
Rückblick/Serie (Teil 2)
Friedberg: Eine Grenzstadt öffnet sich

Lange Zeit war Friedberg die letzte bayerische Bastion an der Grenze zu Schwaben. Doch im Lauf der Jahrzehnte kamen sich die Regionen näher.

Als „quadratisch, praktisch, gut“ konnte man die Stadt Friedberg über viele Jahrhunderte beschreiben. Seit dem Bau der Stadtmauer war klar, wo die Grenzen liegen. Und Grenzen sind ein Thema, dem bei Friedberg eine besondere Bedeutung zukommt. Als letzte Stadt des alten Oberbayerns war Friedberg eine Bastion, die am Grenzgebiet zu Schwaben stand. Das hielt sich über Jahrhunderte, wie der Kreisheimatpfleger Hubert Raab weiß: „Noch bis etwa 1900 hat keiner aus Oberbayern nach Schwaben geheiratet.“
Friedberg wuchs im 19. Jahrhundert in Richtung Osten
Doch Friedberg hat sich geöffnet – nicht nur auf dem Hochzeitsmarkt, sondern auch baulich. Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Stadt zunächst in Richtung Osten. Ein Beispiel dafür ist Raab zufolge die „Gartenstadt“, die ab 1900 nördlich des Bahndamms entlang der heutigen Münchner Straße entstand. Wachstum war für Friedberg meist nur nach Osten möglich, da die Lechleite ein geografisches Hindernis bildet. Doch es gibt eine Ausnahme: das Gewerbegebiet im Bereich des Gerberwegs. Dort hatten sich schon vor Jahrhunderten handwerkliche Betriebe angesiedelt, die auf Wasser angewiesen waren – Gerber etwa, wie der Name der dortigen Straße schon verrät.

Friedberg wächst und wächst seit 1840
Friedberg kann seit dem Jahr 1840 einen konsequenten Anstieg in der Bevölkerung verzeichnen. Gründe dafür gibt es viele, wie Raab erklärt: „Die Landwirtschaft wurde produktiver, es stand mehr Nahrung zur Verfügung, was sich positiv auf die Bevölkerungsentwicklung auswirkte.“ Weitere Faktoren führten dazu, dass immer mehr Menschen in Städten wohnten: „Im 19. Jahrhundert durfte eine Landwirtschaft nur an eines der Kinder vererbt werden. Der Rest ging ins Kloster, wurde Pfarrer oder zog eben in die Stadt.“
Friedberg brauchte Wohnraum: Friedberg-Süd entstand
Doch bei Weitem nicht alle, die in Friedberg lebten, gingen auch dort ihrer Arbeit nach. Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts verloren die einflussreichen Friedberger Uhrmacher ihre Konkurrenzfähigkeit, da billigere Uhren, etwa aus Genf, den Markt eroberten. Viele Betriebe mussten schließen. Im Zuge der Industrialisierung wurden jedoch in Augsburg zahlreiche Arbeiter gesucht, etwa für die boomende Textilbranche. Dieser Trend setzte sich fort bis zum Zweiten Weltkrieg.
In den Folgejahren wurde in Friedberg dringend Wohnraum benötigt, um die zahlreichen Flüchtlinge unterzubringen. Neue Wohngebiete entstanden, etwa die Benediktiner-Siedlung, die Siedlung Lindenau oder der Stadtteil Friedberg-West, der nahe an Augsburg heranrückte. Eine allgemeine Entwicklung lässt sich dabei beobachten – Wohnzentren suchen immer die Nähe zu Bahnhöfen oder Ausfallstraßen. So wuchs die Stadt etwa südlich des Bahnhofs, was zum heutigen Friedberg-Süd wurde, oder entlang der B300.

Augsburg und Friedberg als Brüder im Geiste?
Wobei die Straßen, die oft noch heute ihrem alten Lauf folgen, lange nicht viel mehr waren als bessere Feldwege. Heimatpfleger Hubert Raab kann sich persönlich noch daran erinnern: „Bis in die 70er-Jahre waren die Münchner Straße und Aichacher Straße noch ungeteert und von Alleebäumen gesäumt.“ Inzwischen ist das natürlich Geschichte – genauso wie die extreme Abgrenzung von Augsburg. Doch die unterschiedliche Mentalität der Städte hat sich gehalten – und daran wird sich vielleicht auch in den kommenden Jahrzehnten nichts ändern.

In der Serie In die Karten geschaut werfen wir einen Blick in historische Landkarten und Kataster-Auszüge aus dem Zeitraum zwischen 1817 und 1841, die zeigen, wie sehr sich unsere Region verändert hat.
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