende Bebauungspläne fassten, konnten damit auf umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungen und die Ausweisung von Ausgleichsflächen verzichten. Auch die Änderung des Flächennutzungsplans, aus dem Baugebiete normalerweise entwickelt werden, war nicht zwingend notwendig.
Wie Friedberg machten auch viele andere Städte und Gemeinden von dieser Möglichkeit Gebrauch. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz klagte jedoch gegen ein Bauvorhaben in Gaiberg nahe Heidelberg in Baden-Württemberg und bekam vor dem Bundesverwaltungsgericht Recht. Der Paragraf 13 b verstoße gegen europäische Rechtsvorschriften über die Prüfung von Umweltauswirkungen, urteilten die Leipziger Richter. Zwar gebe es einen gewissen Ermessensspielraum der EU-Mitgliedsstaaten. Sie müssten jedoch sicherstellen, dass sämtliche Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, einer Umweltprüfung unterzogen werden. Noch nicht abgeschlossene Verfahren nach 13b sind darum in das Regelverfahren umzustellen, lautete die Anweisung des Bundesbauministeriums.
Für das Baugebiet am Lindenkreuz in Rederzhausen hat die Stadt seit dem Aufstellungsbeschluss im beschleunigten Verfahren im Mai 2019 zwei formelle Beteiligungen der Bürger und Träger öffentlicher Belange durchgeführt. Die Planungen für das Areal am nördlichen Ortseingang lösten eine Protestwelle unter den Anwohnern aus und führten zu einer Überplanung des ursprünglichen Entwurfs. So wurden die Zahl der Wohneinheiten von 60 auf 50 reduziert und die Gebäudehöhen verringert. Nun kommen unter anderem diese weiteren Verfahrensschritte hinzu:
Was für das Neubaugebiet Rederzhausen jetzt notwendig ist
- Änderung des Geltungsbereichs wegen der noch zu planenden Ausgleichsmaßnahmen,
- Umweltprüfung mit Umweltbericht,
- Eingriffsbilanzierung mit Ausgleichsflächenkonzept,
- nochmalige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden,
- Änderung des Flächennutzungsplans.
Ähnliches gilt für den Bereich am östlichen Ortsrand von Stätzling in Verlängerung der Beilinger Straße, der im Flächennutzungsplan bereits als Neubaugebiet vorgesehen ist und für das der Stadtrat im November 2019 die Entwicklung im beschleunigten Verfahren beschlossen hat. Dort können etwa 20 Wohneinheiten entstehen, allerdings erweist sich das Gelände als topografisch sehr schwierig. Als kritisch erweisen sich der steile Hang mit einem Gefälle von bis zu 30 Prozent und - wie schon im südlich gelegenen ersten Abschnitt des Baugebiets - die schlechte Versickerungsfähigkeit des Bodens. Wie in Rederzhausen sind auch hier ergänzende Verfahrensschritte notwendig:
- Änderung des Geltungsbereichs wegen der noch zu planenden Ausgleichsmaßnahmen,
- Umweltprüfung mit Umweltbericht,
Eingriffsbilanzierung mit Ausgleichsflächenkonzept,
- frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und Behörden.
Verzögerungen auch im Neubaugebiet Stätzling
In der Praxis bedeutet dies nun eine erhebliche Verzögerung bei der Baulandausweisung. Juristen gehen davon aus, dass die erforderlichen Schritte leicht fünf bis neun Monate in Anspruch nehmen könnten. Auch darf nicht bereits vor Abschluss des Verfahrens eine Baugenehmigung erteilt werden. Selbst auf abgeschlossene Verfahren nach Paragraf 13b könnte das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Auswirkungen haben - solche gibt es in Friedberg jedoch nicht. Das Neubaugebiet an der Unterzeller Straße in Wulferthausen, wo nach 22-jähriger Planungsphase jetzt die Erschließungsarbeiten begonnen haben, wurde im Regelverfahren entwickelt.
Die Diskussion ist geschlossen.