Bestürzung und Empörung über israelische Militäraktion
Berlin/Kairo/Damaskus (dpa) - Die Bundesregierung hat sich "bestürzt" über die israelische Aktion gegen die internationale Gaza-"Solidaritätsflotte" geäußert. In der arabischen Welt wird der Militäreinsatz als Beweis für den mangelnden Friedenswillen Israels gewertet.
Außenminister Westerwelle (FDP) verlangte in einem Telefonat mit seinem israelischen Kollegen Avigdor Lieberman eine "umfassende Untersuchung" des Vorfalls, wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm mitteilte. Das Schicksal von fünf Bundesbürgern, die mit der "Solidaritätsflotte" unterwegs waren, müsse schnellstmöglich geklärt werden.
Israelische Soldaten hatten am Morgen gewaltsam mehrere Schiffe aufgebracht, mit denen pro-palästinensische Aktivisten Hilfsgüter in den von Israel blockierten Gazastreifen bringen wollten. Dabei wurden mindestens zehn Menschen getötet. Wilhelm sagte: "Die Bundesregierung bedauert zutiefst den Verlust von Menschenleben." Über das Schicksal der Bundesbürger hatte das Auswärtige Amt keine genauen Angaben. Darunter sind auch zwei Bundestagsabgeordnete der Linkspartei.
Zugleich forderte der Regierungssprecher Israel auf, die Blockade des Gazastreifens zu beenden. Im Gegenzug müsse die radikal-islamische Palästinenser-Organisation Hamas das Existenzrecht Israels anerkennen und dem "Terror abschwören". An beide Seiten appellierte der Regierungssprecher, alles zu vermeiden, was die Lage verschärfen könne.
In der arabischen Welt ist der Militäreinsatz gegen die "Solidaritätsflotte für Gaza" als Beweis für den mangelnden Friedenswillen Israels gewertet worden. "Wir sehen, dass es keinen Zweck hat, mit Israel über Frieden zu verhandeln", sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, während einer Konferenz in dem Golfemirat Katar. Der jüdische Staat ignoriere das internationale Recht, "er denkt, dass er über dem Gesetz steht". Mussa berief für Dienstag eine Dringlichkeitssitzung der Liga in Kairo ein. Bei dem Treffen wollen die arabischen Staaten besprechen, wie sie auf die israelische Militäroperation reagieren sollen.
Um die Einberufung des Treffens hatten Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und das syrische Außenministerium gebeten. Die syrische Regierung verurteilte die Militäraktion gegen die Schiffe der "Solidaritätsflotte", die Hilfsgüter für die Palästinenser im Gazastreifen geladen hatte. Der Emir von Katar, Scheich Hamad bin Chalifa al-Thani, sprach von einer israelischen "Piratenaktion". Der libanesische Ministerpräsident Saad Hariri sagte: "Dieser Schritt war gefährlich und verrückt."
In der libanesischen Hauptstadt Beirut und in der jordanischen Hauptstadt Amman gingen derweil Hunderte von Demonstranten auf die Straße. In Amman forderten sie unter anderem den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel. Der Flotte hatten sich auch 24 Jordanier und mehrere Libanesen angeschlossen. Unter den Aktivisten war auch ein Libanese, der während des Krieges zwischen Israel und der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah 2006 seine Familie verloren hatte.
Die ägyptische Muslimbruderschaft erklärte: "Wir fordern die arabischen und islamischen Regierungen auf - und ganz besonders Ägypten - jetzt schnell zu handeln." Der Grenzübergang Rafah, der die ägyptische Sinai-Halbinsel mit dem palästinensischen Gazastreifen verbindet, müsse sofort wieder geöffnet werden, "denn seine Schließung war einer der Hauptgründe für das, was jetzt passiert ist". Sowohl Israel als auch Ägypten hatten nach der Machtübernahme durch die radikale Hamas-Bewegung im Gazastreifen im Sommer 2007 ihre Grenzübergänge zu dem Gebiet abgeriegelt. Israel lässt seither nur noch die Lieferung bestimmter Waren in den Gazastreifen zu. Die Ägypter lassen gelegentlich, Kranke und Palästinenser passieren, die ihren Wohnsitz im Ausland haben.
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