
So einfach kann das Leben sein


Stephan Zinner kennen viele vom Nockherberg als Markus Söder. In Leipheim überzeugt er mit seinem Programm „relativ simpel“
Oft lügt Stephan Zinner, wenn er sagt: „Ich freue mich, heute hier zu sein.“ Doch am Donnerstagabend im Leipheimer Zehntstadel sei es ehrlich gemeint, weil er wegen des Auftritts dem „Elternstammtisch fernbleiben“ kann, der in der Münchner Heimat stattfindet.
„Das Leben ist kein Hexenwerk“, sagt er. Natürlich gebe es auch echte Probleme: Tod, Krankheit... Das bisher lachende Publikum ist still, bis er die Aufzählung mit Schwiegermüttern ergänzt. „Reichsbürger, IS... is jemand do?“, fragt er das Publikum. Falls sich jemand in die Luft sprengen wolle, solle er es doch bitte sofort tun – sonst wären zwei Stunden Arbeit für die Katz. Ohnehin verstehe er das mit den 72 Jungfrauen nicht: „Wenn ich guten Sex will, dann doch ned mit Auszubildenden.“
Enge Radlerkleidung tragen und FKK: Wenn es nach Zinner geht, haben diese beiden Dinge gemeinsam, dass es meist die Falschen machen. Er sei ein gemütlicher Radler, was für viele Münchner einen „terroristischen Akt“ darstelle. Vor Kurzem habe ihn ein junger Mann, Typ Managersohn, mit seinem „Range Rover Evoque“ – diesen Namen wiederholt er häufig mit ironisch anerkennendem Ton – vom Radl gefahren. Nach ständigen „Lackschaden“-Rufen, die Zinner mit schriller Stimme nachäfft, habe ihn schließlich ein bayerisch-stämmiger Polizist geholfen, ein „native speaker“. „Des darf ma ned machen, des is a Strafttat, aber is scho geil“: Um seine Mitmenschen zu warnen, schreibt Zinner mit Edding „Volldepp“ auf das Heck des Wagens.
Der 43-Jährige stammt aus Traunstein. Wer ihn nicht vom Tatort oder den Rosenheim-Cops kennt, hat ihn beim Nockherberg als Markus Söder gesehen. Seit 2006 macht er Musikkabarett. Sein Programm ergänzt er mit Bluessongs. Er spielt Gitarre und singt oberbayerisch. Dem Text zu folgen fällt schwer, was den tollen Klang nicht schmälert. Etwas später kommt Andy Kaufman auf die Bühne, ein gebürtiger Schweizer. Er fungiert fortab als ausgezeichneter Schlagzeuger, aber auch als „sidekick“. „Bist du ready?“, fragt er ihn. „Was heißt ready in der Schweiz?“ „Reddi“, antwortet Kaufman in Schwizerdütsch – das Publikum johlt.
Als Zinner sagt, dass seine Frau von „drüben“, aus dem Osten, komme, schlägt ihm ein gemeinschaftliches „oh“ aus dem Publikum entgegen. Er beschwichtigt: Sie sei wirklich eine gut aussehende Frau und im „Haushalt gut zu gebrauchen“. Zinner ist derb, aber übel nimmt ihm das niemand. Zum Ende hin folgt Episode zwei der „Range Rover Evoque“-Geschichte. Zinner beschreibt einen älteren Schnösel mit Handy am Ohr. Kein Blick nach rechts oder links, als er die Straße betritt, dann fährt ihn besagtes Auto um. Auf dem Heck steht „Volldepp“. Der Verletzte blickt zum Fahrer und sagt mit gebrochener Nase und der Stimme Darth Vaders: „Ich bin sein Vater.“
Einer der Zuschauer am Tisch war schon in der Pause überzeugt: Es hat sich gelohnt, herzukommen. Dem Lachen nach ging es auch dem Rest des ausverkauften Saals so. Zinner überzeugt mit seiner lockeren, unkomplizierten Art, gepaart mit unschuldig derbem Humor und der durchaus hochwertigen Musik. Nicht nur als Antwort auf die Frage, wie schwierig das Leben ist, könnte der Titel „relativ simpel“ dienen. Auch das Programm als solches lässt sich so beschreiben. Wer den Zehntstadel an diesem Abend verlässt, geht ohne gesellschaftskritische oder politische Merksätze nach Hause – aber dafür mit guter Laune und bestens unterhalten.
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