Verbraucher sollen Stromverbrauch von Geräten leichter erkennen können
Verbraucher sollen Unterschiede bei Stromverbrauch und Reparaturfreundlichkeit von Haushaltsgeräten schneller erkennen können. Dafür gibt es nicht nur neue Aufkleber.
Beim Kauf einer neuen Waschmaschine, eines Geschirrspülers oder eines Wasserkochers gehört Verwirrung über Leistung, Stromverbrauch oder Wiederverwertung dazu. Denn auch wenn die bunten Energie-Labels seit Jahren auf den Geräten kleben – zur Information der Kunden haben sie bislang wenig beigetragen.
„Es ist gut, dass die irreführenden ‚PlusPlusPlus‘-Effizienzklassen und die Vielzahl unterschiedlicher Etiketten abgeschafft werden“, sagte die SPD-Europa-Politikerin und Energie-Expertin Martina Werner, als das Europaparlament am Mittwoch den Weg für eine lange vorbereitete Reform frei gemacht hatte. Statt „A“, „A+“, „A++“, oder „A+++“ wird es nur noch die Kategorien vom grünen „A“ für sehr sparsam bis zum tiefroten „G“ für Stromfresser geben – allerdings wegen des komplizierten Gesetzgebungsverfahrens frühestens in 21 Monaten. „Die leicht verständliche Abfolge von Buchstaben für alle Elektrogeräte hilft dem Verbraucher“, bekräftigte der Grünen-EU-Parlamentarier Claude Turmes.
Kunden dürfen auf ein aussagekräftigeres Kennzeichnungssystem hoffen
Dabei darf der Kunde auf ein aussagekräftiges Kennzeichnungssystem hoffen. Denn mit der Einführung, die sich bis 2023 (erst dann sind die Durchlauferhitzer an der Reihe) hinziehen soll, fließen weitere Kriterien in die Beurteilung ein: Langlebigkeit, Reparatur-Freundlichkeit und Recycling-Möglichkeiten. „Wir wollen ein echtes Umwelt-Label, auf das der Verbraucher bauen kann“, hieß es bei den Beratungen im Parlament.
Doch die eigentlich entscheidenden Neuerungen sollen an anderer Stelle für mehr Verbrauchervertrauen sorgen. Die Behörden für Marktüberwachung erhalten deutlich mehr Kompetenzen, weil es vielfach Zweifel an der Aussagekraft der bunten Aufkleber gegeben hat. Schließlich ist es bisher den Herstellern überlassen, ihre Produkte anhand der technischen Vorgaben der Mitgliedstaaten zu prüfen und einzustufen. Eine unabhängige Kontrolle gab es nicht.
Die Auswüchse waren teilweise kurios, wie die Stiftung Warentest herausfand. Hersteller ermittelten lange Jahre den Stromverbrauch eines Kühlschranks am Beispiel eines Junggesellen-Haushaltes: Wenig drin und nur selten benutzt. Dass dabei niedrige Verbrauchswerte herauskamen, überrascht kaum. Holger Brackemann, Chef der Produkttester bei der Stiftung Warentest: „Das Interesse (der Hersteller, d. Red.) ist eben nicht, den Verbraucher möglichst gut zu informieren, sondern möglichst gut auszusehen.“
Die EU-Kommission will eine Datenbank mit Informationen aufbauen
Realitätsferne Testnormen gehörten zum Alltag. Bei Waschmaschinen, so bestätigten Experten, wurde der Strombedarf bei einem 60-Grad-Öko-Programm gemessen, das die Hersteller entsprechend optimiert hatten. Dass die Wäsche dabei aber bis zu vier oder fünf Stunden rotiert und entsprechend Energie verbraucht wird, erfuhr der Kunde erst nach dem Kauf.
Um solchen Praktiken vorzubeugen, will die EU-Kommission nun eine Datenbank mit den technischen Informationen zu allen Elektrogeräten aufbauen und Verbrauchern zugänglich machen. „Das ist industrie- und innovationspolitischer Irrsinn“, schimpfte der Chef der CDU-Abgeordneten im Parlament, Herbert Reul, gestern.
Ausgenommen von der veränderten Kennzeichnungspflicht bleiben übrigens Gebrauchtgeräte, die in Secondhandshops verkauft werden.
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