
Wird es Privilegien für Corona-Geimpfte im Landkreis Günzburg geben?

Plus Seit das Vakzin gegen Covid-19 auf dem Markt ist, kommt die Frage auf, ob es Vorteile für die geben wird, die das Angebot wahrnehmen. Wie aktuell ist sie im Landkreis Günzburg?

Vor wenigen Tagen sind die ersten Menschen im Landkreis Günzburg gegen das Coronavirus geimpft worden, bis Ende Januar soll voraussichtlich ein kleiner Teil der Risikogruppe geschützt sein. Das heißt: Bis jeder, der sich impfen lassen will, auch die Möglichkeit dazu bekommt, werden noch viele Monate vergehen. Trotzdem treibt viele eine Frage um: Bekommen Geimpfte bald Privilegien? Denn obwohl Politiker in Berlin regelmäßig versichern, dass es keine Impfpflicht geben werde, befürchten viele einen Nachteil, wenn sie die Impfung verweigern. Wie sehen die Betriebe im Landkreis die Sache?
Celia Feuchtmayr vom Brauereigasthof Autenried sagt dazu: „Ich finde, diese Diskussion ist Käse und wird unnötig aufgebauscht. Jetzt wurde doch gerade erst mit den Impfungen begonnen.“ Viel wichtiger sei ihr, wie lange der Lockdown noch weitergehe. Wenn sie im März wieder öffnen dürfe, sei sie schon zufrieden. „Und wenn wir wieder bewirten dürfen, sind wir um jeden Gast froh.“
Die Erfahrungen im Sommer hätten ja ohnehin gezeigt, dass die Vorsichtsmaßnahmen Früchte trugen. Jetzt schon eine Diskussion über mögliche Privilegien zu beginnen, sei Nonsens. „Es ist traurig, wie unsolidarisch die Menschheit ist, das sieht man ja gerade auch in Ski- und Wandergebieten. Wir bleiben ja auch zuhause und machen nur unseren Sonntagsverkauf, wir würden uns das auch anders wünschen.“
Wirte im Kreis Günzburg befassen sich eher mit der Frage der Wiedereröffnung
Auch Ingrid Osterlehner, Kreisvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes und Inhaberin des Gasthofs „Sonne“ in Röfingen hat sich mit dem Thema noch nicht befasst. „Viele Gaststätten haben zwischen den Jahren sowieso geschlossen, ich selbst ja auch. Da befasst man sich eher damit, wann man wieder öffnen darf, als mit möglichen Impfprivilegien.“ Grundsätzlich sei sie allerdings nicht dafür, einen Unterschied zwischen geimpft und nicht geimpft zu machen. Man könne ja auch einem Grippekranken nicht den Zutritt verweigern, man müsse sich eben entsprechend selbst schützen.
Feuchtmayer ergänzt: „Das größte Problem ist doch, dass viele Gastronomen sich im Sommer gar keine Gedanken mehr darüber machen müssen, ob sie Geimpften Privilegien einräumen, weil sie bis dahin ihren Betrieb schließen müssen.“
Schulen müssen Anweisungen der Politik und des Ministeriums abwarten
Auch an den Schulen hofft man im Moment vorrangig darauf, bald wieder mit dem Präsenzunterricht zu beginnen. Christian Pfeifer, Schulleiter der Hans-Maier-Realschule in Ichenhausen, erklärt, dass sich die Frage nach Privilegien noch gar nicht stelle. „Schlussendlich müssen wir sowieso abwarten, was die Politik und das Kultusministerium vorgeben.“ Noch wisse man ja nicht einmal, wie es nach dem derzeit geplanten Ende des Shutdowns am 10. Januar weitergehe.
Doch wenn die Realschule in Ichenhausen selbst darüber verfügen dürfte, ob geimpften Schülern und Lehrern Vorzüge eingeräumt würden, sehe er keine Notwendigkeit dafür, so Pfeifer. „Wir haben genügend Sicherheitsvorkehrungen an der Schule.“ Natürlich stelle sich diese Frage in der Realität nicht –man sei in dieser Sache abhängig von der Regierung.
So müsse die Schule ja auch Nachweise für einen Masernimpfschutz der Schüler einfordern. „Ob es so etwas auch irgendwann für die Impfung gegen Corona geben wird, kann ich nicht sagen. Wichtig ist für uns jetzt erst einmal, wieder Präsenzunterricht halten zu dürfen.“
Kino-Betreiber hat andere Sorgen
Ähnlich sieht es Georg Albrecht von den Donau-Lichtspielen in Offingen. „Wir haben uns noch keine Gedanken über Impfprivilegien gemacht, aber ich fände es gerade in unserem Bereich schwierig.“ Denn Kinos oder Theater sollten Orte der Freude und Entspannung sein. Und das kann sich Albrecht nur schwer vorstellen, wenn er sich an der Kinokasse dem Impfpass vorlegen ließe. Auch rechtlich ist es aus seiner Sicht kaum denkbar, eine solche Regelung durchzusetzen. „Aber wir harren jetzt erst einmal aus und warten ab, wann und unter welchen Bedingungen wir wieder spielen dürfen.“
Dass es Gesetze geben wird, die Geimpften Vorteile einräumen, kann sich Georg Nüßlein, Bundestagsabgeordneter aus Münsterhausen und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag, nur schwer vorstellen. „Ich sehe keinen Anlass dafür, in diesem Rahmen gesetzgeberisch tätig zu werden.“ Wenn genügend Impfstoff für eine flächendeckende Versorgung zur Verfügung stünde, halte er es nicht für falsch, wenn Unternehmen von ihrem Hausrecht Gebrauch machten, nur Geimpfte oder negativ Getestete hereinzulassen. „Es liegt doch in der Natur der Sache, dass sich die Menschen schützen wollen. Ich kann nicht erkennen, dass jemand in so einem Fall Privilegien hätte – außer man sieht es als Privileg an, keinen Corona-Test machen zu müssen.“
Der Landrat will nicht von Privilegien sprechen
Denn letztlich sei die Vorlage eines Impfnachweises einem negativen Testergebnis gleichzusetzen. Dass das Thema gar keine Rolle spielen werde, sei, solange es keine Herdenimmunität gebe, aber unrealistisch.
Auch Günzburgs Landrat Hans Reichhart (CSU) will lieber nicht von Privilegien sprechen. „Die Frage ist doch viel eher: Welche Lasten muss ich noch tragen, wenn ich gegen Corona geimpft bin?“ Sicherlich müsse man sich irgendwann darüber unterhalten, ob man noch einen Schnelltest verlangen müsse, wenn jemand beispielsweise ein Seniorenheim betreten wolle. Doch aktuell sei man davon noch weit weg. „Bis überhaupt alle Risikopatienten, die eine Impfung wollen, auch eine bekommen, und bis dann die Immunität eintritt, dauert es noch lange.“ Und welche Lasten Geimpfte dann noch tragen müssten, werde man sehen. Zunächst müsse der Impfstoff ja überhaupt für alle zur Verfügung stehen – und das ist aktuell noch nicht in Sicht.
Lesen Sie dazu den Pro-Kommentar von Till Hofmann:
Und den Contra-Kommentar von Alexander Sing:
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