Nur der Wille und die Leistung zählen
Sehbehinderte Eglingerin startet am Augsburger Klinikum
Egling Manuela Heeg aus Egling hat in Mathe eine Drei im Schulabschlusszeugnis – obwohl eine Lehrerin ihr prophezeit hatte, dass es eine Sechs werden würde. Und Manuela fängt heute ihre Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation am Klinikum Augsburg an – obwohl es viele andere Bewerber gab. Gegen die hat sie sich allerdings mit links durchgesetzt. Auf all das ist nicht nur die 16-jährige Eglingerin selbst stolz, sondern auch ihre Eltern: „Wir bewundern unsere Tochter sehr.“ Denn Manuela Heeg hat von Geburt an eine starke Sehbehinderung, die Regenbogenhäute (Iris) ihrer Augen fehlen, in der Ferne hat sie nur zehn Prozent Sehschärfe. Und trotzdem ließ sie sich nie entmutigen, für ihre Ziele zu kämpfen.
Heute ist Manuelas großer Tag, dem sie „voller Vorfreude“ entgegenfieberte, wie sie sagt. Zum ersten Mal pendelt sie eine Stunde lang von Egling nach Augsburg – was sie fortan an jedem Arbeitstag tun wird – und tritt ihre Ausbildungsstelle an. Eine ganz bewusste Entscheidung, obwohl es nicht der nächste Weg ist: „Ich habe im Internet recherchiert und mich hat das Klinikum Augsburg sehr angesprochen“, berichtet die 16-Jährige, die sich nach dem Mittlere-Reife-Abschluss dort beworben hatte.
Verstanden, worauf es ankommt
Trotz ihrer Sehbehinderung – Manuela hat auch in der Nähe Schwierigkeiten und muss sich stark konzentrieren, um zu sehen – sei ihre Auffassungsgabe umso ausgeprägter, sagt Petra Zarbock, Leiterin des Personalmanagements am Klinikum. „Manuela hat schnell verstanden, worauf es ankommt.“ Das Team sei im Vorstellungsgespräch und bei Probearbeitstag so begeistert von ihr gewesen, dass sogar eine zusätzliche Ausbildungsstelle für die angehende Kauffrau für Bürokommunikation eingerichtet wurde. Ein Ausbildungsbereich, den das Augsburger Klinikum erst seit 2010 mit aufgenommen hat. Manuela ist die dritte Auszubildende in diesem Zweig, insgesamt erlernen rund 600 junge Leute dort verschiedene Gesundheitsberufe. Das Klinikum hat insgesamt rund 5300 Mitarbeiter, davon mehrere Hundert Mitarbeiter mit einer Behinderung (250 mit einer Schwerbehinderung), wie Petra Zarbock mitteilt. „Es gehört zu unserer Sozialkompetenz, für die Anliegen unserer Kollegen mit einer Behinderung offen zu in.“ In den vergangenen Jahren sei in Sachen Integration sehr viel bewegt worden.
Die 16-Jährige aus Egling – die als Baby wegen ihrer außergewöhnlichen Augenkrankheit am Augsburger Klinikum ein „Vorzeigeobjekt in der Kinderklinik“ gewesen sei – habe von Anfang stark gewirkt, weil ihre Eltern ihr den Rücken stärken. Sie wirke zielorientiert, weil sie klare Vorstellungen hat. „Und sie weiß, dass sie sich nicht aufhalten lässt“, so Petra Zarbock. Trotz ihrer Sehbehinderung hat Manuela nun eine aussichtsreiche Zukunft vor Augen, worauf sich die junge Eglingerin sehr freut. Enttäuschungen und Entmutigungen aus der Schulzeit – auch gewisse Mathelehrerinnen – seien vergessen. Familie und Freunde hätten ihr dabei geholfen, wie Manuela erzählt. In den vergangenen Jahren habe sie immer wieder betont:„Ich kann das aber selber“, wenn es um Hilfsmittel ging, die ihr wegen ihrer Sehbehinderung vorgeschrieben werden sollten. Manuela Heeg will sich durchsetzen, ohne zusätzliche Hilfen. Jetzt freut sie sich auf die neue Herausforderung, auf eine „interessante und abwechslungsreiche, aber vor allem gute Ausbildung“. Dabei wünscht sie sich vor allem Normalität: „Ich möchte akzeptiert werden und wünsche mir, dass meine Einschränkungen anerkannt werden. Mehr nicht.“ Eine besondere Behandlung oder eine „Rund-um-Beaufsichtgung“ will die Jugendliche keinesfalls. Nur ihre Leistung soll zählen.
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