In Landsberg fahren Mann gegen Mann mit Vespa und Lambretta
Das Tacho Karacho Vespa Rennen beim SIP Scootershop lockt viele Fans von weit her an. Wer stilvoll anreist, tut dies mit dem eigenen Roller. Für Männer entsteht dabei eine unvergleichliche Wohlfühlatmosphäre.
Vermischen sich Zweitakterabgase mit würzigem Grillgeruch, sättigt das Geknatter getunter Vespa-Motoren die Luft, durchsetzt mit rockiger Musik, dann entsteht, insbesondere für Männer, eine unvergleichliche Wohlfühlatmosphäre. Eine einzigartige Möglichkeit, darin zu baden, bot am Samstag das Tacho Karacho Vespa Rennen, veranstaltet vom SIP Scootershop im Landsberger Westen. Angetreten waren 40 Fahrer aus ganz Deutschland und auch Italien, ausschließlich Männer, um in sechs verschiedenen Klassen auf der 150 Meter langen Rennstrecke die schnellste Zeit zu erringen.
An der Primavera gibt es immer viel zu schrauben
Jesco Schmidt von SIP hat das Rennen, das Teil der Deutschen Blechmeisterschaft (DBM) ist, nach Landsberg geholt und fuhr heuer den extra für das Rennen gebaute, 70 PS starken Roller in der offenen Klasse. Mit seiner schwarzsilber glitzernden Lackierung, dem rot-goldenen Emblem „25“, das auf das 25-jährige Bestehen von SIP hinweist, und seiner Motortechnik lockte das Fahrzeug auf Vespa-Basis beständig eine Traube von Bewunderern an. „Das Rennen hat sich aus der Blechrollerszene der 1990er-Jahre entwickelt. Damals fuhr man Straßenrennen, heute gibt es eine Rennserie mit Klassen und Regelwerk“, erklärt Christoph Pflügler, zuständig für die Rennorganisation und technische Fahrzeugabnahme.
Das älteste Fahrzeug im Rennen stammt aus den 1950er-Jahren. Etwa gleich alt dürfte auch Besucher Karl Holzer aus Herrsching sein. Holzer fährt eine Vespa Primavera, Baujahr 1967. „Da gibt es immer viel zu schrauben“, lacht er. Besonders beeindruckt ist er von den Umbauten der Rennfahrzeuge und der Leidenschaft der Fahrer, die viel Geld in ihr Hobby investieren.
Christoph und seine "Leimbretta"
Zwei Vespa-Freunde, Robert Tamms und Peter Buchner, sind aus Peißenberg angereist und verfolgen bereits zum zweiten Mal die DBM. Tamms hat seine beiden Vespas (Baujahr 1993 und 1984) selbst restauriert und alle Ersatzteile bei SIP gekauft. Gefragt nach seinem Favoriten verneint Tamms und lacht: „Wir sind nur hier zum Horchen!“ Augenzwinkernd fügt er noch hinzu, das sei halt eine Männerveranstaltung und Frauen könnten das wahrscheinlich nicht verstehen. „Wir erfreuen uns an der akustischen Umweltverschmutzung“, fügt er hinzu. Auf der gut besetzten Zuschauertribüne, die heuer erstmals aufgebaut wurde, haben sich sechs Mitglieder des Vespa-Clubs „Vespanest“ aus Tirol niedergelassen, darunter der 33-jährige Christoph Leimgruber. „Mit 15 Jahren habe ich mit Vespa angefangen, aus der Not heraus, denn Vespas waren billig“, erzählt er. Nur 50.000 Lire habe er damals für seinen ersten fahrbaren Untersatz bezahlt. Inzwischen sei er der Vespa untreu geworden und zu Lambretta gewechselt. Aus „Leimgruber“ wurde demnach „Leimbretta“, der Name prangt stylish designt auf dem T-Shirt seiner Frau. „Damit kann ich die Vespa-Fahrer ärgern, denn ich bin schneller“, erzählt er augenzwinkernd.
Nicht nur die Roller ziehen die Blicke auf sich
Die Sektflaschen stehen für die Sieger bereit, das Siegertreppchen ist gerichtet, eine Rennschönheit in Hot Pants und schwarzen Stiefeletten zeigt die Startnummern, die Moderatoren Harald Birk, ein ehemaliger Eishockeyspieler, und André Scholz aus Aachen vom Vorstandskomitee der DBM, reden sich in Fahrt, laute Rockmusik heizt ein und die ersten Fahrer gehen an den Start. Schnell drängen sich die Zuschauer am Zaun, die Motoren drehen hoch, es scheppert und dröhnt und mancher hält sich die Ohren zu oder greift nun doch zu den Ohrstöpseln, die SIP überall in Säckchen platziert hat. Nach einigen Fehlstarts rast der erste Sieger ungebremst durchs Ziel, 134 Stundenkilometer schnell, 150 Meter in 6,69 Sekunden. Wer den Start nicht optimal erwischt, hat keine Chance mehr zum Aufholen.
Die umgebauten Fahrzeuge sind eine Schau, Alutrinkflaschen als Tank, winzige Räder, überhaupt erscheinen die meisten Fahrer viel zu groß für die Fahrzeuge und steuern diese sogar in kniender Position. Während auf der Rennstrecke Mann gegen Mann antritt, bildet sich hinter der Tribüne eine Traube um eine schwarz-rote Motorino Diavolo mit zwei Motoren. Viele filmen, nehmen den Sound auf, als Erinnerung an einen unvergesslichen Tag für alle Blechrollerfans.
Zwischendurch gibt es auch eine Schrecksekunde
Ohne Schrecksekunde ging das Rennen indes nicht aus: Ein jüngerer Fahrer stürzte, doch der Unfall ging glimpflich aus. Die Sanitäter mussten Prellungen und Schürfwunden behandeln, sagte Scootershop-Geschäftsführer Ralf Jodl. Abends konnte der verunglückte Fahrer schon wieder bei der Party mitfeiern.
Noch mehr Bilder vom Renntag beim SIP Scootershop gibt es in der Bildergalerie von Thorsten Jordan:
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